piwik no script img

Sanierungsplan der Deutschen BahnWie schön wären wirklich neue Ideen

Nanja Boenisch
Kommentar von Nanja Boenisch

Die Bahn sollte nicht als oberstes Ziel rentabel sein müssen. Sie sollte kunden- und klimafreundlichen Verkehr ermöglichen, so weiträumig und preiswert wie möglich.

Bahnreisender am Hamburger Hauptbahnhof Foto: Chris Emil Janssen/imago

S o richtig überzeugt scheint kaum einer der Aufsichtsräte, wenn es um den Sanierungsplan der Deutschen Bahn geht. Und doch hat der Rat die Grundidee des Plans in seiner Sitzung am Dienstag abgesegnet. Jetzt muss die Führungsriege um Bahnchef Richard Lutz den Aufsehern bis Dezember noch genauer sagen, wie sie wieder auf Kurs kommen will.

Das bisherige Sanierungskonzept hat der Vorstand am Mittwoch mit dem Aufsichtsrat diskutiert und „S 3“ getauft. Es soll die DB in drei Jahren und in drei Feldern, in der Infrastruktur, im Betrieb und in finanzieller Hinsicht, fit machen. „Rentabilität ist oberstes Ziel“, steht laut der Süddeutschen Zeitung darin. 2023 machte der Konzern 2,4 Milliarden Euro Verlust, 2027 sollen 2 Milliarden als operativer Gewinn zu Buche stehen.

Also will Lutz sparen, zum Beispiel beim Personal, und allein bis 2027 bis zu 15.000 Stellen abbauen. Das sollen vor allem Jobs in der Verwaltung und im Vertrieb sein. Gewerkschaftsvertreter im Aufsichtsrat vermissen aber zu Recht das Versprechen, dass keine Stellen im Betrieb draufgehen. Außerdem will die Bahnspitze weniger Geld in den Fernverkehr stecken, der trotzdem wachsen soll. Sie will weniger in Reservezüge investieren, die bei extremen Verspätungen oder Ausfällen als Ersatz dienen, aber pünktlicher werden. Und sie will weniger Züge über Knotenpunkte fahren lassen, um Stau zu vermeiden – also Züge streichen.

Ob und wie genau das die gesamte DB in die schwarzen Zahlen zieht, ist unklar. Das merkte eben auch der Aufsichtsrat an und forderte Details. Wirklich schade ist doch aber, dass der Vorstand noch immer an der Idee festhält, der Sparkurs mache die Bahn pünktlicher, zuverlässiger, generell: besser. Vor fünf Jahren schmiedete er ähnliche Pläne für 2024. Die gingen nicht auf, im Gegenteil, im Juni kamen zum Beispiel weit weniger Fernzüge pünktlich an als erhofft.

Eine langfristige Finanzierung gibt es nicht

Jetzt sollen die Ziele einfach später erreicht werden, ohne einen echten Strategiewechsel. Verkehrsminister Volker Wissing ist optimistisch, schließlich gebe der Bund mehr Geld als noch vor fünf Jahren. Das stimmt. Doch eine langfristige Finanzierung, etwa einen haushaltsunabhängigen Fonds, gibt es nicht. Und das Geld hält den Vorstand offenbar nicht von Sparmaßnahmen ab, die ihm später nur auf die Füße fallen können.

Die Bahn sollte nicht als oberstes Ziel rentabel sein müssen. Sie sollte keine Verbindungen opfern, um auf dem Papier ein wirtschaftliches Unternehmen zu werden. Sie sollte kund:innen- und klimafreundlichen Verkehr ermöglichen, an so vielen Orten und so preiswert wie möglich. Vielleicht schafft es dieses – oberste – Ziel ja bis Dezember noch in das Gesamtprogramm.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Nanja Boenisch
Redakteurin
Schreibt im Ressort Wirtschaft und Umwelt über Mobilität und Verkehrswende.
Mehr zum Thema

17 Kommentare

 / 
  • Das Problem ist Herr Lutz und die obere Chefetage der DB AG zusammen mit Herrn Wissing aus der Porschepartei.



    Entweder man macht Politik für die Bahn (Schweiz, Österreich) und stellt an die Spitze des Konzerns einen Fachmann aus dem Bereich der Eisenbahn und keinen Finzanheini, der Millionenboni dafür bekommt, dass das sehr schlechte Ergebnis nicht noch schlechter ist. Das ist meiner Meinung nach einfach arrogant und pervers.

