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Hersteller von Actimel und AlproDanone fährt Nutri-Score zurück

Der Nahrungsmittelkonzern entfernt die Kennzeichnung etwa von Trinkjoghurts und Sojadrinks. Ihre Bewertung würde sich sonst verschlechtern.

Danone lässt den Nutriscore auf seinen zuckrigen Trinkjoghurts und Sojadrinks in Zukunft weg Foto: Patrick Pleul/dpa

Berlin taz | Der Lebensmittelkonzern Danone verzichtet bei Trinkjoghurts etwa der Marke Actimel oder pflanzenbasierten Getränken beispielsweise von Alpro künftig auf die „Nutri-Score“-Nährwertkennzeichnung.

Nach der Reform der Nutri-Score-Berechnung würden die Bewertungen dieser Produkte „generell etwas schlechter sein“, sagte Danone-Deutschland-Sprecher Stefan Stohl am Freitag der taz. Die Verbraucherorganisation Foodwatch wies daraufhin, dass der Nutri-Score zum Beispiel den Zuckergehalt in Milch- und Joghurtgetränken nach den im vergangenen Jahr beschlossenen Änderungen strenger einstufe.

Laut Robert-Koch-Institut sind zwei Drittel der Männer und die Hälfte der Frauen in Deutschland übergewichtig. Übergewicht kann chronische Krankheiten begünstigen. Mithilfe des für die Branche freiwilligen Nutri-Scores sollen VerbraucherInnen deshalb leichter erkennen können, welche Produkte innerhalb der Gruppen „allgemeine Lebensmittel“, „Fette, Öle, Nüsse und Saaten“ oder „Getränke“ günstiger oder ungünstiger zusammengesetzt sind. Je nachdem werden die Artikel mit einem A auf dunkelgrünem Grund bis zu E auf rotem Grund gekennzeichnet. Rotes E heißt: zu fettig, zu süß und/oder zu salzig.

Danone begründete seinen Teilausstieg damit, dass nach der neuen Berechnung Produkte mit identischem Nährwertprofil etwa ein A bekämen, wenn sie in der Regel mit dem Löffel gegessen werden, aber ein C, wenn sie getrunken werden. „Das kann man dem Verbraucher nicht wirklich erklären. Deswegen gehen wir diesen Weg so nicht mit“, so Konzernsprecher Stohl. Sobald das alte Verpackungsmaterial aufgebraucht sei, würden „trinkbare Joghurts oder Milchen“ von Danone nicht mehr den Nutri-Score tragen.

Forderung nach Kennzeichnungspflicht

Foodwatch dagegen rechtfertigte, dass zum Beispiel „zuckrige Trinkjoghurts“ jetzt strenger bewertet werden. Denn solche Produkte seien keine Nahrungsmittel, sondern würden in der Regel außerhalb der Mahlzeiten als flüssige Snacks konsumiert. Gerade bei Kindern bestehe das Risiko, dass über Trinkjoghurts viel Zucker aufgenommen werde, so die Organisation.

„Das Prinzip Freiwilligkeit ist gescheitert: Der Nutri-Score muss endlich verpflichtend europaweit eingeführt werden“, forderte Foodwatch-Expertin Luise Molling. „Nur wenn alle Produkte die Lebensmittelampel tragen müssen, kann der Nutri-Score seine volle Wirkung entfalten.“

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9 Kommentare

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  • "Freiwillige Selbstverpflichtung" + "Lebensmittelproduzenten". Zwei Begriffe, die niemals zusammen gehören werden.



    Es muss sofort eine Zuckersteuer eingeführt werden, wie in Chile! Welch' Wunder, der Zuckergehalt in vielen auch hier üblichen Lebensmitteln und Getränken ist rapide gesunken. Wo die Lebensmittelproduzenten müssen, können sie auch. Nur hier in der "freien Marktwirtschaft" werden Verbraucher krank gemacht und die Allgemeinheit darf für die Behandlungskosten aufkommen nach guter alter Tradition "Gewinne privatisieren". Zucker ist ein billiger Füllstoff, der in Übermengen krank macht.



    Den Verbrauchern kann man nur raten Actimel und andere Danone-Produkte im Regal vergammeln zu lassen. Zu teuer und zu schlecht.

  • Immer dasselbe: Kritik am Nutriscore kommt immer nur von Leuten, die die Grundlagen und den Zweck des Nutriscore überhaupt nicht verstanden haben. Der Nutriscore kann nichts für eure Unwissenheit (oder Faulheit euch zu informieren).

    Natürlich kann nur eine Produktgruppe untereinander verglichen werden, weil es gar keinen Sinn machen würde, eine Tomate mit einer Schokolade zu vergleichen (Wer nicht von sich aus begreift, dass Gemüse gesünder als Süßigkeiten sind, dem kann man sowieso nicht helfen).

    Und eine Million verschiedene Produkte, fur die es Milliarden Kombinationsmöglichkeiten gäbe, soll uns mal einer der schlauen Kritiker in 6 einfach zu erfassende Farbstufen einordnen. Funktioniert natürlich nie.

    Dann würden faktisch immer alle Produkte einer Kategorie die gleiche Stufe haben und der Informatioswert nur sein: Gemüse ist besser als Süßigkeiten, was jeder sowieso weiß.

