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Autofahrer*innen unterschätzen KostenRechenschwach am Steuer

Falsche Annahmen hemmen die Verkehrswende, so eine neue Studie. Denn Gesamtkosten des eigenen Autos unterschätzen Deutsche stark.

Fahren eines PKW: Nicht so günstig wie gedacht Foto: Sabine Gudath/imago

Tübingen taz | Autobesitzer*innen unterschätzen die Gesamtkosten ihres eigenen Pkw massiv. Dies ist das Ergebnis einer neuen Studie von Wissenschaftler*innen des RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung, der Universität Mannheim und der Yale University. Dies lasse Alternativen wie den öffentlichen Personennahverkehr, nicht-fossil betriebene Fahrzeuge und Radfahren weniger attraktiv erscheinen, schlussfolgern die Autoren. Die von der Stiftung Mercator geförderte Forschung erscheint am Donnerstag im Fachjournal „Nature“. Der Schlüssel für eine schnellere nachhaltige Verkehrswende heiße demanch: Mehr Informationen für Autobesitzer*innen.

Für die Studie schätzten im Frühjahr 2018 knapp 5500 Autobesitzer*innen ihre monatlichen Kosten der Pkw-Nutzung. Die Teilnehmer*innen bewerteten die Gesamtkosten ihres Autos dabei um durchschnittlich 221 Euro pro Monat zu niedrig. Sprich, sie beachteten 52 Prozent der eigentlichen Kosten nicht. Autohalter*innen unterschätzen demnach den Wertverlust ihres PKWs und die Höhe der Fixkosten wie Steuern, Versicherungen oder Reparaturkosten.

Hätten Autofahrer einen besseren Durchblick über ihre wahren Kosten, könne dies dazu führen, dass der Autobesitz um 37 Prozent sinke, so die Wissenschaftler. Dann führen immerhin 17,6 Millionen Autos weniger auf deutschen Straßen. Eine höhere Transparenz könne auch die Nachfrage nach E-Autos um bis zu 73 Prozent erhöhen.

„Viele Verbraucher würden eher auf Elektroautos oder den ÖPNV setzen, wenn sie die wahren Kosten eines konventionellen Pkw stärker berücksichtigen würden“, sagt Mark Andor, RWI-Umweltökonom und Studienautor. „Verbraucherschutz-Organisationen könnten gemeinsam mit staatlichen Institutionen dabei helfen, die Autobesitzer besser zu informieren. Damit ließe sich auch ohne große zusätzliche Kosten für den Staat oder die Bürger ein signifikanter Schritt in Richtung einer nachhaltigen Verkehrswende machen.“

Die Autor*innen der Studie sehen weiter großen Forschungsbedarf: „Wir müssen das Verkehrssystem konsequenter als bisher an Klimaschutz und Luftreinhaltung ausrichten“, sagt Lars Grotewold, Bereichsleiter Klimawandel der Stiftung Mercator. „Welche Faktoren beeinflussen Mobilitätsentscheidungen und welche Anreize bewirken einen Umstieg auf klimafreundliche Verkehrsmittel? Darauf müssen wir Antworten finden, damit die Verkehrswende gelingt.“

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18 Kommentare

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  • Autofahrer*innen müssten sich auch zusätzlich zu den Betriebskosten mindestens Mindestlohn für die Fahrzeit zahlen, denn sie können da ja nix anderes machen. Vergeudete Zeit, auf dem Weg zur Arbeit, um da das Geld für das Auto zu verdienen.



    Rumgurken ist aber auch eine gesellschaftlich wichtige Beschäftigungstherapie, und das Auto Statussymbol. Guck, meine Gurke ist größer.

  • Also durchschnittlich 221€/Monat zu niedrig, 2652€ im Jahr. Falls das stimmt, müsste es ja zu einem Aufschrei und Konsequenzen führen. Wird es aber nicht, warum wohl? Für die Einen ist es schlicht alternativlos (ÖPNV Verfügbarkeit, etc.), den Anderen ist es egal. Und ich kaufe ein Auto auch nicht nur mit dem Kopf, sondern mit dem "Bauch", wie sonst ließe sich die Vielzahl an Marken und Modellen erklären. Und dann zahle ich, was es mir eben wert ist. Wem das nicht gefällt, kann Bus fahren.

  • 6G
    65572 (Profil gelöscht)

    Ehrlich gesagt, verstehe ich nicht worin eklatante Unterschiede zwischen Elektro- und Öl-Autos bestehen sollten. Mag sein, daß die Reparatur- und Anschaffungskosten etwas günstiger sind und eventuell auch Strom etwas günstiger als Brennstoff ist.



    Aber deshalb ein Verbrennungsfahrzeug zu verschrotten und ein E-Fahrzeug kaufen rechnet sich meiner Meinung nach nicht.



    Außer natürlich, man rechnet die Subventionen für E-Fahrzeuge wie Kaufprämien, günstigen Stromtarif und Steuerfreiheit mit ein.

    • @65572 (Profil gelöscht):

      Die Anschaffungskosten sind (noch) in keinster Weise günstiger. E-Golf mit den müden Leistungen eines Spargolfs (auf Spritbasis) um die 35.000 Euro. Wo bitte ist da die Attraktivität??

  • Vor 30 Jahren habe ich einen Kurs an der VHS Bielefeld belegt mit dem Titel "Ohne Auto leben" U. A. wurde eine Berechnungssoftware des Umwelt- und Prognoseinstitut Heidelberg (UPI) gezeigt und Ihre Aussagen bereits damals gemacht.



    Wenn das Verhalten von Bevölkerung und Politikern so weiter geht, wird die Menschheit bald ökologisch aus der Kurve fliegen, auch dank Autos.

