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„Äußerst aggressionsgeladen“

Seitdem der Bruder von Morsal O. wegen Mordes an seiner Schwester verurteilt wurde, sieht sich Staatsanwalt Boris Bochnik Bedrohungen ausgesetzt. Der Sprecher der Hamburger Staatsanwaltschaft, Wilhelm Möllers, über das weitere Vorgehen

WILHELM MÖLLERS, 47, Staatsanwalt, ist seit 2008 Sprecher der Hamburger Staatsanwaltschaft

INTERVIEW: FRIEDERIKE GRÄFF

taz: Herr Möllers, im Prozess gegen den Mörder von Morsal O. hat der Angeklagte den Staatsanwalt einen „Hurensohn“ genannt. Wie wird die Staatsanwaltschaft mit dieser Äußerung umgehen?

Wilhelm Möllers: Das prüfen wir in aller Ruhe. Natürlich hat ein Angeklagter angesichts eines solchen Strafmaßes ein Recht auf Emotionen. Andererseits stellt ein solcher Ausdruck, insbesondere vor dem Hintergrund der Gesamtsituation, eindeutig eine Beleidigung dar. Wir wollen die Entscheidung, ob wir die Strafverfolgung aufnehmen, nicht übereilen. Das Gesetz gibt uns drei Monate Zeit, einen Strafantrag zu stellen.

Welchen Hintergrund meinen Sie?

Die gesamte Situation der Urteilsverkündung stellte sich als äußerst turbulent und aggressionsgeladen dar. Wir haben solche massiven Angriffe auf das Gericht und die Staatsanwaltschaft nicht erwartet und bislang auch so nicht erlebt.

Ist die im Internet aufgetauchte Morddrohung gegen den Staatsanwalt ein Einzelfall?

Dazu möchte ich keine detaillierten Angaben machen. Die Staatsanwaltschaft steht in engem Kontakt zum Landeskriminalamt, aber ich werde zum Gefährdungspotential im konkreten Fall nichts sagen.

Wie häufig kommt es vor, dass nach einem Prozess solche Drohungen ausgestoßen werden?

Dass Justizbeteiligte von Angeklagten oder ihnen nahe stehenden Personen bedroht werden, ist nicht die Regel. Aber gelegentlich kommt so etwas vor. Diese Übergriffe kommen übrigens ebenso von deutscher wie von nicht-deutscher Seite.

Welche Möglichkeiten gibt es, Richter oder Staatsanwälte zu schützen?

In der Regel wird von der Polizei eine Gefährdungsanalyse erstellt, auf deren Grundlage geeignete Schutzmaßnahmen getroffen werden.

Müssen Richter und Staatsanwälte ihren Beruf in dem Bewusstsein ausüben, dass ein Urteil, das bestimmten Menschen nicht gefällt, für sie persönlich Konsequenzen haben kann?

Rein theoretisch und grundsätzlich gehören diese Überlegungen zum Berufsbild – das kann übrigens auch für Verteidiger gelten.

Gibt es Maßnahmen, die sich die Justiz von Seiten der Politik wünschen würde, um solche Übergriffe noch seltener zu machen?

Man kann solche Übergriffe nie ausschließen. Wir stehen aber in engem Kontakt mit dem Landeskriminalamt. Zu dessen Aufgabe gehört die Analyse und Bewertung von Bedrohungssituationen. Die Polizei geht mit diesen Dingen professionell um.

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