    Deshalb der Nutriscore: Wenn ich mich dazu entscheide, eine Tiefkühlpizza zu holen und 12 verschiedene Packungen sehe, kann ich mit dem Nutriscore sofort erkennen, welche von denen weniger schlecht ist.

    • @tazzy:

      Der Nutriscore ist der herbeilobbiierte Gegenvorschlag zur Lebensmittelampel.

      Der Nutriscore soll den Eindruck erwecken Lebensmittel mit A oder B seien gesund.

      Erst bei näherem Hinsehen kommt raus dass genau das nicht stimmt.

      Oder können sie mir erklären in wie fern eine Pizza mit "C" gesünder ist als eine mit "E" ?

      • @Bolzkopf:

        Wahrscheinlich hat die Pizza mit C weniger (gehärtete) Fette und weniger Zucker als die mit E. Das kann am Teig oder auch am Belag liegen. Broccoli ist auch auf einer Pizza gesünder wie eine Extra-Käse, und der zugesetzte Zuckeranteil in der Tomatensauce (und auch deren Menge) ist auch unterschiedlich. Einfach mal die Packungen umdrehen, da sind dann Kilokalorien,Fette, Kohlehydrate, Salz etc aufgeschlüsselt. Der Vergleich ist halt aufwändiger als ein einfacher Nutriscore.

        • @Offebacher:

          "Wahrscheinlich" ???



          Soso, also wie Lotto und Toto.



          Genau das, was Verbraucher an Infos erwartet.

          Wenn doch hinten alles aufgeschlüsselt ist - wofür dann vorne dieses komische System ?

          Sie argumentieren hier (... aufwändiger als ein einfacher Nutriscore...) sehr, sehr nahe an der Lebensmittellobby. Kann das sein ?

          • @Bolzkopf:

            Entweder haben sie mich missverstanden oder sie wollten mich missverstehen. Abgesehen davon, dass ich noch nie für einen Lebensmittelhersteller oder die Lebensmittellobby gearbeitet habe:



            Im Artikel ging es um den Nutri-Score im allgemeinen, in ihrem Kommentar dazu zur Frage, warum verschiedende Fertigpizzen unterschiedliche Scores haben können. Ich wollte beispielhaft erklären, woren das liegen kann.



            Und zum Nutri-Score im allgemeinen: dies ist eine grobe Vereinfachung des Ernährungswertes eines Produktes auf die Noten A bis E. Der Vorteil: gleichartige Produkte, wie z.B. Tiefkühlpizzen, lassen sich einfach vergleichen.



            Nachteil: die Einteilung ist grob und kann für einen persönlich eher nichtssagend sein. Eine genauere Angabe sowohl der Inhalte (inklusive der Aromen, Hefen, E-Nummern etc..) als auch der Nährwerte findet man auf der Rückseite. Hier wird dann aber auch der Vergleich wieder aufwendig. Sie müssen sich dann schon selbst entscheiden, genau hinsehen oder einfach die Ver-"Einfach"-ung des Nutri-Scores nehmen.



            Was die Inhalte von (hoch) verarbeiteten Lebensmitteln angeht: hin und wieder Herrn Lege im ZDF zuschauen, hilft auch beim Verstehen der Inhaltsangaben.

  • Der Nutriscore ohne Zusammenhang zu konsumierter Menge und Art des Verzehrs ist halt einfach Unfug. Olivenöl, Walnüsse, Trockenobst mit Nutriscore C bis D und Toastbrot oder Tiefkühlpizza mit Nutriscore B.



    Vitamine, Mineralstoffe und ungesättigte Fettsäuren fließen gar nicht in die Kriterien ein.



    Solange das Sytem nicht umfassender und aussagekräftiger ist, find ich eine Verpflichtung für völlig falsch.

  • Auch schon bei Fruchtsäften, die in mehr oder weniger größeren Mengen konsumiert werden, ist die Gefahr nicht zu unterschätzen:



    "Ein Glas Orangensaft zum Frühstück und zum Mittagessen eine große Apfelschorle – für viele nicht ungewöhnlich. „Nur gesund ist das leider nicht“, sagt Diplom-Ökotrophologin Dr. Astrid Tombek. „Fruchtsaft ist eine Zuckerbombe.“



    [Bei der Informationsquelle mit besonders großer Reichweite, der



    apotheken-umschau.de]



    Also fast Allgemeinwissen, könnte man denken.



    Wir hatten doch früher so große Hoffnung wegen des Wirbels von, wegen und um J.K.



    www.foodwatch.org/...rwertkennzeichnung

  • Beispiel Kaba: vorher ein außergewöhnlich gutes "B" beim Nutriscore, nach der Reform ein "E". Vorher galt die trinkfertige Mixtur mit fettarmer Milch als Bewertungsgrundlage, jetzt zählt nur noch das Produkt ansich.

    Zucker ist die günstigste Volksdroge überhaupt. Wenn man mal über einen längeren Zeitraum zuckerreduziert isst und trinkt, merkt man erst einmal was für einen "Knall" so ein Zuckerschock im Gehirn auslösen kann.