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Urteile zu Rechten von GeflüchtetenFrausein ist Asylgrund

Die Maßnahmen der Taliban gegen afghanische Frauen sind laut EuGH als Verfolgung einzustufen. Der EGMR verurteilt Menschenrechtsverletzungen auf Samos.

In Afghanistan ist das Tragen einer Burka in der Öffentlichkeit für Frauen Pflicht Foto: Robert A. Sanchez/imago

Berlin taz | In mehreren Entscheidungen haben der Europäische Gerichtshof (EuGH) und der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) die Rechte von Geflüchteten gestärkt. Der EuGH entschied am Freitag, dass die diskriminierenden Maßnahmen des Taliban-Regimes gegen Frauen in Afghanistan allgemein als Verfolgung einzustufen sind.

Zwei Frauen mit afghanischer Staatsangehörigkeit hatten in Österreich gegen die Ablehnung ihres Asylantrags geklagt. Sie machten geltend, dass die Situation der Frauen unter dem Taliban-Regime in Afghanistan sei 2021 für die Anerkennung ausreichend sei.

Der österreichische Verwaltungsgerichtshof hatte die Klage an den EuGH weiter gereicht. Der schloss sich der Auffassung der Frauen nun an. Die Herrschaft der Taliban habe „schwerwiegende Auswirkungen auf die Grundrechte von Frauen“. Unter anderem betreffe dies die Zwangsverheiratung, die „einer Form der Sklaverei gleichzustellen“ sei sowie den fehlenden Schutz vor geschlechtsspezifischer und häuslicher Gewalt, die Formen unmenschlicher und erniedrigender Behandlung darstellen, so die Richter.

Ähnliches gelte für die Einschränkung der Bewegungsfreiheit sowie des Rechts auf Erwerbstätigkeit. In ihrer Gesamtheit und ihrer „bewussten und systematischen Anwendung“ führe die Taliban-Herrshaft dazu, dass „in flagranter Weise die mit der Menschenwürde verbundenen Grundrechte vorenthalten werden,“ so die Richter. Es müsse deshalb nicht im Einzelnen festgestellt werden, dass einer Asyl-Antragstellerin bei einer Rückkehr nach Afghanistan spezifisch Verfolgungshandlungen drohen. Es genüge, ihre Staatsangehörigkeit und ihr Geschlecht zu berücksichtigen.

Urteil zu Menschenrechtsverletzungen auf Samos

Bereits am Donnerstag hatte der EGMR in zwei Urteilen über Beschwerden von sieben Geflüchteten entschieden, die 2019 und 2020 als Minderjährige im Alter zwischen 14 und 17 Jahren in einem mittlerweile geschlossenen Internierungslager auf der griechischen Ägäis-Insel Samos untergebracht waren.

Das Gericht stellte nun fest, dass sie dort einer „unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung“ sowie Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt waren. Eine der Klä­ge­r:in­nen war zu jener Zeit schwanger, sie gebar im Lager ein Kind. Den aus Kongo, Syrien, Kamerun, Afghanistan und Irak stammenden Geflüchteten wurden für die Zeit von sechs bis 10 Monaten im Lager Entschädigungen von insgesamt 41.500 Euro zugesprochen.

Damals lebten laut einer Mitteilung der NGO I Have Rights, die einen Teil der Fälle vor Gericht gebracht hatte, über 7.000 Menschen in behelfsmäßigen Unterkünften rund um das Lager, das offiziell nur für 648 Personen ausgelegt war. Die Lebensbedingungen waren dort, ähnlich wie in den Lagern auf den übrigen Ägäis-Inseln, katastrophal. Zudem brachen mehrfach Brände aus, die Teile des Lager zerstörten.

Blaupause für Grenzverfahren an allen EU-Außengrenzen

Der Anwalt Philipp Schönberger nannte es bemerkenswert, dass der EGMR in seinem Urteil vom Donnerstag feststellt, dass die Bedingungen in dem Lager mit den „Konventionsstandards für jede Person unvereinbar sind, geschweige denn für extrem gefährdete Minderjährige. Der Gerichtshof hat damit erstmals ausdrücklich anerkannt, dass die Lebensbedingungen in dem Hotspot auf Samos unabhängig von eventuellen Vulnerabilitäten eine unmenschliche und erniedrigende Behandlung darstellten“, sagt Schönberger.

Bislang sei der Gerichtshof stets darauf bedacht gewesen, die besonderen Vulnerabilitäten der An­trag­stel­le­r:in­nen zu berücksichtigen. „Nach diesem Urteil ist klar: Die Lebensbedingungen im Hotspot auf Samos waren für die vielen tausend Menschen, die in den Jahren 2019-2021 dort unterkamen, eine schwere Menschenrechtsverletzung.“

Schönberger verweist darauf, dass die Situation sich nicht wesentlich geändert habe. Zwar sei das fragliche Lager in dem Ort Vathy auf Samos 2021 aufgelöst worden. Dann aber habe das von der EU finanzierte Closed Controlled Access Center (CCAC) auf Samos eröffnet, in dem „die Menschen dort immer noch unter erbärmlichen Bedingungen festgehalten werden“.

