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Aufsichtsrat bei russischem GaskonzernSchröder tritt bei Rosneft zurück

Gerhard Schröder gibt seinen Aufsichtsratsposten beim russischen Gaskonzern Rosneft ab. Zuvor waren Sanktionen gegen den Altkanzler im Gespräch.

Zunehmend isoliert: der frühere Bundeskanzler Gerhard Schröder Foto: Kay Nietfeld/dpa

Schröder verlässt Posten als Rosneft-Aufsichtsratschef

Der frühere Bundeskanzler Gerhard Schröder will den Aufsichtsrat beim russischen Ölkonzern Rosneft verlassen. Schröder, der Rosneft-Aufsichtsratschef ist, habe mitgeteilt, dass es ihm unmöglich sei, sein Mandat in dem Gremium zu verlängern, teilte der Konzern am Freitag mit. Details wurden nicht genannt. (dpa)

Sanktionen gegen Schröder gefordert

Das Europaparlament hat sich mit großer Mehrheit für EU-Sanktionen gegen Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder ausgesprochen. Grund ist die anhaltende Tätigkeit des SPD-Politikers für russische Staatsunternehmen wie den Energiekonzern Rosneft, wie aus einer am Donnerstag in Brüssel angenommenen Resolution hervorgeht.

Der Schritt des Parlaments dürfte den Druck auf die zuständige EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und den Außenbeauftragten Josep Borrell erhöhen, einen Vorschlag für die Aufnahme Schröders auf die EU-Sanktionsliste vorzulegen. Sollte dieser dann angenommen werden, könnten in der EU vorhandene Vermögenswerte Schröders eingefroren werden.

Schröder war von 1998 bis 2005 Bundeskanzler. Danach übernahm er Aufgaben unter anderem für die Pipeline-Gesellschaft Nord Stream, die russische Gazprom und den Energiekonzern Rosneft. Weil er sich davon nach Beginn des russischen Kriegs gegen die Ukraine nicht distanzierte, forderte ihn die SPD-Spitze zum Parteiaustritt auf. Zudem gibt es Anträge auf einen Parteiausschluss.

Die Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP streicht dem 78-Jährigen außerdem Büro und Mitarbeiter. Das entschied der Haushaltsausschuss des Bundestages am Donnerstag. Ein Ruhegehalt und Personenschutz soll der SPD-Politiker aber weiter bekommen.

In dem Text des Europaparlaments werden die EU-Staaten nun dazu aufgefordert, „die Liste der Personen, gegen die EU-Sanktionen verhängt wurden, auf die europäischen Mitglieder der Leitungsorgane großer russischer Unternehmen und auf Politiker, die nach wie vor Geld aus Russland erhalten, auszuweiten“.

Das Parlament nennt ehemalige EU-Regierungschefs wie Wolfgang Schüssel aus Österreich und François Fillon aus Frankreich, die zuletzt von ihren Ämtern bei russischen Unternehmen zurückgetreten waren. Man fordere „nachdrücklich, dass andere Politiker, wie Karin Kneissl und Gerhard Schröder, dies ebenfalls tun“. Kneissl ist parteilose ehemalige Außenministerin Österreichs und Mitglied des Rosneft-Aufsichtsrats. (dpa)

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19 Kommentare

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  • Jetzt ist es also raus.



    Weder wegen Verstoßes gegen "Amtsverpflichtungen" noch Putinnähe, sondern "wegen seiner Russland-Jobs" fordert das EU-Parlament Sanktionen und hat der Bundestag sein Büro samt Mitarbeitern gestrichen.



    Und selbst das ist nur die halbe Wahrheit, denn offiziell heißt es aus dem Bundestag zur Begründung, der Altkanzler nehme "keine fortwirkende Verpflichtung aus dem Amt als ehemaliger Bundeskanzler mehr wahr".