  • Die Presse sollte in erster Linie erstmal ihr tägliches Bashing gegenüber den Mitarbeitern der Deutschen Bahn einstellen. Diese Kampagne ist eine ziemliche Frechheit, ich arbeite in dem Unternehmen. Eine Kundenfreundlichkeit einzufordern aber tagtäglich den Mitarbeitern einen Schlag in die Fresse zu versetzen, ist ein Widerspruch. Benennen Sie die Politik beim Namen und hört mit diesen billigen Artikeln auf.

    • @Ast Ast:

      Also hier geht es explizit gegen den Plan des Vorstandes, der Bahn und den Mitarbeitern zu schaden.

      Wenn Sie also nicht zum Vorstand gehören, schlägt Ihnen hier niemand "in die Fresse", sondern man setzt sich für Sie ein.

      • @warum_denkt_keiner_nach?:

        Wissen Sie, warum die Bearbeitung für Anträge für Entschädigungen bei Zugverspätungen sich so verzögert ? Weil ca. 20 Prozent der Kunden falsch behaupten, sie hätten die Fahrt nicht angetreten um damit den vollen Fahrpreis erstattet zu bekommen. Stattdessen wurde die Zugbindung aufgehoben und die Kunden sind in den meisten Fällen sogar früher am Zielort angekommen. Die Korrektur erledigt keine KI. Die Deutsche Bahn verzögert auch nicht die Auszahlung, um mit dem Geld der Kunden Zinsen zu erwirtschaften. Nur mal ein kleiner Punkt der Korrektur 🙂

      • @warum_denkt_keiner_nach?:

        Die Mitarbeiter haben einen Tarifvertrag und der Vorstand sitzt nicht im Reisezentrum oder im Zug als Zugbegleiter. Ich könnte hier auch einen Artikel über die Kunden schreiben, über beleidigende E-Mails und Telefonate bis hin zu ständigen Versuchen, die DB übers Ohr zu hauen (mit Anträgen über Erstattung und der Behauptung, man sei die Reise nicht angetreten). Die Artikel helfen den Mitarbeitern nicht, sondern schaden extrem und wenn ich in dem Unternehmen arbeite und Sie nicht, können Sie nicht schreiben, es sei nicht so. Es schadet auch den Kunden, die sich in der Regel in der Abhängigkeit befinden.

        • @Ast Ast:

          Ich glaube Ihnen jedes Wort. Es gibt genug Kunden, die sich wie A....löcher benehmen. Nicht nur bei der Bahn.

          Aber wie gesagt, im Artikel geht es um Pläne des Vorstandes, die Situation noch schlimmer zu machen. Sie also noch mehr als Puffer zu verwenden.

          Statt den vorgesehen "Reformen", die übrigens auch ihren Job bedrohen, braucht es eine funktionierende Bahn. Dann wird auch Ihr Job leichter. Wir stehen also auf der selben Seite.

  • „Rentabilität ist oberstes Ziel“

    Die nächste Bauchlandung ist vorprogrammiert.

  • Die Bahn kann Züge auch über weniger frequentierte Strecken fahren lassen. Falsche Schlussfolgerung also hier:



    "Und sie will weniger Züge über Knotenpunkte fahren lassen, um Stau zu vermeiden – also Züge streichen." In Berlin z.B. über Gesundbrunnen statt auf der Stadtbahn, Halte in Frankfurt Süd statt am Hauptbahnhof, wieder ICE-Sprinter ohne Halt in Stuttgart.

  • Give it up!



    Das Problem heisst Kapitalismus und muss an der Wurzel bekämpft werden.

    Bis dahin gilt TINA 1dimensional

  • Wann spricht sich endlich herum, dass ein Staat die Daseinsvorsorge -- also auch die Bahn -- immer finanzieren kann, ganz ohne Steuererhöhungen oder Schulden?

    "Der Staat hat das Monopol auf seine Währung. Nur er darf Geld erzeugen. Und das bedeutet, dass er so viel Geld ausgeben kann, wie er braucht. Nur seine eigenen politischen Gesetze wie die Schuldenbremse oder die Defizitregeln des Stabilitäts- und Wachstumspakts hindern ihn daran." (Dirk Ehnts: " Ressourcen sind endlich, Geld ist es nicht")

    Eine natürliche Grenze für Staatsausgaben ist erst erreicht, wenn Vollbeschäftigung herrscht, dann würde ganz allmählich die Inflation anziehen. Aber von Vollbeschäftigung sind wir leider Lichtjahre entfernt.

