Autobahnen vor einer Teilprivatisierung: Asphalt für die Riesterrente
Die Verwaltung der Autobahnen könnte bald an den Bund fallen – sehr zur Freude der Versicherungshäuser. Bürgerinitiativen schlagen Alarm.
Carl Waßmuth von der Initiative „Gemeingut in Bürgerhand“, der jetzt eine Studie zu dem ganzen Themenkomplex veröffentlicht hat, bezeichnet das Vorhaben denn auch als „trojanisches Pferd“. Schließlich hatte sich der Bundesrat explizit dagegen ausgesprochen, die Verantwortung für den Bundesstraßenbau nach Berlin abzugeben. Mehrere Länder lehnen es auch ab, systematisch privates Kapital für die Straßenfinanzierung einzusetzen.
Bereits im Dezember versuchte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), die Neuordnung des Länderfinanzausgleichs mit der Einrichtung einer Gesellschaft für die Bundesfernstraßen zu koppeln – doch da ließen ihn die Ministerpräsidenten der Länder noch auflaufen. „Nach Veröffentlichung des BodewigII-Berichts könnte sich die Diskussion aber bald nur noch um das ‚Wie‘ drehen und nicht mehr um das ‚Ob‘“, füchtet Waßmuth.
Teure Rechnung
Dass sogenannte Öffentlich-Private-Partnerschaften (ÖPP) für Steuerzahler und Nutzer deutlich teurer werden als eine staatliche Finanzierung, haben sowohl der Bundesrechnungshof als auch mehrere Landesrechnungshöfe wiederholt klargestellt. Zum einen liegt das daran, dass die Privaten mit ihrem Investment eine Rendite erwirtschaften wollen. Zum zweiten bekommt der Staat Kredite viel billiger als die Privatwirtschaft, weil es für Banken bei einem Land wie Deutschland kein Ausfallrisiko gibt.
Doch die Schuldenbremse verhindert, dass sich der Staat für den Bau und die Restaurierung der Infrastruktur Geld leihen kann. Stattdessen sollen die Verbindlichkeiten nun in einem Schattenhaushalt versteckt werden. Es geht um riesige Summen: Experten rechnen mit einem Kapitalbedarf von 150 bis 250 Milliarden Euro in den kommenden 30 Jahren – um Schlaglöcher zu flicken, Brücken zu stabilisieren und neue Autobahnkilometer in die Landschaft zu fräsen.
Der eigentliche Grund, warum die Bundesregierung künftig systematisch und umfassend Private am Bau und Betrieb der Autobahnen beteiligen will, liegt jedoch auf einem ganz anderen Feld: Die Versicherungswirtschaft hat große Probleme, einträgliche Renditen zu erwirtschaften.
Versicherungen auf wackeligen Füßen
Viele Policen zur Alterssicherung, die vor ein paar Jahren abgeschlossen wurden, garantieren der Kundschaft jährliche Zinsgewinne von 3 bis 4 Prozent. Die aber lassen sich gegenwärtig kaum verdienen: Staatsanleihen und Pfandbriefe werfen so gut wie nichts ab.
Der Internationale Währungsfonds hat bereits im vergangenen Jahr gewarnt, dass viele europäische Lebensversicherungen kein tragfähiges Geschäftsmodell mehr haben und auf wackeligen Füßen stehen. Deshalb sucht die Branche nun intensiv nach neuen, lukrativen Anlagemöglichkeiten.
Auch die Bundesregierung hat ein Interesse an einer Lösung. Auf keinen Fall will sie riskieren, dass Versicherungshäuser demnächst vor der Pleite stehen und mit Steuergeldern gerettet werden müssen; schließlich geht es auch um Millionen von Riester- und Rürupverträge.
In einer Kommission, die Bundeswirtschaftsminister Gabriel (SPD) beauftragt hatte, sich mit dem Ausbau der deutschen Infrastruktur zu beschäftigen, saßen denn auch zwei Vertreter von Versicherungen und ein Banker. Sie brüteten im vergangenen Frühjahr zusammen mit 18 anderen Experten die Idee von der Bundesfernstraßengesellschaft aus. Und die dürfte Ende Februar auf den Tisch kommen.
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