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Aus für „Wetten, dass..?“Gegen die Wand gefahren

Überraschend verkündet Moderator Markus Lanz das Ende der Samstagabendshow. Seine Vorgänger Thomas Gottschalk und Frank Elstner sind enttäuscht.

Und tschüß. „Wetten, dass..?“ läuft aus. Im Dezember. Bild: dpa

BERLIN taz | Am späten Samstagabend um 22.55 Uhr hatte „Wetten, dass..?“-Moderator Markus Lanz für das ZDF-Publikum eine faustdicke Überraschung parat: „Das war Wetten, dass..? aus Offenburg“, sagte der 45-Jährige mitten in den Abschiedsapplaus hinein. „Wir gehen jetzt in die Sommerpause und sehen uns am 4. Oktober wieder mit den letzten drei Ausgaben von Wetten, dass..?“. Kurze, knappe Worte für einen langen Abschied.

„Der Rückgang der Zuschauerzahlen zeigt, dass sich die Sehgewohnheiten verändert haben und das Format an Anziehungskraft verloren hat“, begründete Programmdirektor Norbert Himmler den Schritt seines Senders in einer ZDF-Mitteilung. „Es ist uns nicht leicht gefallen, einen Klassiker wie Wetten, dass..? vom Schirm zu nehmen. Der Aufwand einer so großen Show steht aber nicht mehr im Verhältnis zur Zuschauer-Resonanz.“

Der Erfinder von „Wetten, dass..?“, Frank Elstner (71), reagierte sichtlich betroffen auf die Einstellung seines Werks. „Wetten, dass Ende! Das geht an die Nieren. Alles andere wäre gelogen!“, teilte der Moderator über den Kurznachrichtendienst Twitter in der Nacht zum Sonntag mit. „Dem Nachwuchs gehört die Zukunft im Netz! Ich bin dabei. Freue mich!“, schrieb Elstner weiter. Der Entertainer erfand die Sendung 1981.

Lanz-Vorgänger Thomas Gottschalk (63) zeigte sich überrascht. „Dann hätte ich das Ding auch gleich selbst an die Wand fahren können“, sagte der Entertainer am Samstagabend in einem Telefongespräch mit Spiegel Online. Gottschalk habe durch den Anruf von der Einstellung der Show erfahren. Weiter wollte er sich nach Angaben des Nachrichtenportals nicht dazu äußern. Gottschalk moderierte zwischen 1987 und 2011 insgesamt 151 Ausgaben.

Eigentlich dringend gebraucht

Lanz bedauerte in einem nach der Show veröffentlichten Interview mit der vom ZDF beauftragten Agentur all4radio, dass „Wetten, dass..?“ mit der Entwicklung der TV-Landschaft nicht mehr habe Schritt halten könnten. Die Show sei etwas, „was das deutsche Fernsehen eigentlich dringend braucht. Aber offenbar passt es im Moment wahrscheinlich nicht mehr so richtig in die Zeit.“ Diese sei doch ein bisschen kalt geworden. Lanz bezeichnete die Show als „feine Familienunterhaltung“ ohne „Zynismus“ und „Sarkasmus“.

Showgast Annette Frier (40) sagte ebenfalls all4radio: „Ich finde das irgendwie konsequent, nach dieser ganzen Chose, wie die gelaufen ist. Das war glaube ich für alle Beteiligten anstrengend, und insofern kann ich das sehr gut verstehen.“

Programmdirektor Himmler betonte, man habe „gemeinsam entschieden, dass wir noch die drei geplanten Ausgaben in 2014 machen. In den letzten Jahren hat sich im Showbereich sehr viel verändert. Das trifft alle Sender und Unterhaltungsprogramme, besonders hart aber Wetten, dass..? als traditionsreichste Show in Deutschland.“

Neue Ideen für den Samstagabend

Ein Türchen ließ der Unterhaltungschef jedoch noch offen: Die Rechte an der Marke will der Sender behalten und gegebenenfalls auch wieder aktivieren. „Das Konzept, das Frank Elstner Anfang der achtziger Jahre für das ZDF erfunden hat, bleibt einzigartig“, so Himmler weiter. „Deshalb schließe ich nicht aus, dass es irgendwann noch einmal auflebt. Wir suchen aber weder einen neuen Moderator, noch planen wir eine Fortsetzung in absehbarer Zukunft. Die Hauptredaktion Show arbeitet jetzt an neuen Ideen für den Samstagabend.“

Der Klassiker, den Elstner 1981 an den Start brachte und von Thomas Gottschalk weitergeführt wurde, hatte mit der Übernahme von Lanz 2012 deutlich an Kraft verloren. Der Südtiroler hatte es schwer, sich in der Öffentlichkeit zu behaupten. Sein Moderationsstil geriet immer wieder in die Kritik, auch der in seiner Talkshow, die er drei Mal wöchentlich im ZDF präsentiert. Die „Wetten, dass..?“-Quoten waren zuletzt kräftig gesunken, mit 5,85 Millionen Zuschauern erreichte die Februar-Ausgabe ein historisches Tief.

Im Februar noch hatte Unterhaltungschef Oliver Fuchs optimistisch in die Zukunft geblickt und ein Winter-„Wetten, dass..?“ ins Auge gefasst. Intendant Thomas Bellut indes trat vor einigen Tagen deutlich auf die Bremse, als er dem Handelsblatt sagte: „In diesem Jahr werden wir sehen, wie stark die Marke noch ist.“ Endgültig Schluss ist am 13. Dezember mit der 215. Ausgabe aus Nürnberg.

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1 Kommentar

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  • Sehr schön.

    Ich schaue das zwar schon seit Jahrzehnten nicht mehr. Irgendwelche Blödsinnswetten, die letztendlich zeigten, wie Bierkästen zusammenfielen, Autos demoliert wurden und Menschen querschnittsgelähmt wurden, hatten eben den deutlich destruktiven Charakter herausgestellt. Und der war durch die damalige Buntstiftwette von Bernd Fritz eigentlich schon 1988 demaskiert wurden mit dieser herrlich destruktiven Aktion.

     

    Die klassische "Familienshow" ist tot. Hoffentlich damit auch die spießbürgerlichen Vorstellungen von "Familie".

     

    Am meisten freut mich jedoch, dass man mal sehen kann, was passiert, wenn man Sarah Wagenknecht nicht ausreden lässt. Da capo, Frau Wagenknecht. Sie hat genug zu sagen, als was mehr als eine ganze Samstagsabendshow füllen könnte.