Ausschreitungen in Südafrika: Aufstand der Armen
Die Krawalle in Südafrika sind nicht nur der Solidarität mit Ex-Präsident Zuma geschuldet. Der Protest gilt Arbeitslosigkeit und Armut.
V on außen erscheint es nur als Chaos: Seit dem 8. Juli kommt es täglich zu mehr Plünderungen, mehr Brandstiftungen, mehr Verletzten und Toten. Schon prophezeien Pessimisten das Abgleiten der der wirtschaftlich zweitstärksten Nation Afrikas in die Unregierbarkeit.
Richtig ist, dass Südafrika trotz der reichen Bodenschätze, fruchtbarem Land und Infrastruktur auch 27 Jahre nach dem Ende der Apartheid unter der Regierung der ANC-Partei noch immer weltweit die extremste Kluft zwischen Arm und Reich aufweist. Corona hat die Unterschiede noch verschärft. Heute leben 60 Prozent der Bevölkerung unterhalb des Existenzminimums.
Präsident Cyril Ramaphosa hat sich nicht zu Verurteilungen seines Vorgängers hinreißen lassen. Dies ist in einer Demokratie allein Aufgabe der Gerichte. Gleichwohl wird er langfristig die Ruhe nur wiederherstellen können, wenn er neben der Korruptionsbekämpfung auch deutlicher konkrete Schritte zur Überwindung der Armut vorantreibt.
Die lange versprochene Verteilung von Staats- und Privatland, das bislang ungenutzt ist, hätte mehr als Symbolwert, denn die gegenwärtigen Unruhen werden die Hungersnot noch verstärken. Mit dieser Not, die Millionen Menschen leiden lässt, spielen die Anhänger von Expräsident Jacob Zuma und versuchen, auch die eigene korrupte Vergangenheit zu kaschieren, wenn sie Ramaphosa als „Verteidiger des weißen Monopolkapitals (WMC)“ brandmarken.
Tochter Duduzile Zuma hat via Twitter inzwischen offen zu seinem Mord aufgerufen. Sie stört es auch nicht, wenn mühsam erreichte Erfolge im Kampf gegen Corona durch das Inbrandsetzen von Impfzentren zunichte gemacht und keinerlei Lockdown-Regeln beachtet werden.
Die basisorientierte Organisation der „Menschen, die in Hütten wohnen“ (auf Zulu: Abahlali baseMjondolo) bringt es auf den Punkt, wenn sie die Unruhen auf die Armut zurückführt, nicht auf die Solidarität mit Zuma. Es geht um Lebensmittel für die Menschen in Südafrika, um Arbeit und um Land.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja
Die Wahrheit
Der erste Schnee
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Biden genehmigt Lieferung von Antipersonenminen