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Arzt über Probleme mit Atemmasken„Arbeitskraft nicht beeinträchtigt“

Einige Beschäftigte im Einzelhandel wollen wegen Schwindel die Maskenpflicht abschaffen. Die Beeinträchtigung gehe vorüber, sagt ein Lungenfacharzt.

Mit Brille kann eine Maske etwas unangenehm sein, gefährlich ist es aber nicht Foto: Karsten Thieler
Mareike Andert
Interview von Mareike Andert

taz: Herr Ruprecht, Sie sind Chefarzt der Klinik für Lungenerkrankungen am Klinikum Bielefeld. Wie lange haben Sie eine Maske am Tag auf?

Bertram Ruprecht: Ich habe sie ständig auf. Gerade sind es lange Tage, dann oft 12 Stunden. Aber ich wechsle zwischen unterschiedlichen Masken. Je nach Situation brauche ich eine dichtere oder weniger dichte.

Der Berufsverband Naturkost Süd wendete sich in einem Brief an das bayerische Gesundheitsministerium, weil Beschäftigte im Einzelhandel über Schwindel und Kopfschmerzen klagen und fordern, dass die Maskenpflicht für Personal abgeschafft wird. Macht das Tragen einer Maske müde, unkonzentriert und schwach?

Das Personal kann schon das Gefühl haben, dass die Maske sie beeinträchtigt. Aus Erfahrung kann ich sagen, das ist nichts, was anhält. Das ist sicherlich dem geschuldet, dass es ungewohnt für sie ist. Die Maske juckt hinter den Ohren, die Brille beschlägt, die Atemluft ist unangenehm. Aber die Arbeitskraft ist dadurch nicht beeinträchtigt und Kopfschmerzen beobachten wir nicht. In dem Zusammenhang wird oft auf eine Doktorarbeit von 2005 verwiesen. Hier kam raus, dass das CO2 durch das Maskentragen leicht ansteigt im Blut. Aber das bezog sich nicht auf Alltagsmasken oder einfachen Mund-Nasen-Schutz, sondern auf viel dichtere OP-Masken. Das Kohlenstoffdioxid geht problemlos durch Alltagsmasken durch.

Im Interview: 

Bertram Ruprecht

Jahrgang 1962, Facharzt für Innere Medizin, Pneumologie und Schlafmedizin und seit 2016 Chefarzt der Klinik für Pneumologie und Beatmungsmedizin am Klinikum Bielefeld.

Ist es schwerer für Personal aus dem Einzelhandel als aus der Klinik, Masken zu tragen?

Für Einzelhandelspersonal ist es eine neue Situation, das kann ich verstehen. Im Krankenhaus haben wir einen zeitlichen Vorsprung und haben uns daran gewöhnt. Auch ist es für uns einfacher, die Masken zu akzeptieren, weil die Gefahr konkreter ist und nicht so abstrakt wie im Supermarkt, wo es die gleichen Kunden wie immer sind und die Wahrnehmung der Situation nicht potenziell gefährlich. Aber es ist wichtig, dass alle Masken tragen, Personal wie Kundschaft, um Übertragungsketten zu unterbrechen.

Gibt es Unterschiede beim Komfort und Nebenwirkungen zwischen Stoff- und medizinischen Masken?

Ja. Alltagsmasken haben oft keinen Metallbügel, um die Maske an das Gesicht und die Nase anzupassen. Das kann für Brillenträger problematisch sein. Dafür lassen sich hier die Bänder meist besser anpassen und Druckstellen vorbeugen als bei medizinischen Masken mit festen Gummibändern. Wir tragen jetzt flächendeckend, je nach möglicher Gefährdungssituation, einen medizinischen Mund-Nasen-Schutz oder eine sogenannte FFP-Maske für einen höheren Schutz für beide Seiten. Die sind dichter als Alltagsmasken, das merkt man vor allem am Atmungskomfort und an Druckstellen, da die Bänder sehr straff sind. Manche dieser Masken aus Ost-Asien sind offensichtlich für kleinere Köpfe gedacht, nicht für unsere mitteleuropäischen Dickschädel. Es gibt also schon Masken, mit denen Einzelne nicht klarkommen – da ist dann Fantasie gefragt, etwa eine andere Befestigung.

Müssen bestimmte Gruppen besonders aufpassen?

Menschen mit chronischen Atemwegserkrankungen, etwa Asthmatiker oder schwer Herzkranke, können stärkere Probleme haben mit Masken. Sie sollten im Alltag Stoffmasken oder einen einfachen Mund-Nasen-Schutz tragen und nicht die dichteren medizinischen Masken.

Hat es Langzeitfolgen, wenn ich über Monate oder Jahre jeden Tag acht Stunden eine Maske trage?

Da ist mir nichts bekannt. Auch in der Literatur finden sich aus medizinischer Sicht keine Langzeitfolgen. In China, Japan oder Südkorea ist es ja gang und gäbe, sich mit Maske zu bewegen. Was ich nicht beurteilen kann, sind soziale Folgen, wenn man sein Gegenüber ständig nur maskiert sieht. Da sehe ich eher die Gefahr.

Haben Sie Tipps für Personal im Einzelhandel?

Wichtig ist es, Pausen zu machen alle zwei Stunden, spätestens nach vier Stunden, um die Maske abzusetzen, etwas zu trinken, frische Luft zu atmen und die Schleimhäute zu befeuchten. Die Maske sollte bequem, aber fest sitzend gebunden sein, am besten hinten am Kopf. Feuchte Luft einzuatmen ist Gewöhnungssache.

Braucht es bessere Masken?

Es lohnt sich, das weiter anzugehen. Wir haben früher ja nie gedacht, dass so viele Menschen so lange Zeit eine Masken tragen müssen. Da ist sicher noch einiges zu machen, was die Qualität, die Effektivität und vor allem den Tragekomfort betrifft.

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2 Kommentare

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  • Der Chefarzt sollte vielleicht mal mit Mundschutz den ganzen Tag körperlich arbeiten und uns dann eine neue Einschätzung geben.

  • Der Mann nennt anfangs ein paar Vorannahmen, die von Fall zu Fall anders sind.



    Damit sind sie Schlussfolgerungen hinfällig.



    Außerdem sind Lungenfachärzte allgemein mit Vorsicht zu genießen. Das ein Arzt, der immer neue, proffesionelle Masken trägt, spürt vielleicht keine Beeinträchtigung.



    Wer allerdings festen Baunwollstoff über einen längeren Zeitraum trägt, hat ganz andere Probleme. Schon mal von fusselnden OP-Masken gehört? Je länger man Baumwolle trägt, um so dichter wird sie, weil die Fasern durch Feuchtigkeit quellen und die Feuchtigkeit Lücken verschließt. Der CO2- und Feuchtigkeisanteil steigt. Wenn man jetzt körperliche Arbeit leisten muss, zB feuchte Lebensmittel in Glasverpackungen verräumen, welche Ärzten, mal ab von langen KH-Fluren, unbekannt sein dürfte, sind die Muskeln auf eine hohe Sauerstoffkonzentration angewiesen.



    Zu wenig Sauerstoff führt zu Kopfschmerzen und Muskelkater. Es ist davon auszugehen, dass sich bei einer Vollzeit-Tätiggkeit der negative Effekt mit der Zeit verstärkt.



    Außerdem wurden im Rahmen des Corona-Arbeitsschutzes die Vorschriften zu Pausen nicht angepasst.



    Nur weil der Mann zur Risiko-Alters- und Berufsgruppe gehört. Wieviele Privatversicherte, wieviele gesetzlich Versicherte sind bisher dem Virus zum Opfer gefallen?