    • @AusBerlin:

      1. Das EU-Parlament ist nicht der Bundestag. Der Versuch, beide über denselben Kamm zu scheren, ist ein wenig plump.



      Über die angedachte Sanktionierung kann man natürlich streiten. Aber ganz ehrlich, wenn man russische Staatsbürger mit hochrangigen Funktionen im Geldapparat Putins sanktioniert, dann ist es nur fair (und un-nationalistisch), das auch mit EU-Bürgern in vergleichbaren Positionen zu tun...

      2. Die Mitarbeiter kann man Schröder schon gar nicht mehr streichen. Die haben schon von selbst den Job aufgegeben, um nicht mehr für ihn arbeiten zu müssen.

      3. Ein Altkanzler, der aktiv für ausländische Diktatoren, deren Unrechtsregime und Angriffskrieg die Werbetrommel rührt, tut in der Tat Alles, nur nicht "fortwirkende Verpflichtungen aus dem Amt als ehemaliger Bundeskanzler wahrnehmen". Derartige Verpflichtungen würden nämlich mindestens eine gewisse Grundtreue zu den Werten unserer Verfassung in seinem Schaffen beinhalten, nicht Kadavergehorsam gegenüber einem Sponsor wie Putin.

      • @Normalo:

        "dann ist es nur fair (und un-nationalistisch), das auch mit EU-Bürgern in vergleichbaren Positionen zu tun..."



        Eben. Und das in anderen EU-Ländern schon passiert. Viele der sanktionierten Oligarchen haben (auch) EU-Staatsbürgerschaften, mindestens einer (Alisher Umanov) hat noch nicht mal die russische ( und nie gehabt).



        Und das Fass, dass es EU-Bürger (oder Deutsche) erster und zweiter Klasse gibt, nämlich "gebürtige" und "eingebürgerte", will ja wohl hoffentlich niemand aufmachen wollen.



        Für mich ist übrigens noch nicht gesetzt, dass Schröder, Warnig (Fillon, Kneissel, Törnqvist etc.) um Sanktionen herum kommen werden. In jedem Falle wird die Initiative des EU-Parlaments zu einer Debatte über Putins Profiteure und Helfershelfer im Westen führen, das ist nur zu begrüßen.

      • @Normalo:

        Welche "fortwirkende Verpflichtungen aus dem Amt"?

        • @AusBerlin:

          Das kann von... bis... gehen: Von einfachen Verhaltens Erwartungen bis richtig zeitaufwändiger Amtspflege.

          In den USA z. B. sind wohl George Bush und Michelle Obama während der Trump-Jahre allein deshalb dicke Freunde geworden, weil es so viele "Pflichttermine" für Ex-Präsidenten (und -First Ladies) gibt, dass sie ständig nebeneinander saßen und sich so näher gekommen sind. Auch sieht man regelmäßig Ex-Präsidenten in Katastrophengebieten, Krisensituationen oder auch bei wohltätigen Projekten den Schulterschluss mit einander und dem aktuellen Amtsinhaber demonstrieren. Das dürfte das obere Ende der Skala sein, was man ehemaligen Regierungschefs an Präsenz und Unterstützung abverlangen kann.

          Am unteren Ende, also als absolutes Minimum, würde ich den Anspruch sehen, dem Amt keine Schande zu machen, indem man sein daraus gezogenes Prestige meistbietend verhökert (genau deshalb gibt's die Appanage: Damit der Altkanzler das nicht nötig hat) und/oder es GEGEN die Werte in Stellung bringt, für deren Wahrung man mal mächtigster Verpflichteter seines Landes war. In beiden Aspekten gibt Schröder aktuell eine extrem schwache Figur ab.

          • @Normalo:

            Das sind alles hehre Wünsche und schöne Vorstellungen, aber keine fortwirkenden Verpflichtungen. Sie scheinen eine sehr blumige Fantasie zu haben, was Politik und Macht angehen.

            • @AusBerlin:

              Ich habe jene Erwartungen formuliert, die völlig unstreitig den bestehenden Regelungen zugrunde liegen. Die darin gewährten Privilegien sind kein Amtsbonus oder Dankeschön sondern ganz klar ein "do ut des" des Staates.