  • Liebe Redaktion, bitte geben sie doch beim nächsten mal den Link zu der Studie an. Für Mitlesende: Hier der erwähnte Nature-Artikel: www.nature.com/art...d41586-020-01118-w



    Da finden sich auch Grafiken der Verteilungen der Kosteneinschätzungen bei denen man sieht, dass vor allem der Wertverlust zum Teil massiv unterschätzt wird.



    Für die genauen Berechnungen und gemachten Annahme kann ich auch die Supplementary Information empfehlen: www.nature.com/mag...0-01118-w/17904042

  • wenn keine-u-bahn station um die ecke ist.der bus bloss alle 2-3h stunden kommt an manchen tagen gar nicht sind die preise das geringste problem anstatt über niedrige preise zu reden sollte es das ziel sein gleichwertige zustände im ganzen land zu haben.aber typisches bubble denken......

  • Extrem dürftiger Artikel. Behauptungen ohne Belege. E-Auto attraktiver? Wie hoch liegen denn da die monatlichen Kosten, vor allem wenn man die Preise der Modelle mit einbezieht, und den Wertverlust, der gerade jetzt in der Startphase dieser Technik extrem sein dürfte, Versicherung, Steuern - keinerlei Aussage. Und wer täglich 40 km zur Arbeit muss öffnet nach der Lektüre des Artikels plötzlich die Augen und fährt stattdessen mit dem Rad? Mannomann, liest sowas denn keiner gegen bevors rausgeht??

  • Autofahrer wissen auch nicht, dass ihr Auto nur max. halb so schnell ist, wie auf dem Tacho steht. Sie vergessen, die Arbeitszeit für die Betriebskosten des Autos auf die Fahrzeit aufzuschlagen, z.B. 1h arbeiten für 1h fahren = halbe Gschwindigkeit. Wenn das Auto steht (0 km/h), aber trotzdem Geld kostet, wird die Geschwindigkeit negativ, und man kann damit in die Vergangenheit reisen!

  • 7G
    7964 (Profil gelöscht)

    Und noch eine andere Zahl, die deutlich zeigt, dass Autofahrer nicht rechnen können: Der Wirkungsgrad.



    Der Wikungsgrad eines Autos liegt um die 20% - meistens darunter. Das heißt, wenn ich für 100€ tanke und dieses gekaufte Benzin in meinem Auto verbrenne, dann fährt die Kiste für etwa 20 € und macht für 80 € warm. Eine Heizung auf Rädern.

    Warum kaufen die Leute solche Geräte???

  • 7G
    7964 (Profil gelöscht)

    Ganz meine Meinung - Autofahrer können nicht rechnen:



    Allein die Anschaffung eines PKW - wer rechnet die auf den gefahrenen Kilometer um? Oder stellen wir uns vor, wir kaufen ein Auti-auto für - sagen wir - 12.000 €, das zehn Jahre hält. Das sind 1200 € im Jahr oder 100 € im Monat. Dafür kann ich hier eine Monatskarte kaufen und fahr noch ein bis zwei Mal Taxi. Aber "meins" braucht noch Steuern und Versicherung und Wartung und Reparaturen und Parkplätze - achso und natürlich Benzin...

  • 8G
    83492 (Profil gelöscht)

    "„Viele Verbraucher würden eher auf Elektroautos oder den ÖPNV setzen, wenn sie die wahren Kosten eines konventionellen Pkw stärker berücksichtigen würden“, "

    Wie wird diese Aussage belegt? Wer würde wegen 200,-EUR im Monat sich die deutlich längere und auch unflexiblerer Fahrt mit dem ÖPNV antun?

    Und Elektrofahrzeuge muss man sich erstmal in der Anschaffung leisten können.

    • @83492 (Profil gelöscht):

      Der Artikel sagt, sie *unterschätzen* die Kosten um 220 Euro. Das heißt, die Realkosten sind über 400 Euro im Monat.

      4.800 Euro Auto-Jahreskosten gegenüber 1000 Euro für eine Jahreskarte — 3.800 Euro mehr im Jahr klingt sehr attraktiv.

  • Rund 50% der PKW sind Geschäftswagen. Warum wird das meistens krampfhaft ausgeklammert? Es braucht also Strategien für die Privatkunden und für die Geschäftskunden. Und interessante Fahrzeuge - also keine Zwei-Tonner mit Stromantrieb. Und wie viel ist beim Auto ein Männerding (privat wie geschäftlich): wer den schnellsten, dicksten, längsten, schwersten hat, ist der King?

    • @Lieblich:

      "Rund 50% der PKW sind Geschäftswagen."



      Da wird es ja noch teurer. Bie den o.a. musst du den Stundensatz der "Lenkers" ja auch noch zu dem Betriebskosten hinzurechnen.



      Gr Sikasuu

  • ???



    "....staatlichen Institutionen dabei helfen, die Autobesitzer besser zu informieren..."

    Was für ein Schwachsinn. Die Autobesitzer, ausser denen mit Geschäftswagen, haben alle die Rechnungen zuhause. Wenn sie da die Zahlen nicht richtig lernen, wird auch kein VHS Kurs oder online Bildungsprogramm helfen.

  • Autos werden sich nunmal gerne als Luxus angeschafft, der nicht so genannt wird. Die weite Verbreitung dieses Produkts macht schnell blind für die Kosten.

    Aber was haben Elektroautos mit der Verkehrswende gemein? Sie teilen die beiden Hauptprobleme, der fossil betriebenen Fahrzeuge: Hoher Platzbedarf für den fließenden, wie auch den ruhenden Verkehr und ein hohes Sicherheitsrisiko für Verkehrsteilnehmende ohne KFZ. Das mag vielleicht dem Klima helfen, für den Verkehr ändert sich damit doch gar nichts.

  • K