Aschermittwoch ist auch Valentinstag: Saure Schokoladenverkäuferinnen

Auf Süßes verzichten ist okay, aber auf mehr Lohn? Unser Autor zeigt sich solidarisch mit VerkäuferInnen, die in Berlin für mehr Gehalt kämpfen – am Valentinstag.

Hm, worauf sollen wir bloß verzichten bis Ostern? Aber keiner muss! Foto: dpa

Am Fastnachtsdienstag fuhren morgens viel mehr Kleinkindergruppen mit der U-Bahn durch die Stadt als sonst. Ich war von Prinzessinnen und Matrosen, Cowboys und Zauberinnen umzingelt. Das war lustig anzusehen. Da geht doch was in Sachen Karneval in Berlin, freute ich mich.

In der Reaktionskonferenz wurde ich kinderloser Mensch aufgeklärt, dass das jedes Jahr an Fastnacht so wäre: In den meisten Kitas und Grundschulen der Stadt wird an diesem Tag mit viel Tamtam Fasching gefeiert. Gerade rechtzeitig: Denn heutigen Aschermittwoch ist bekanntlich „alles vorbei“, wie es in einem bekannten Karnevalslied von 1953 heißt.

Einerseits. Andererseits beginnt mit dem Aschermittwoch ja auch etwas: die christliche Fastenzeit. Diese wird von vielen BerlinerInnen genutzt, die Wochen bis Ostern – so lange dauert das Fasten – auf etwas Bestimmtes zu verzichten. Meist auf Genussmittel, Süßes zum Beispiel. Eine schwierige Angelegenheit, besonders in diesem Jahr.

Saure SüßwarenverkäuferInnen

Denn der Aschermittwoch fällt auf den 14. Februar, der zugleich als Valentinstag im Kalender steht. Pralinen zu verschenken scheint da obsolet. Fastenbrechen gleich am ersten Fastentag? Da kommt diese Meldung doch ganz gelegen: „Schokoladenverkäuferinnen sind sauer!“

Wer am Valentinstag eben mal schnell in einer der 30 Hussel-Filialen in Berlin und in Brandenburg springen will, um auf dem Nachhauseweg fix Pralinen zu kaufen, wird mit der Realität konfrontiert. Beim Einkauf gibt es Informationen der Verkäufer und Verkäuferinnen gratis dazu. Denn die sind stinkig: Seit einem Jahr schon schwelt der Tarifkonflikt für die rund 110 Hussel-Beschäftigten in Berlin und Brandenburg.

Die Angestellten sollen eine bittere Pille schlucken: Hussel hatte Anfang 2017 erklärt, in Zukunft – und abweichend von einer jahrzehntelangen Tradition – keine Tariferhöhungen sowie kein Urlaubs- und Weihnachtsgeld mehr zu zahlen. Das bedeutet, so rechnet Erika Ritter, Verdi-Landesfachleiterin Handel in Berlin-Brandenburg, vor, für Vollzeitbeschäftigte jährliche Einbußen von bis zu 4.100 Euro.

Nun, so ist das mit dem Verzicht natürlich nicht gemeint. Deswegen laufen Klagen vor den Arbeitsgerichten. Am 1. März sollen die Tarifverhandlungen fortgesetzt werden. Lenkt der Arbeitgeber nicht ein, droht der Süßwarenfirma ein Arbeitskampf. Dann gäbe es länger nichts Süßes bei Hussel zu kaufen. Für alle, die auf kalorienreichen Süßkram verzichten wollen, vielleicht eine gute Nachricht. Für die Beschäftigten sicher nicht.

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