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Auswege aus dem LibanonkriegZurück zur UN-Resolution 1701!

Kommentar von Susanne Knaul

Die Hisbollah signalisiert Bereitschaft zum Waffenstillstand. Für eine Lösung von Dauer und einen Frieden müssten die Terroristen entwaffnet werden.

Raketen der Hisbollah werden in Richtung Nordisrael abgefeuert, in der Nähe der südlibanesischen Stadt Nabatieh im November Foto: dpa

S o weit her ist es mit der Solidarität, die die libanesisch-schiitische Terrororganisation Hisbollah monatelang gegenüber der Hamas im Gazastreifen signalisierte, also doch nicht. Berichten zufolge reagierte die Hisbollah zwar mit Änderungswünschen, aber auch mit „großer Offenheit“ auf einen Entwurf aus dem Weißen Haus, der Basis für eine mögliche Waffenruhe sein soll. Das sind neue Töne, hieß es doch stets, dass der Raketenbeschuss aus dem Libanon bis zum Ende des Gazakrieges andauern solle.

Für die PalästinenerInnen, die sich erneut allein auf weiter Flur sehen, mag das eine bittere Nachricht sein. Sollte es tatsächlich zu einer Waffenruhe an der israelisch-libanesischen Grenze kommen, fällt ein wichtiger Anreiz für Israel weg, die Waffen auch im Gaza­streifen ruhen zu lassen. Im Libanon allerdings fragen sich viele, was sie der Krieg der sunnitischen PalästinenserInnen überhaupt angeht.

Der Preis, den die LibanesInnen für die Raketenangriffe der Hisbollah gegen Israel bezahlen mussten, ist mit fast 3.500 Todesopfern und vielen Verletzten mehr, darunter allerdings zahlreiche Terroristen, schon sehr hoch. Der Krieg sollte besser heute als morgen ein Ende haben. Zur Debatte steht die Rückkehr zur UN-Resolution 1701 aus dem Jahr 2006. Nach Einstellung der Kampfhandlungen und dem Abzug der israelischen Truppen hält die Resolution zentral die Entwaffnung der Hisbollah fest.

Außer der libanesischen Armee dürfte es dann keine anderen bewaffneten Truppen im Libanon geben. Sollte die Resolution wirklich umgesetzt und das Rüstungsarsenal der Terroristen fortan vom libanesischen Verteidigungsministerium kontrolliert werden, könnten die beiden Nachbarstaaten, die weder Gebietsstreitigkeiten noch Besatzung oder Menschenrechtsverletzungen entzweien, endlich offiziell Frieden miteinander schließen.

Letztendlich geht es darum, den Kriegstreibern in Teheran den militärischen Boden im Libanon zu entziehen. Iran und seine Handlanger, die Hisbollah, sind Israels Feinde, nicht der Libanon oder die Regierung in Beirut.

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Redakteurin Meinung
1961 in Berlin geboren und seit 2021 Redakteurin der Meinungsredaktion. Von 1999 bis 2019 taz-Nahostkorrespondentin in Israel und Palästina.
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11 Kommentare

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  • Käptn Blaubär , Moderator*in
    Am 21.11.2024 um 07:38 schrieb Chris Ehl:

    Wie schon mal Ihnen geschrieben, sieht die UN1701 explizit keine Entwaffnung der Hizbollah (schauens damit in die UN1701) vor.

    "full implementation of the relevant provisions of the Taif Accords, and of resolutions 1559 (2004) and 1680 (2006), that require the disarmament of all armed groups in Lebanon, so that, pursuant to the Lebanese cabinet decision of 27 July 2006, there will be no weapons or authority in Lebanon other than that of the Lebanese State"







    So steht es in dem fraglichen Dokument. Kann man eigentlich nicht missverstehen.

  • Es ist doch immer wieder interessant wie stark hier UN-Resolutionen "geändert" werden: "Nach Einstellung der Kampfhandlungen und dem Abzug der israelischen Truppen hält die Resolution zentral die Entwaffnung der Hisbollah fest." Das genau ist eben NICHT Bestandteil der UN 1701. Nachzulesen hier: documents.un.org/d...3/pdf/n0646503.pdf Wer in diesem Dokument nach Hizbollah sucht, wird es nur im Zusammenhang mit den militärischen Aktivitäten welche zur UN-Resolution führten oder der Waffenruhe durch Hizbollah, aber auch Israel finden. Da die UN-Resolution wesentlich allgemeiner gehalten ist: " so that there will be no weapons without the consent of the Government of Lebanon and no authority other than that of the Government of Lebanon". Das bedeutet einerseits, keine Überflüge oder Grenzverletzungen durch Israel. Ebenso bedeutet es das die Hizbollah, wie schon geschehen, als Teilkräfte der libanesischen Armee zu integrieren ist. Das ist das was UNIFIL beobachtet und protokolliert hat. Schon seit 2007! Und trotzdem gab es mit Vertragsschluß, Grenzverletzungen der isr. Streitkräfte durch z.B. Überflüge!

    • @Chris Ehl:

      Danke für die Klarstellung.



