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Kurzstudie zu Auswanderung wegen AfDGoodbye (Ost-)Deutschland

Der Erfolg der AfD macht vielen Menschen mit Migrationshintergrund Angst und sie überlegen, ab- oder auszuwandern. Was heißt das für Ostdeutschland?

Fast ein Viertel der Befragten mit Migrationshintergrund denkt darüber nach, Deutschland zu verlassen Foto: Peter Kneffel/dpa

Berlin taz | Nach den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen denken Menschen in Ostdeutschland darüber nach, Deutschland oder das Bundesland zu verlassen. Grund dafür ist der Aufstieg der AfD. Das hat das Deutsche Institut für Integrations- und Migrationsforschung (DeZIM) in einer Kurzstudie herausgefunden. Für die Studie mit dem Titel „Angst, Ablehnung und Abwanderungspläne: Die gesellschaftlichen Folgen des Aufstiegs der AfD“ wurden rund 3.000 Menschen befragt.

„Die Studie zeigt, dass die AfD keine breite ideologische Unterstützung hat“, sagte die DeZIM-Forscherin und Leiterin des Bereichs Konsens und Konflikt, Sabrina Zajak, bei der Vorstellung der Ergebnisse am Freitag in Berlin.

Der Bielefelder Konfliktforscher Andreas Zick ergänzte, die Studie zeige aber auch eine Spaltung in der Gesellschaft. AfD-Sympathisant:innen stimmten dem rechtsradikalen Konzept einer Massenumsiedlung im klaren Gegensatz zu allen anderen Gruppen mehrheitlich zu. Diese Stimmung erzeuge Angst.

Fast ein Viertel der Befragten mit Migrationshintergrund denkt darüber nach, Deutschland zu verlassen. Zehn Prozent haben sogar konkrete Pläne. Mehr als ein Drittel der Befragten gab an, das Bundesland zu verlassen, wenn die AfD in Regierungsverantwortung kommt. 12,5 Prozent von ihnen haben dazu auch konkrete Pläne. Diese Entwicklung zeigt sich auch bei Befragten ohne Migrationshintergrund. Die Zahlen sind zwar geringer, aber auch unter ihnen denken Menschen über Aus- oder Abwanderung nach.

Ostdeutschland wird unter der Abwanderung leiden

Fast alle Befragten lehnen die Remigrationspläne der AfD ab und 60 Prozent geben an, Angst davor zu haben – unabhängig vom eigenen Herkunftsland. Die meisten schätzen die Partei als extremistisch, demokratiefeindlich und rassistisch ein.

Eter Hachmann vom Dachverband der Mi­gran­t:in­nen­or­ga­ni­sa­tio­nen in Ostdeutschland (DaMost e.V.) wies auch auf die wirtschaftlichen Folgen hin. „Was wir erleben werden, ist, dass der Osten weiter schrumpft. Und die Kosten dafür tragen die Älteren und Schwächeren, die nicht weg können. Das erwähnt die AfD nie“, sagte Hachmann.

Keine Forschungseinrichtung und kein Krankenhaus funktioniere ohne ausländische Fachkräfte, aber gerade diese gut gebildeten und mehrsprachigen Mi­gran­t:in­nen würden abwandern.

Um diesem Abwanderungstrend entgegen zu wirken, forderte Hachmann unter anderem ein Wahlrecht für alle: „Das thematisieren migrantische Communities seit Jahren. 12 Millionen Menschen in Deutschland dürfen nicht wählen.“ Außerdem wirbt sie für das Ende der Schuldenbremse. Sparpolitik kürze zuerst bei Sozialem, Bildung und Kultur. Aber das sei, was Mi­gran­t:in­nen eine Stimme gebe und wichtig für sie sei.

