piwik no script img

Attac nicht mehr gemeinnützigAllgemeinpolitische Ziele zählen nicht

Das Finanzamt Frankfurt erkennt Attac die Gemeinnützigkeit ab. Die globalisierungskritische Organisation ist überrascht und will sich wehren.

Bei den Protesten gegen die Freihandelsabkommen ist Attac dabei. Bild: dpa

FRANKFURT/MAIN dpa | Das Finanzamt Frankfurt hat dem globalisierungskritischen Verein Attac den Status der Gemeinnützigkeit aberkannt. Einen entsprechenden Bericht der Frankfurter Rundschau bestätigte eine Sprecherin der etwa 28.500 Mitglieder zählenden Organisation. Die bereits im Frühjahr zugestellte Entscheidung gilt rückwirkend ab 2010.

Die Behörde habe sie damit begründet, dass Attac allgemeinpolitische Ziele verfolge und dies nicht förderungswürdig sei. Als Beispiele seien die Forderung nach einer Finanztransaktionssteuer und einer Vermögensabgabe genannt worden.

Attac hatte die Förderung von Bildung als Hauptzweck des Vereins angegeben. Ein weiteres Ziel sei die Förderung des demokratischen Staatswesens, sagte die Sprecherin.

Attac habe bereits Einspruch gegen den Bescheid eingelegt und wollte notfalls auch klagen, wurde die Geschäftsführerin Stephanie Handtmann zitiert. „Wir waren sehr überrascht, vor allem über die drastische Ablehnung.“

Die Aberkennung der Gemeinnützigkeit treffe den Verein empfindlich in einer Zeit, in der der Protest gegen das geplante europäisch-amerikanische Freihandelsabkommen TTIP alle Energie benötige. Unter anderem ermöglicht der Status der Gemeinnützigkeit es Spendern, ihren Zuschuss von der Steuer abzusetzen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

10 Kommentare

 / 
  • @Eric Manneschmidt bringt es auf den Punkt: "Und politisch unbequeme Organisationen sind wohl eher nicht "gemeinnützig" im Sinne der Nomenklatur.

    Es wäre wohl die sauberste Lösung, das einfach abzuschaffen und über andere Möglichkeiten der Förderung für zivilgesellschaftliches Engagement nachzudenken. Z.B. ein Bedingungsloses Grundeinkommen."

     

    Ja, denn ein bGE erschließt neue Denk-und Freiräume zur Mitgestaltung des guten Lebens für alle.

  • 1G
    10236 (Profil gelöscht)

    Bund der Steuerzahler - ein Lobby-und Propagandaverein schlechhin - hat einen gemeinnützigen Status. Ist anscheinend systemkonform. Die Justitia in Deutschland trägt keine Augenbinde sondern eine Augenklappe.

  • Interessante Form von Globalisierung: Jetzt putinisiert auch noch die deutsche Justiz unbequeme NGOs.

  • Ich will es auf den Punkt bringen.

     

    Die Organe der Staatsverwaltung, die konzeptionell totalitär sind (schon das NS-Regime wurde dominierend von Richtern und Beamten getragen) treffen POLITISCHE Entscheidungen. Die aber stehen ihnen nicht zu.

     

    Ganz klar ist das mit/von dem Erz-konservatieven Schäuble/Merkel/Junkers-Team abgesprochen bzw. initiiert.

     

    TTIP/TISA/... müssen durch gepauckt werden, koste es, was es wolle, Klar unter dem Druck der Atlantiker. Ich bin nicht so sicher wie Herr Daniel Neuenburg, dass die Gerichte sich dem entgegenstellen.

  • Eine Methode des Kapitals mit Hilfe des tiefen Staates seine Kritiker und kritische Meinungen von Non-Profit-Organistaionen des Systems indirekt zu unterrücken oder sie zu hindern aktiv zu werden, ist die Möglichkeit solche fiskale "Ballons" hintenherum aufsteigen zu lassen, um zu testen, wie wie Sie selbst gehen können bzw. die Arbeite der Kritiker zu bremsen!

    Attac macht anscheinden etwas richtig, so dass sie hinterhältig agieren mussten!

  • 2G
    2097 (Profil gelöscht)

    Wird halt ein Gericht entscheiden. Auf hoher See und vor Gericht ist man zwar in Gottes Hand aber ich vermute mal ganz stark, dass das Gericht der Auffassung des Finanzamtes nicht folgen wird. Die Finanzämter legen Gesetze doch sehr oft sehr einseitig zu ihren Gunsten aus. Ich habe diese Erfahrung mit dem Finanzamt schon selbst gemacht und bisher mein Recht durchsetzen können vor Gericht.

    • @2097 (Profil gelöscht):

      Schön wärs....

    • @2097 (Profil gelöscht):

      Den Punkt erkannt hat Eric Manneschmidt. Attac wird als "politisch unbequeme Organisationen" gesehen, weshalb gemeinnützig im Sinne der Nomenklatur verneint wird. ob nun das Kapital oder nur natürliche Personen steuern zahlen, ist das Einzelinteresse der Gruppe der Bevölkerung, wie es auf dem Kunstwerk von Hans Haacke aus dem Jahr 2000 steht. Da aber der Investoren-Schutz gewollt ist und die Diktatur der Konzerne angestrebt wird, handelt Attac gegen diese allgemein akzeptierte Entwicklung.

    • @2097 (Profil gelöscht):

      Nein, diese Frage ist eine politische. Tatsächlich sind die Regeln für Gemeinnützigkeit nicht für Attac gemacht. Falls der Verein seine Strategie auf Bildung oder politische Bildung setzt, wird es schwer werden. Doch unter (24.) der allgemeinen Förderung des demokratischen Staatswesens kann auch die Transaktionssteuer gesehen werden, aber auch 13. die Förderung internationaler Gesinnung und 15. die Förderung der Entwicklungszusammenarbeit.

  • Die Steuerbegünstigung "gemeinnütziger" Vereine ist an sich höchst fragwürdig. Denn der Begriff ist dehnbar bzw. sehr auslegbar. Oft genug kommen also Organisationen in den Genuss dieser Privilegierung, die einfach nur gut formulieren können, deren Nutzen für das Allgemeinwohl aber möglicherweise von einer Bevölkerungsmehrheit so nicht gesehen würde.

    Und politisch unbequeme Organisationen sind wohl eher nicht "gemeinnützig" im Sinne der Nomenklatur.

    Es wäre wohl die sauberste Lösung, das einfach abzuschaffen und über andere Möglichkeiten der Förderung für zivilgesellschaftliches Engagement nachzudenken. Z.B. ein Bedingungsloses Grundeinkommen.