Der EGMR habe in früheren Entscheidungen implizit anerkannt, dass auch in dem neuen Lager Menschen „dem Risiko irreparabler Schäden für ihr Leben und ihr Wohlergehen ausgesetzt sind“, so Schönberger. „Im Rahmen des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) werden die Hotspots der Ägäis als Blaupause für Grenzverfahren an allen EU-Außengrenzen dienen, die wahrscheinlich zu ähnlichen Menschenrechtsverletzungen führen werden.“

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12 Kommentare

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  • Sehr wichtige Entscheidungen, auf die in entsprechenden Verfahren in allen EU-Ländern Bezug genommen werden kann. Schön, dass EuGH und EGMR die rechtlichen Grundlagen den Mitgliedsstaaten deutlich zeigen - traurig, dass erst der Mut und das Geld für den langen Institutionsweg aufgebracht werden müssen.

    • @hierbamala:

      Wird spannend mit dem Familiennachzug.

  • Da haben jetzt die Hetzer von AfD/BSW/CDU/CSU/FDP/Grüne/SPD aber gewaltig Schaum vorm Maul.

    • @Manfred Peter:

      Nein keinen Schaum vor dem Mund! Ich finde es nur super unklug, diese Themen der Politik zu entziehen und juristisch zu entscheiden. Das führt nur zu einer Politisierung der Justiz.

      Es gab doch kürzlich das Urteil des EMGR zu Klimafragen gegen die Schweiz. Die hatten da VORHER eine Volksabstimmung.

      Was machen die Schweizer jetzt? Einfach nix. Sie setzen das Urteil einfach nicht um. Der Ruf des EMGR ist in der Schweiz maximal beschäfigt. Kann man machen ..



      . ist aber super unklug

      • @GregTheCrack:

        Short cut - dess ehrs is vllt schlau -



        Klug - isses nich! Woll



        Daß EuGH in EU & in Schland Karlsruhe - wa



        Immer wieder Motor politischer Entwicklung sind - ist systembedingt & gut so!



        Ehr Verständnis is sowas von retro!



        Is gibt keine unpolitische Rechtsprechung - mal in kleiner - mal in größerer Münze! Wollnichwoll.



        Die Umsetzung - gar Vollstreckung:



        Da ist noch Luft nach oben! But



        Nehmens nur die Datenkiste zB unsere IM Nancy Fraency van Görg Ffm - holt sich regelmäßig Ohrfeigen ab - hiewieda.



        (ps verrat ehna was -



        ©️ ein 1.inst. VerwR “der kleine Professor“;)) - alle andern kupfern ab!



        cum grano salis als alter Fahrensmann a.D. - du kriegstes auf den Tisch serviert!



        Na dann legste das 🧠 in die Weiche!



        & Däh - entscheidest das •



        Das ist dein Auftrag nach dem Grundgesetz! Und das ist gut so •

        • @Lowandorder:

          Ich verstehe sie nicht. Ist das Deutsch oder wirr?

  • 6G
    611245 (Profil gelöscht)

    Afghanistan hat ca. 20 Mio Frauen. Die Taliban haben so etwas 100.000 Kämpfer.



    Wo waren die Frauen eigentlich in den letzten 20 Jahren?



    Wenn ich mir mal Kurdistan ansehe, bemerke ich einen deutlichen Unterschied.

    • @611245 (Profil gelöscht):

      Die Frauen die Rechte hatten, lebten in den Städten, die wollten dann aber in der Masse lieber was anderes als Soldaten werden, wobei wenn man sich Berichte wie es sexuelle Übergriffe, Beförderungen nur gegen Sex gab etc. kann ich sie schon verstehen.

      • 6G
        611245 (Profil gelöscht)
        @Machiavelli:

        Man kann nicht nur Rechte haben wollen. Und andere sollen mal schön machen. Man muss auch bereit sein, selbst dafür zu kämpfen.



        Jede Frau wusste, was die Rückkehr der Taliban an die Macht bedeuten würde.

        Es waren ja auch zigtausend Soldatinnen demokratischer Staaten dort eingesetzt.



        Die ihr Leben riskiert und oft genug verloren haben.



        Wären nur 10% der Afghaninnen in die Armee eingetreten. Hätten eine YPJ oder so gegründet, alle hätten dabei gewonnen.

        Ausser den Tailban.

        • @611245 (Profil gelöscht):

          Anscheinend wollten die Frauen nicht. Vielleicht war es auch eine genuine Hoffnung das sich die Taliban diesmal wirklich geändert haben und man wollte einfach Frieden und hatte genug von der Korruption.

    • @611245 (Profil gelöscht):

      Nun. Die Zahl der Taliban dürfte in (türkisch) Kurdistan stark gegen Null tendieren! Woll



      Den Einstieg aber - verstehe ich nicht!



      Die politisch-reale “Achterbahn“ in Afghanistan dürfte bekannt sein! Newahr



      Normal Schonn - servíce -

    • @611245 (Profil gelöscht):

      "...Wo waren die Frauen eigentlich in den letzten 20 Jahren?..."

      Was soll das denn bedeuten? Die Frauen sind selber schuld?