      Im übrigen finde ich es von Frau Knaul auch etwas verfrüht davon zu sprechen, dass die Hizbollah die Palästinenser im Stich lässt. Noch gibt es keinen Waffenstillstand. Wie oft haben die Amerikaner in den letzten Monaten davon geredet, dass ein Waffenstillstand in Gaza unmittelbar bevorsteht? Vertrauen diesbezüglich in die USA zu legen kann ja nicht gerade auf Erfolge gegründet sein. Und die Forderungen von Israel: Zusage jederzeit wieder Kampfhandlungen aufnehmen zu können und in den libanesischen Luftraum eindringen zu können wird nicht nur von Hizbollah abgelehnt, sondern auch von der libanesischen Regierung.



      Ich stelle auch in Frage ob die Aussage: "Im Libanon allerdings fragen sich viele, was sie der Krieg der sunnitischen PalästinenserInnen überhaupt angeht." tatsächlich auf Umfragen beruht oder auf Wunschdenken.

      • @Momo Bar:

        Da haben Sie definitiv recht. Leider ist der Platz für soviele Zeichen hier begrenzt. Da schwebt wohl mehr Wunsch mit als alles andere.

  • Und wie bitte soll das, angesichts der übermächtigen Hisbollah umgesetzt werden?



    Das Unifil Mandat sieht das nicht vor … und nun?

  • Ich kann mich, seit ich Nachrichten bewußt wahrnehme, war im Libanon immer irgendeine Art Krieg, fast immer mit nichtstaatlichen bewaffneten Kräften. Man kann nur hoffen, dass sich dort etwas ändert, allerdings ist es nur ein kleines Fünkchen Hoffnung.

  • "Sollte es tatsächlich zu einer Waffenruhe an der israelisch-libanesischen Grenze kommen, fällt ein wichtiger Anreiz für Israel weg, die Waffen auch im Gaza­streifen ruhen zu lassen."

    Mir fallen spontan drei Anreize ein, mit der die pro-palästinensische Seite die Situation entschärfen und vielleicht auch noch einige Unterstützer auf ihre Seite ziehen könnte: Geiseln freilassen, Waffen niederlegen, Verzicht auf Raketenabschüsse nach Israel.



    Ich kann gegenwärtig nicht verstehen, was die Gaza-Hamas-Iran-u.a.-Kriegspartei zu erreichen hofft. Ein paar Straftäter die freigelassen werden, aber dass es das wert sein soll, ist für mich schwer nachvollziehbar.

    "Zur Debatte steht die Rückkehr zur UN-Resolution 1701 aus dem Jahr 2006. Nach Einstellung der Kampfhandlungen und dem Abzug der israelischen Truppen hält die Resolution zentral die Entwaffnung der Hisbollah fest."

    Das würde mich für die Libanesen freuen. Meiner Meinung nach sollten sie und Israel allerdings Garantien bekommen, dass die Hisbollah dieses Mal wirklich entwaffnet wird. Vielleicht verbessert sich im Libanon dann auch politisch etwas für alle Bürger:innen, außer für Terroristen und ihre Anhänger und Unterstützer.

    • @*Sabine*:

      Wie schon mal Ihnen geschrieben, sieht die UN1701 explizit keine Entwaffnung der Hizbollah (schauens damit in die UN1701) vor. Es soll nur keine andere Armee als die libanesische Armee auf oder über dem libanesischen Gebiet verteilt sein. Durch die Teilintegration der Hizbollah in die ordentliche Armee, kam die libanesische Regierung diesem Teil der UN1701 nach. Weitere und komplette Integration der Hizbollah muss angetrieben werden, und das dann wieder die lib. Regierung die Hoheit über jene Kräfte hat.



      ABER um es gleich nochmal zu sagen, weil Sie es wieder einmal nicht gemacht haben. Dies bedeutet ebenso dass es keine Überflüge und Grenzverletzungen der Israelis geben darf. Wenn man die UN1701 noch genauer anschaut und bis auf Paulet-Newcombe zurückgeht, impliziert es teilweise sogar eine Beendigung der Besatzung in den Golanhöhen. Da diese aber noch nicht vollständig in einem Vertrag integriert ist, ist im Grunde auch jeder Siedlungsausbau (der genauso wie in WJL bis heute anhält) somit ein indirekter wenn nicht gar ein direkter Verstoß, gegen UN1701 und dem vorher schon geltenden Waffenstillstandabkommen aus 1948, und dem Paulet-Newcombe Abkommen!

    • @*Sabine*:

      "Ich kann gegenwärtig nicht verstehen, was die Gaza-Hamas-Iran-u.a.-Kriegspartei zu erreichen hofft."



      Ich schon. Israel stellt aufgrund zunehmenden öffentlichen Druck die Kampfhandlungen ein und zieht sich auf das eigenen Staatsgebiet zurück. In den kommenden Jahren werden die Ressourcen bei Hamas & Co. wieder aufgestockt, und in nicht allzu ferner Zukunft wird Israel wieder angegriffen.



      Mehr an Zielen kann ich nicht erkennen.

      • @Encantado:

        Ihre Vermutung klingt schlüssig, ich kam nicht selbst darauf, da ich davon ausging, dass die Gaza-Hamas-Iran-u.a.-Kriegspartei nach den Erfahrungen der letzten Monate nicht mehr ganz so einfältig sein dürfte. Sicherlich haben Sie recht, danke.

        • @*Sabine*:

          "Sicherlich haben Sie recht, danke."



          Da nicht für. Ich wünschte es wäre anders.