              Ob Altkanzler diese Erwartungen immer vorbildlich erfüllen, steht auf einem anderen Blatt. Mir fällt gerade noch die Konzentration des hochbetagten Adenauer auf seine Rhöndorfer Rosenzucht als Beispiel ein, aber seine Nachfolger haben sich wohl durchweg nicht so still und leise zur Ruhe gesetzt (und dabei wie Adenauer ihr BT-Büro im Zweifel vorwiegend gebraucht, um diese Ruhe auch zu bekommen).

              Nur heißt das nicht, dass das "do ut des" aus der Welt wäre. Es erträgt ein gewisses Maß an Übertretung, bevor die Privilegien zurückgenommen werden, aber eben nicht so eklatante, wie sie sich Schröder mit seiner effektiven Dienstlichkeit für eine fremde, unseren Verfassungsprinzipien feindliche Macht leistet. Das hat der Bundestag jetzt klargestellt.

  • Höchste Zeit, hier ein klares Zeichen gegen Helfer des Kriegsverbrechers zu setzen !

    • @Gerald Stolten:

      Da hätte man seit dem Irakkrieg wirklich viel Geld sparen können.

  • der hund wird vom hof ...

    getreten und gepeitscht.



    man weiß, er beißt nicht mehr.

  • Wer sich politisch nicht genehm verhält, wird abgestraft. Schröder wird das kaum treffen, aber das Signal ist klar: wer in Zukunft nicht spurt, kann seine Ansprüche ganz schnell verlieren.

    • @Hans Wurst:

      Ein Angriffskrieg und dessen Unterstützung sind aus Sicht der EU nunmal WEIT mehr als nur "politisch nicht genehm". Das sollte mittlerweile klar sein.

      Und diese harte Einstellung ist auch weder undemokratisch, noch völker-, menschenrechts- oder grundrechtswidrig. Wir reden hier von Verbrechen gegen die Menschlichkeit und nicht von einer politischen Denkschule.

  • Ich kann mich nur wiederholen: hier wird ein ehemaliger Politiker sanktioniert, weil er legalen beruflichen Tätigkeiten nachgeht und sein Recht auf freie Meinungsäußerung in Anspruch nimmt - westliche Demokratie 2022.

    • @O.F.:

      Es ist sicher eine eher streitbare Positionen, aber die Sanktionen gegen Staatskonzern-Funktionäre Putins kann man mit einer - eigentlich recht plausiblen - Beihilfe-Argumentation begründen: Die Staatskonzerne ermöglichen es Putin wirtschaftlich, seinen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg zu führen (was an sich nach für die EU bindendem Völkerrecht strafbar ist). Wer aktuell zur Bereicherung der russischen Staatskasse beiträgt, nimmt daher zumindest billigend in Kauf, dass sein Tun bei verbrecherischen Handlungen hilft, bzw. diese erst ermöglicht.

      Kuckstu hier:



      www.gesetze-im-int....de/stgb/__27.html

      • @Normalo:

        Juristische Argumente sollte man Juristen überlassen; wäre Schröders Verhaöten strafbar, könnte man ihn ja vor Gericht belangen. Ist es aber nicht - genau deshalb setzt man ja auf eher dubiose Wege. Dass Sie dem zujubeln, finde ich bedenklich: man muss Schröders Ansichten nicht teilen, um es befremdlich zu finden, dass das EU-Parlament und der Bundestag nichts besseres zu tun hat als, als einen Ex-Politiker zu sanktionieren, der gegen kein Gesetz verstoßen hat, sich aber den Luxus einer eigenen Meinung erlaubt. Das ist - und das habe ich eigentlich schon mehrfach erklärt - ein grundsätzliches Problem, das weit über den konkreten Fall hinausreicht. Wenn ohne solide rechtliche Grundlage ein elementares Freiheitsrecht zur Disposition gestellt wird, weil eine sich moralisch im Recht fühlende Mehrheit keinen Dissens ertragen will, rührt das an die Fundamente einer demokratischen Gesellschaft. Das sollte man eigentlich erkennen...

        • @O.F.:

          Wo sehen Sie mich jubeln? Ich finde solche persönlichen Sanktionen durchaus rechtsstaatlich bedenklich und kann sie nur ertragen, weil sie ein milderes Mittel darstellen, das weniger (wirklich) unschuldige Menschen trifft, als der aktive Kriegseintritt auf Seiten der Ukraine es täte.

          Das gesagt sind Sanktionen dieser Art nunmal ein politisches Druckmittel und kein juristisches Verfahren. Ob ein solches Erfolg hätte oder nicht, ist daher irrelevant. Die Frage ist, ob man die von mir beschriebene Kausalkette für gegeben hält, nicht ob man dabei so sauber spielt wie die Strafjustiz. Und DASS die Geschäftstätigkeit von Rosneft & Co. - und damit auch das Wirken ihrer Manager, Lobbyisten etc. - die materielle Grundlage für Putins Krieg schafft und deren hohe Tiere eben nicht nur dessen schuldlose Opfer sind, werden sie kaum bestreiten, oder?

      • @Normalo:

        Wenn Schröder sich einer Straftat schuldig gemacht hat, sollte man ihn anklagen und verurteilen. Mir ist indes nicht bekannt, dass die Staatsanwaltschaft Hannover einen Ermittlungsvorgang angelegt hätte.

        Genau das scheut man aber wohl bisher. Möglicherweise ist ihm gerade keine Straftat nachweisbar ist. Der großspurige Verweis auf § 27 StGB bzw. die Normen des Völkerstrafgesetzbuch ist demnach völlig deplatziert. Wenn Sie der Auffassung sind, Schröder habe sich strafbar gemacht, steht Ihnen die Anzeige frei. Der einzige im Raum stehende Vorwurf ist aber die Tätigkeit für Gazprom, also im Grunde eine legales Verhalten.

        Stattdessen wird politisch sanktioniert (Amtsprivilegien) bzw. soll politisch durch die EU sanktioniert werden.

        Daher ist das Argument, hier soll ein unbequemer Ex-Politiker mit politischen Mitteln zum Umdenken/Schweigen gebracht werden, nicht von der Hand zu weisen.

        Menschlich ist es sicherlich verständlich und richtig das Verhalten von Schröder grässlich zu finden. Das tue ich auch. Ihn aber politisch zu sanktionieren ist durchaus etwas, was wir uns als Gesellschaft besser zweimal überlegen sollten.

        • @Kriebs:

          Welche strafrechtlichen Konsequenzen man sich ausdenken könnte, steht auf einem völlig anderen Blatt, und beileibe nicht jedes formal legale Handeln ist wirklich schuldfrei. Wer die ökonomischen Steigbügelhalter Putins als brave Arbeitnehmer darstellen will, heuchelt sich jedenfalls weit mehr in die Tasche als das EU-Parlament mit seinen Sanktionen.

          Oder mal anders: Sie haben sich wortgewaltig über die Argumentation mit (völker-)strafrechtlichen Maßgaben echauffiert - also dass ich es überhaupt gewagt habe, sie zu bringen. Aber können Sie diese Argumente auch inhaltlich widerlegen, oder ist das Alles nur aufgeregtes, prozessuales Gepluster? Ich bin ganz Ohr...

    • @O.F.:

      Zum deutschen Recht gehört nicht nur das Strafgesetzbuch, sondern auch das Völkerstrafgesetzbuch, dessen Lektüre ich doch sehr empfehle.



      www.gesetze-im-int...BJNR225410002.html



      Zur Zeit ist Putin und seine Führungstruppe wegen Ihres Angriffskrieges schuldig des Verbrechens der Agression gemäß § 13 VStGB, außerdem von mehreren Tatbeständen von Verbrechen gegen die Menschlichkeit § 7 VStGb und § 8 von Kriegsverbrechen gegen Personen. Und Schröder arbeitet für viel Geld dessen Staatsunternehmen zu. Das ist wie wenn Sie für ein Unternehmen unter der vollen Kontrolle der sizilianischen Mafia arbeiten. Das ist keinesfalls ein Problem der Meinungsfreiheit.