    • @Wolfgang Amadeus:

      "Der Staat hat das Monopol auf seine Währung. Nur er darf Geld erzeugen."



      So ein Blödsinn. So etwas wie Geld entsteht aus den Notwendigkeiten des Warenverkehrs. "Der Staat" kann nicht mehr tun, als eine Währung anzubieten!



      Und wenn ein Staat "seine" Währung herunterwirtschaftet, will sie keiner mehr haben, und es wird auf andere Währungen ausgewichen. Das muss nicht unbedingt der Dollar o.ä. sein; z.B. gab es in der Schwarzmarktzeit nach dem 2. Weltkrieg die "Stangenwährung": Eine Stange Zigaretten galt da als allgemein anerkanntes Tausch-, Zahlungs- und Wertaufbewahrungsmittel...

      • @sollndas:

        Deshalb sind Steuern ja so wichtig, obwohl sie den Staat nicht finanzieren. Sie sorgen u.a für eine allgemeine Akzeptanz der staatlichen Währung. Sonst wären wir ja permanent mit dem Handel von Währungen beschäftigt.

        • @Wolfgang Amadeus:

          "Sonst wären wir ja permanent mit dem Handel von Währungen beschäftigt."



          Muhahahaha. Sind "wir" doch schon. Bekanntlich steckt in der Währungsspekulation weltweit ca. die zehnfache Geldmenge, die für den Warenaustausch erforderlich ist...

          • @sollndas:

            Oh mann... Ich meine natürlich, wir alle. Wir wären dazu gezwungen, weil jeder Supermarkt, jede Autowerkstatt irgendeine beliebige Währung verlangen könnte.

  • "Die Bahn sollte nicht als oberstes Ziel rentabel sein müssen"

    Der ÖPNV ist entweder rentabel oder gut.

    Rentabel ist dieser nämlich nur in Ballungszentren es wird aber auch eine vernünftige Lösung auf dem Land benötigt.

    Es kann nicht sein das es Dörfer gibt in denen der Zug einfach nicht mehr hält und durchfährt und dadurch nurnoch ein quasi Schulbuss fährt.

    Das Angebot muss massiv ausgebaut werden und der Fahrpreis sollte am besten einfach gleich gestrichen werden.

    Das hilft Verwaltungsaufwand zu sparen und entlastet ganz nebenbei auch das Justizsysthem.

    Ein kostenloser ÖPNV sollte natürlich auch kostenfreies W-lan haben und Lademöglichkeiten für Handies und andere Elektronik.

    Bevor von zu hohen Kosten schwadroniert wird sollte bedacht werden das es auch positive externe Effekte gibt.. auch monetäre.

    Ein guter ÖPNV finanziert sich indirekt selbst.

    Durch die entlastung im Wohnungsmarkt, die bessere Luftqualität, mehr Lebenszeit/ Qualitöt der Reisenden.

    Bahnhöfe sollten öffentliche Orte der Begegnung sein mit kostenfreien Sitzmöglichkeiten außerhalb von Caffees und Konsum.

    Generell braucht es mehr so Orte

  • Der Mehdorn ist auferstanden.

  • "Die Bahn sollte nicht als oberstes Ziel rentabel sein müssen.



    Sie sollte keine Verbindungen opfern, um auf dem Papier ein wirtschaftliches Unternehmen zu werden.



    Sie sollte kund:innen- und klimafreundlichen Verkehr ermöglichen, an so vielen Orten und so preiswert wie möglich. "

    Bestimmungsgemäß ist die Bahn nicht "die Linie 8, weiß-blau fährt ratternd durch die Stadt." Sondern wegen der zugelassenen Geschwindigkeiten ein naturgesetzlich gefährliches Verkehrsmittel, dessen Benutzung ein ganz besonderes Maß an Vertrauen bei den Benutzern verlangt. Denn Kunden und Mitarbeiter haben im Ggs. zu persönlich gehaltenen Verkehrsmitteln nicht die Möglichkeiten/Pflichten des Fahrzeughalters.Kunden und Mitarbeiter dürfen verlangen gesund anzukommen.



    Die Bahn ist ein gefährliches Verkehrsmittel, wenn man die Sicherheit nicht als Allererste nennt. Diese fehlt in der obigen Aufzählung.