Bundesregierung nach den Ostwahlen: Alles muss anders – ein bisschen

Die Wahl war ein Denkzettel für die Ampel, bundespolitische Themen bestimmten den Wahlkampf. Welche Schlüsse SPD, Grüne und FDP ziehen.

Fordert nun Konsequenzen: SPD-Parteichefin Saskia Esken Foto: Kay Nietfeld/dpa

BERLIN taz | Die SPD übt sich am Tag nach den Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen in Demut. Der Sonntag sei ein schwerer Tag für die Partei gewesen, sagt Parteichefin Saskia Esken im Berliner Willy-Brandt-Haus. „Es ist uns nicht gelungen die Herzen unser Wäh­le­r:in­nen zu erreichen und mit unserer Politik zu überzeugen.“

Dabei hat die SPD die Wahlen sogar noch mit einem blauen Auge überstanden. Sowohl in Sachsen als auch in Thüringen gelang ihr der Wiedereinzug in die Landtage, für die Regierungsbildung wird sie in beiden Ländern wohl unerlässlich sein. Zu verdanken hat die Partei das maßgeblich ihren Spit­zen­kan­di­da­t:in­nen vor Ort – Petra Köpping und Georg Maier, die für die Gratulationen nach Berlin gekommen sind. Die Blumensträuße hat man ihnen in der Parteizentrale vorsichtshalber schon vor der Pressekonferenz überreicht. Bloß nicht zu viel öffentlicher Triumph.

Für die Regierungspartner der Sozialdemokraten verlief dieser 1. September noch schmerzlicher. Die Grünen, gerade noch Regierungspartei, flogen in Erfurt aus dem Landtag. In Sachsen hievten sie sich knapp über die Fünfprozenthürde. Die FDP landete in beiden Ländern unter „ferner liefen“.

Diese Wahl war eine Ohrfeige für die gesamte Ampel. Das war auch vor Ort zu spüren. „Der Wahlkampf sei „völlig überlagert gewesen von geo- und bundespolitischen Themen“, berichten Köpping und Maier. Umfragen bestätigen das. Mehr als die Hälfte der Wäh­le­r:in­nen war der Ansicht, dass die Landtagswahlen eine gute Gelegenheit seien, der Bundesregierung einen Denkzettel zu verpassen. Ein Hauptkritikpunkt ist der Streit in der Ampel.

Neuer Streit vorprogrammiert

Auch die FDP machte für ihren eigenen Absturz das schlechte Image der Ampelkoalition verantwortlich. „Die FDP befindet sich in der Defensive als Teil einer Koalition, die bei den Bürgern äußerst unbeliebt ist“, sagte Parteichef Christian Lindner in Berlin. Gleichwohl will er an dem Bündnis festhalten.

Esken fordert nun Konsequenzen, und zwar auch von den Partnern. Man müsse stärker an einem Strang ziehen. „Die Durchstechereien und der Versuch, die eigene Agenda zu setzen, das muss aufhören.“ Gleichzeitig will sie SPD-Themen wie Soziales, Arbeit und Bildung in den Vordergrund stellen. Kompromissbereitschaft und Profilierung zugleich wird aber kaum möglich sein – zumal neuer Streit droht. Die SPD-Vorsitzende betonte auf Nachfrage, dass das bereits erarbeitete Demokratiefördergesetz, dass zivilgesellschaftliche Initiativen dauerhaft finanziell absichern soll, jetzt kommen müsse. „Das werden wir erstreiten.“ Die FDP hat bislang blockiert.

Dass es mit dem Gesetz vorangehe müsse, forderte auf Nachfrage auch Grünen-Chefin Ricarda Lang. „Wenn wir jetzt sagen, wir wollen diejenigen unterstützen, die sich gerade in Sachsen und Thüringen im ländlichen Raum für Demokratie einsetzen, tut man das nicht nur mit netten Worten“, sagte sie während einer Pressekonferenz in der Berliner Parteizentrale. Im Zentrum ihrer Wahlanalyse stand aber, dass die Politik den Menschen mehr „Stabilität“ bieten müsse.

Als entscheidenden Bereich sieht die Parteilinke einerseits die Soziale Sicherheit. „Das wird natürlich auch in den Haushaltsverhandlungen eine Rolle spielen“, sagte Lang, ohne auf konkrete Projekte einzugehen. Andererseits gehe es auch um die Innere Sicherheit. Hier bekannte sich Lang unter anderem zu den Ampelplänen aus der Vorwoche: Man müsse „Durchsetzungsprobleme, die es bei Abschiebungen gibt, endlich angehen“. Die zwischen den Koalitionsspitzen verabredeten Verschärfungen sind innerhalb der Grünen aber teils umstritten – mit dem Ampelstreit könnte es nach den Wahlen also auch hier schnell weitergehen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.

Ihren Kommentar hier eingeben