Mit dieser Einschätzung ist Hachmann nicht allein. Auch der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaft (DIW), Marcel Fratzscher, warnte vor Kurzem vor den wirtschaftlichen Folgen in Ostdeutschland durch den Erfolg der AfD. In einem Interview sagte er der taz: „Nicht nur ausländische Fachkräfte und Unternehmen meiden diese Regionen, auch viele gut ausgebildete Deutsche wollen dort nicht leben und arbeiten, weil ihnen die Stimmung zu intolerant und rassistisch ist.“

Elisa Calzolari vom Migranetz Thüringen drängte zudem auf ein Demokratiefördergesetz. Es brauche „Ressourcen, um migrantische Strukturen zu stärken.“ Eigentlich hatten sich SPD, Grüne und FDP in ihrem Koalitionsvertrag auf ein Demokratieförderungsgesetz geeinigt. Es soll dem Bund ermöglichen, zivilgesellschaftliche Initiativen längerfristig zu fördern und nicht nur kurzfristig und projektbezogen. Doch dieses Gesetzesvorhaben wird seit Monaten von der FDP im Bundestag blockiert.

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25 Kommentare

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  • Ich weiss mittlerweile nicht mehr, über was ich wütender sein soll, über die AFD , von der ich eigentlich nichts anderes erwartet habe oder über die Steigbügelhalter der neoliberalen Grosskotzfinanz und ihrer politischen Vasallen, den Unchristdemokraten und den solange liberalen, wie man dicken Geldbeutel hat FDP.....

  • DDR - der doofe Rest. Alter Spruch für ein altes Problem. Es gehen immer die Falschen. Ungarn und Polen haben das gleiche Problem.

  • Wahlrecht für "Alle"? An meinem Wohnort (Großstadt, Bayern) erhält z.B. die AKP (Erdogan) bei den Wahlen der türkischen Staatsbürger*innen die absolute Mehrheit. Eine überwiegende Mehrheit der bereits eingepassten russisch-stämmigen Migranten wählt hingegen heute schon die AfD. Was würden wohl die anderen Migranten wählen, wenn sie dürften? Nicht, dass ich gegen z.B. ein kommunales Wahlrecht für die Bewohner*innen meiner Stadt wäre, aber man sollte mal nicht davon ausgehen, dass "Migranten" automatisch demokratisch wählen, nur weil sie in Deutschland sind.

  • Wir brauchen eh mehr Platz für Wisente und Wölfe. Und so viele Menschen wohnen eh nicht in Thüringen.

  • Ostdeutschland wird unter der Abwanderung leiden...



    ---



    Ist wahrscheinlich & es geht mMn. nicht anders! Erfahrungslernen nennt d/W/m in der Pädagogik!



    Th & Sa sind jetzt schon demografisch "Altenheime" & die Hotspots IT, Wasserstoff usw. die dort entstanden sind & die auf Fachkräfte & internationalen Austausch (Gedanken & Menschen) angewiesen sind, werden wohl auch "den Bach runter gehen!"



    Was soll ein Sachsen-Fürst, oder König 1918 mal gesagt haben:



    "Dann mach doch Euern Dreck allene!" Passt auch heute! ;-(



    Ps. Jedes "Volk" hat die Regierung die es verdient, freie Wahlen voraus gesetzt! UND " Wahlrecht gibt es nicht kostenlos, doch oft "umsonst!



    Doch die Wähler müssen auch das, was sie da zusammen wählen, verantworten & ausbaden!" :-)

  • Nun ja, wenn man ehrlich ist, ist der Anteil an Migranten in Ostdeutschland nicht sehr hoch.

    Umso verwunderlicher, dass es ein, dass Wahlkampfthema war.

    Andererseits wird dadurch weder die Wirtschaft in Thüringen noch in Sachen einbrechen, wenn mache, die ich gut verstehen kann, ihre Koffer packen.

  • Ob es gefällt oder nicht, aber die AfD würde so gesehen liefern was sie versprochen hat, ohne einen Finger krumm machen zu müssen… Weniger Ausländer…

  • Das bedeutet, dass viele Ossis politische Flüchtlinge werden. Und unter Flüchtlingen können auch vereinzelt extremistische Gewalttäter sein. Sind wir darauf vorbereitet?



    Nach 9 Jahren Flüchtlingskrise?

    Und überhaupt: ist Ostdeutschland ein sicheres Herkunftsland? Was sagt der Söder dazu? Und der Merz? Und kann man jetzt daraus schließen, dass Migration und Willkommenskultur endgültig gescheitert sind? Nach 35 Jahren Wiedervereinigung?

  • Die Ossis haben es so gewollt. Nochmal werden wir sie nicht vor dem Konkurs retten. Sollte einfach mal gesagt werden.

    • @vieldenker:

      Das ist nicht minder rassistisch als die Naziparolen der AFD, ausserdem riecht ihre Meinung nach Sippenhaft, ein Schandwerkzeug der Nazis...

    • @vieldenker:

      "DIE Ossis"(!), DIE AFD-Wähler, DIE Migranten - Schublade auf, Schublade zu, wir gehören zum Glück zu den Guten und freuen uns diebisch darauf, zu sehen, dass WIR Recht hatten und die anderen kaputtgehen. Dieses Ost-West-Denken ist genauso dämlich wie die Dummheit, die der Osthälfte Deutschlands hier unterstellt wird. Statt den Menschen zu empfehlen, "einfach zu gehen", am besten alle gleichzeitig, damit es einen ganz tollen Effekt hat und ähnlichem...kommt doch her!! Unterstützt uns doch hier!! Wenn's so einfach ist und ihr es ehrlich meint, dann hört auf, euch in Selbstgerechtigkeit zu suhlen, der Destruktion zuzuschauen und macht euch auf den Weg in die östlichen Bundesländer. Das wäre natürlich etwas unbequemer als aus der Ferne zu hetzen und gute Ratschläge zu geben, wäre aber vielleicht hilfreicher und wirksamer.

    • @vieldenker:

      ...ach, ich dachte wir lassen uns nicht mehr in Ost & West unterscheiden - auch wenn unsere Politiker es immer wieder versuchen...🤑

  • Und wie viele Menschen werden Deutschland verlassen, wenn sich nichts ändert, wenn die Anschläge zunehmen, die Infrastruktur der öffentlichen Hand weiter überlastet, bezahlbarer Wohnraum immer knapper wird, die Steuern für immer höhere Transferleistungen weiter erhöht werden ??

  • Nun, als dort Geborener habe ich schon vor JahrZEHNTen entschieden und das nicht wegen den Blauen sondern wegen der Union:

    Lieber Frei statt Sachsen.

  • Dann ist der komische Slogan "Wer D'land nicht liebt, soll..." durchaus umgesetzt. Ach ja, es gibt einen Film aus MX darüber, was in den USA alles sofort zusammenbrechen würde, wenn die billigen Arbeitskräfte aus dem Süden weg wären: "Un día sin Mexicanos" (Ein Tag ohne Mexikaner).

  • Ich würds machen, die Höckes beissen sich fest.



    Man muss seinen Instinkten trauen.



    Und die, die nicht wegkönnen, müssen sich um einander kümmern.

  • Kann es sein, dass das so ein inoffizieller strategischer Plan ist? Wir, die AfDler, ein bisschen auch die BSW-ler, machen den Nicht-von-hier-nicht-weiß-genug-Leuten das Leben so unangenehm, dass sie lieber freiwillig das Feld räumen? Und dann gehört ein Bundesland, 2 Bundesländer "uns" ... Und dann können wir erst richtig, Demokratie und Wessis sabotieren. Denn dann kriegen sie uns mit "ihren" Mitteln, Wahlen, gar nicht mehr weg?

    • @Monomi:

      > Kann es sein, dass das so ein



      > inoffizieller strategischer Plan ist?

      Dann wäre es ein ziemlich dummer Plan. Denn gehen kann, wer es sich leisten kann - das sind aber genau die, von denen selbst der vor Ressentiment triefendste AfD-ler wissen sollte, das Deutschland ohne sie völlig aufgeschmissen ist.

      Genau die, die sich die Braunen am dollsten wegwünschen, werden bleiben. Weil sie gar keine Wahl haben.

    • @Monomi:

      Ziemlich wilde Spekulationen, hört sich auch extrem nach VT an.

      Ich denke es geht den meisten Wählern und der Partei BSW darum, dass zu viele Migranten die Sozialsysteme belasten und die humanitäre Aufnahme nicht die Hilfsbedürftigsten trifft.



      Bei der AfD bin ich mit solchen Aussagen vorsichtiger, denn da geht es bestimmt nicht wenigen Parteimitgliedern tatsächlich um Rassismus und die bevorzugen weiße Menschen. Aber das pauschal auch über das BSW und die Wähler auszusagen geht gar nicht. Schubladendenken vom allerfeinsten.

      • @Nils Steding:

        Monomi hat die BSW-Fans ned eingeschubladet. ;)



        So als Ossi; stimme durchaus zu; Ethnolog*innen würden des wohl "toxischen Tribalismus" nennen *lol* .

      • @Nils Steding:

        Der BSW Sarah geht es ums recht haben und uns Bücher verkaufen. Sonst ist da nix.

  • Das dürfte im Sinne der AfD sein ...

    Und man muss sich bei einer Auswanderung aus Deutschland schon Fragen welches Land in Europa weniger Rechts ist. Fallen mir jetzt nicht so viele ein. Und dann muss das neue Land auch noch bereit sein einen aufzunehmen. Noch schwieriger...

    • @Franz Tom:

      Man muss ja nicht ins Ausland reisen, es reicht, wenn beispielsweise Pflege- und Krankenhauspersonal in andere Bundesländer zieht. Von heute auf morgen. Dort wird es sicher mit offenen Armen empfangen; bei uns z.B kann seit über einem Jahr eine neu gebaute und modernst ausgestattete Reha-Abteilung, angegliedert an ein Krankenhaus, mangels Personal nicht eröffnet werden.

      Gleiches gilt auch für andere Berufszweige und für internationale Konzerne, deren Mitarbeiter eben -wie es der Name sagt- international sind und nicht unbedingt in jedem Fall thüringisch oder sächsisch aussehen und alleine deshalb schon nicht ungefährdet auf die Straße gehen können.

      Aber das scheint das Ziel der AFD zu sein: Das Sozial- und Wirtschaftssystem zum Einsturz zu bringen. Nur ihre Wähler haben noch nicht verstanden, wie dreckig es ihnen dann gehen wird und meinen,



      wenn alle "Ausländer" weg sind kann man erstmal gemütlich in brauner Soße vor sich hinschmoren, alimentiert durch den Länderfinanzausgleich.

      Allerdings muss man dann neue Feindbilder suchen. Aber da wird der Geschichtslehrer sicher fündig werden, wenn er hundert Jahre zurückblättert: Kommunisten z.B. Und Juden.

  • Ich weiß, es ist eine Phantasie.



    Aber wenn diese Menschen mit Abwanderungsgedanken den Thüringern, Sachsen und anderen, v.a. aber den AfD -WählerInnen ein Zeichen zurück lassen wollen, dann gehen sie möglichst alle zum gleichen Zeitpunkt. Soziale Netzwerke (die diesen Namen DAFÜR auch einmal verdienen....;-)) könnten das organisieren. Die Pflegekräfte finden im Westen mit Leichtigkeit einen neuen Job, Wohnungen dürfte schwierig werden.



    Aber damit träte dort wo sie gehen der Effekt, was dann alles nicht mehr geht, in maximaler Deutlichkeit zu Tage.



    Und wir wissen alle: die AfD-WählerInnen werden sich um die frei gewordenen Jobs reißen....??? =8-)))

  • Satire?