piwik no script img

Autogipfel sorgt im Südwesten für Koalitionskrach

Die CDU Baden-Württemberg will kein Datum für das Verbrenner-Aus, die Grünen sind flexibel

Von Benno Stieber, Stuttgart

Verschiebung oder gar kein Verbot? Vor dem Hintergrund des bundesweiten „Autogipfels“ im Kanzleramt inszeniert Winfried Kretschmanns Koalitionspartner in Baden-Württemberg einen Streit in der Regierung über das Verbrenner-Aus ab 2035. CDU-Spitzenkandidat Manuel Hagel will Kretschmanns Grüne zur kompletten Rücknahme drängen. Dem SWR sagte Hagel: „Das Verbrenner-Aus der EU muss weg. Es schadet der Innovation, schwächt unsere Industrie, gefährdet Tausende Arbeitsplätze und verlagert Wertschöpfung in weit entfernte Regionen.“

Nun ist Ministerpräsident Winfried Kretschmann, wie man spätestens seit dem berühmten Wutausbruch auf dem Bundesparteitag 2017 weiß, selbst nie ein Freund von festen Daten für das Ende des Verbrenners gewesen. „Das sind doch Schwachsinnstermine“, wetterte er damals in dem heimlich aufgenommenen Video. Entsprechend gelassen reagiert Kretschmann jetzt auf die Forderung des Koalitionspartners: „Ob das Verbrenner-Aus 2035 verschoben wird, ist für den globalen Klimaschutz nicht entscheidend. Die Automobilindustrie soll die Flexibilität bekommen, die sie benötigt“, sagte der Ministerpräsident. Er warnte aber eindringlich vor einem „Kulturkampf“ um das Elektroauto. Die Verunsicherung der Verbraucher führe zu einer Kaufzurückhaltung, die „Arbeitsplätze gefährdet und die wirtschaftliche Dynamik hemmt“.

Der Kulturkampf-Vorwurf kam postwendend zurück. Die Grünen hätten genau den jahrelang gegen das Auto geführt, erwiderte der Landes-Generalsekretär der CDU, Tobias Vogt. Die CDU fordert vom Koalitionspartner, dass er sich hinter die Bundesratsinitiative seiner Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) stellt, die das EU-Verbrenner-Aus streichen will. Aber dazu sind die Südwestgrünen wohl nicht bereit.

Der grün-schwarze Streit ist auch ein erstes Wahlkampf-Scharmützel. Cem Özdemir, der im März 2026 Kretschmanns Nachfolger werden will, versucht es mit einem Blick nach vorne: „Es braucht ein Bündnis aus Industrie und Politik, das Planungs- und Investitionssicherheit bietet“, sagte der frühere Bundeslandwirtschaftsminister. Sowohl die Ampel als auch die Regierung von Friedrich Merz hätten da Fehler gemacht, so Özdemir. Etwa mit dem abrupten Ende der E-Auto-Förderung und dem gebrochenen Versprechen, die Stromsteuer auch für Bürger abzuschaffen. Die Zukunft des deutschen Autos dürfe „nicht unter Finanzierungsvorbehalt“ stehen, sagte Özdemir.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen