Attentat auf Donald Trump: „Schwerwiegende Sicherheitsfehler“
Bei der Anhörung im Kongress räumt die Direktorin des Secret Service Fehler ein – und muss einige haarsträubende Fragen beantworten.
![Kimberly Cheatle verlässt den Kongress Kimberly Cheatle verlässt den Kongress](/picture/7135440/624/35862416-1.jpeg)
Will nicht zurücktreten: Die Direktorin des Secret Service, Kimberly Cheatle, nach ihrer Anhörung im Kongress Foto: Kevin Mohatt
WASHINGTON taz | Die Direktorin der US-amerikanischen Sicherheitsbehörde Secret Service musste einräumen, dass beim Attentat auf Donald Trump schwerwiegende Sicherheitsfehler gemacht wurden, die das Leben des Ex-Präsidenten gefährdeten. Den immer lauter werdenden Forderungen aus beiden Parteien, ihr Amt niederzulegen, erteilte sie allerdings eine energische Abfuhr.
„Die Mission des Secret Service ist es, die führenden Persönlichkeiten unserer Nation zu schützen. Am 13. Juli haben wir versagt“, sagte Kimberly Cheatle, die am Montag mehr als fünf Stunden vor einem Kongressausschuss Rede und Antwort stehen musste.
Cheatle ging sogar noch weiter und bezeichnete den Vorfall, bei dem Trump während einer Wahlkampfrede in Pennsylvania von einer Kugel am rechten Ohr gestreift wurde, als „den schwerwiegendsten operativen Fehler“ der Behörde seit dem Attentat auf den früheren US-Präsidenten Ronald Reagan im Jahr 1981.
Auch damals konnte ein Attentäter mehrere Schüsse auf den Präsidenten abfeuern, bevor er von Agenten gestoppt wurde. Reagan, der von einer Kugel getroffen wurde, überlebte nur dank einer Notoperation.
Auslöser für Verschwörungstheorien
Das Attentat auf Trump sorgte nicht nur für weltweites Entsetzen. Es war auch Auslöser für das Kursieren von Verschwörungstheorien und stellte die Kompetenzen des Secret Service und deren Agenten infrage.
Wie konnte es sein, dass ein 20 Jahre alter Schütze praktisch unbehelligt auf ein Dach klettern, sich dort in Position bringen und dann mehrere Schüsse abfeuern konnte, bevor er von Sicherheitskräften erschossen wurde?
Eine detaillierte Antwort auf diese Frage blieb Cheatle auch mehr als eine Woche nach dem Attentat schuldig. Sie erklärte immer wieder, dass ein Team von Secret-Service-Agenten den Veranstaltungsort im Vorfeld besucht und daraufhin, wie üblich, ein geeignetes Sicherheitskonzept erstellt hätte.
Laut diesem Konzept befand sich das Gebäude, auf dem sich der Schütze positionierte, außerhalb der eingerichteten Sicherheitszone. Dies erlaubte es dem Attentäter, seinen Plan in die Tat umzusetzen. Eine Person wurde beim Anschlag getötet und zwei weitere schwer verletzt. Für die Abgeordneten des Ausschusses war diese Antwort allerdings alles andere als zufriedenstellend.
„Sie labern Scheiße“
Die republikanische Kongressabgeordnete Nancy Mace war nur eine von mehreren Politikern im Ausschuss, die während der Befragung die Fassung verlor. „Sie labern nur Scheiße“, sagte Mace, nachdem Cheatle erneut eine Frage nicht beantworten konnte oder wollte.
Diplomatischer kritisierte auch die Demokratin Alexandria Ocasio-Cortez den Mangel an wirklichen Antworten. Dies sei schlichtweg inakzeptabel: „Seit dem Attentat auf einen ehemaligen US-Präsidenten sind zehn Tage vergangen. Unabhängig von der Partei muss es Antworten geben“, so die Abgeordnete aus New York.
Ein erster Untersuchungsbericht soll innerhalb von 60 Tagen vorliegen, erklärte Cheatle. Zu spät, nach dem Befinden der Abgeordneten, die während der kommenden etwas mehr als 100 Tage bis zur Wahl keine Wiederholung eines solchen Vorfalls sehen wollen.
Augenzeugenberichten und Videos in den sozialen Medien zufolge hatten etliche Besucher der Wahlkundgebung den Attentäter, Thomas Matthew Crooks, noch vor seiner Tat gesehen und dessen verdächtiges Verhalten an die Sicherheitskräfte vor Ort weitergeleitet. Warum trotzdem nichts unternommen wurde?
Ausweichende Antworten
Auch hierzu gab es von Cheatle nur eine ausweichende Antwort. Sie habe die Kommunikation noch nicht vollständig untersucht. Nur so viel: Wäre der Schütze als eine „reelle Gefahr“ eingestuft worden, so Cheatle, dann wäre die Kundgebung abgebrochen worden.
Während der Anhörung musste Cheatle auch Fragen über ihre persönlichen Qualifikationen beantworten, genauso wie über die ihrer weiblichen Agenten. In den rechten Medien wurden diese für die Fehler verantwortlich gemacht.
„Ich stelle die am besten qualifizierten Kandidaten ein“, sagte sie auf die Frage, ob sie Frauen nur einstelle, um eine bestimme Quote zu erreichen. Sie erklärte auch, dass sie über einen Rücktritt nicht nachdenken würde, da sie die beste Person sei, um den Secret Service in dieser Situation zu leiten.
Leser*innenkommentare
Mr.Henry
Was kann man erwarten wenn man öffentlich Fragen zu Planungen und Abläufen an den SECRET Service. Wie steht es um eines mentalen Zustand wenn man, neun Tage nach dem Ereignis offene Antworten erwartet?
Ist die, dem Präsidenten untergeordnete Direktorin überhaupt rechtlich verpflichtet irgendwem (außer dem POTUS) Rechenschaft abzulegen. Laut einem kürzlichen Urteil des Supreme Court genießt sie Immunität und hat bei der Aufklärung nur wenig bis nichts zuzuarbeiten.
Die wiederholten Aufforderungen zum sofortigen Rücktritt sind wohl eher billige Polemik da es damit schwerer würde die Direktorin vor den Kongressausschuss vorzuladen.
Die Empörung dürfte dem, sich dramatisierenden Wahlkampf mit 100 verbleibenden Tagen geschuldet sein.
Bambus05
@Mr.Henry Na ja, immerhin konnte jemand mit freiem Schussfeld Schüsse auf Trump abgeben, dass da unangenehme Fragen kommen versteht sich eigentlich von selbst.
Und auch persönliche Konsequenzen wurden schon für weniger gravierende Fehlleistungen gezogen. Reines Wahlkampfgeorgel ist das eher nicht.