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Aufstiegskampf in der 2. BundesligaDer Gewinner heißt HSV

St. Pauli und Düsseldorf verabschieden sich vom Aufstieg in die Männerfußball-Bundesliga. Die Spitzenteams patzen – und der HSV überrennt Regensburg.

Hatte diesmal unbestreitbar Recht mit seiner Offensivtaktik: HSV-Trainer Tim Walter Foto: Stefan Puchner/dpa

Hamburg taz | Viel Kritik musste HSV-Trainer Tim Walter in den vergangenen Monaten einstecken – weil er derart störrisch an seiner Taktik der bedingungslosen Offensive festhält, dass es schon fast ideologisch motiviert wirkt. Auch auswärts verzichtet Walter meist auf eine verstärkte Absicherung; versucht, dem Gastgeber sein Spiel aufzudrücken. Das ist ein paar Mal schiefgegangen und hat für den Aufstieg in die Fußball-Bundesliga dringend benötigte Punkte gekostet.

Nach dem Spiel am Sonntag bei Jahn Regensburg wird Walter sich aber keine frischen Vorwürfe anhören müssen. Seine Mannschaft zerlegte den Tabellenvorletzten beim 5:1-Auswärtssieg regelrecht, hatte schon zur Pause mit 4:0 geführt. Mit den verunsicherten Regensburgern, die dem Abstieg nun kaum noch entgehen können, hatte der HSV ein ideales Opfer für den Walter-Fußball gefunden.

Der HSV hat nun wieder gute Aussichten – und das verdankt er auch der Konkurrenz, die auf den letzten Metern das Nervenflattern bekommt: Tabellenführer Darmstadt verlor bei Hannover 96 mit 1:2 und kassierte zwei rote Karten, der Zweite Heidenheim verlor in Paderborn mit 2:3.

Lassen sie weitere Punkte liegen, könnte der HSV, nur einen Punkt hinter Heidenheim, mit Siegen gegen Fürth und beim Tabellenletzten Sandhausen sogar noch direkt aufsteigen. Und den zur Aufstiegsrelegation berechtigenden Platz drei könnten nur noch zwei Niederlagen kosten.

0:0 im Verfolgerduell am Millerntor

In Regensburg konnte der HSV unbelastet aufspielen, weil die Verfolger ihm das Terrain bereitet hatten: Der FC St. Pauli und Fortuna Düsseldorf hatten sich am späten Samstagabend mit einem 0:0 aus dem Aufstiegskampf verabschiedet. Bis dahin hatten sie nur drei Punkte hinter dem HSV auf Rang vier und fünf der Tabelle gelegen.

Beide Teams zeigten noch einmal, dass sie zu Recht dort standen: mit einer sehr konzentrierten Defensivleistung, St. Pauli zumindest eine Halbzeit lang auch mit begeisterndem Angriffsfußball.

Ein Hauch von Saisonabschluss wehte danach durchs Millerntorstadion. Nur die Fans von Fortuna Düsseldorf feierten ihre Mannschaft, die zu großen Teilen entkräftet auf dem Rasen zusammengesackt war. Im übrigen Stadion machte sich ein Schweigen breit, wie es dort nur sehr selten vorkommt.

Man konnte spüren, wie es in den Köpfen von über 25.000 Fans arbeitete. Mit „Was wäre, wenn …?“, werden die meisten Fragen begonnen haben. Wenn an diesem Abend doch noch der ersehnte Treffer gefallen wäre? Wenn vor vier Wochen gegen Eintracht Braunschweig nicht die Rekordserie von elf Siegen am Stück gerissen wäre? Wenn das Lokalderby beim HSV fünf Tage später nicht nach furiosem Auftritt unglücklich mit 3:4 verloren gegangen wäre? Und überhaupt: wenn nicht diese Hinrunde mit gerade einmal 17 Punkten aus 17 Spielen gewesen wäre?

Jetzt sind wir ein halbes Top-Team

Fabian Hürzeler, Cheftrainer des FC St. Pauli

Dass die Anhänger so vollkommen unterschiedlich reagierten, zeigt, wie auf St. Pauli in den vergangenen Monaten die Erwartungen gestiegen sind, ganz allmählich, von Spiel zu Spiel, von Sieg zu Sieg. Sogar nach der bitteren Niederlage beim HSV war das Team noch einmal zurückgekommen, hatte auch bei den Aufstiegsanwärtern Heidenheim und Darmstadt souverän gewonnen.

Vor dem Spiel gegen Düsseldorf hatte der nach fünf Monaten immer noch neue Cheftrainer Fabian Hürzeler gesagt, wenn sein Team diese Situation meistere, sei es ein echtes Top-Team. Danach zitiert ihn der kicker mit den Worten: „Jetzt sind wir ein halbes Top-Team.“ Hürzeler bezog das auf die erste Hälfte des Spiels, als St. Pauli hoch überlegen war. Sein Satz kann aber auch über der ganzen Saison stehen, die – wieder mal – in zwei ungleiche Hälften zerfällt. Hürzelers Aufgabe wird sein, an der anderen Hälfte zu arbeiten.

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