Einigung im Haushaltsstreit: Der Bundestag soll stopfen
Die Regierung hat lange debattiert und jetzt eine vermeintliche Lösung präsentiert. Doch im Etatplan 2025 gähnt eine Lücke von zwölf Milliarden Euro.
Die Regierung aus SPD, Grünen und FDP hat ihren Haushaltsstreit teilweise ungelöst an den Bundestag weitergereicht. Der entsprechende Beschluss wurde am Freitagnachmittag veröffentlicht. Immerhin können der Bundestag und der Bundesrat nun beginnen, über das Budget für 2025 zu beraten. Allerdings gähnt im Etatentwurf des Bundeskabinetts ein außergewöhnlich großes Loch: Es ist zwölf Milliarden Euro groß.
In den kommenden Verhandlungen zwischen September und Dezember werden die Haushaltspolitiker:innen des Bundestages versuchen, die Lücke zu schließen. Da sie knapp drei Prozent des insgesamt 477 Milliarden Euro umfassenden Entwurfs ausmacht, dürfte das allerdings kein leichtes Unterfangen werden. Die Erfahrung zeigt zwar, dass jedes Jahr ein paar Milliarden Euro übrig bleiben, eine gewisse Lücke zwischen zu niedrigen Einnahmen und zu hohen Ausgaben sich also von selbst schließt. Aber ein Loch in der Größe von zwölf Milliarden Euro verschwindet nicht von alleine.
Immerhin können sich Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) zugutehalten, dass die Lücke in ihrem ursprünglichen Entwurf Mitte Juli noch 17 Milliarden Euro betrug. Man hatte allerdings verabredet, den Fehlbetrag auf rund neun Milliarden Euro zu verringern, bevor das Zahlenwerk dem Bundestag zugeleitet würde. Dazu sollte juristisch geprüft werden, ob die Regierung ein paar Milliarden Euro von der öffentlichen KfW-Bank zurückholen und geplante Zuschüsse an die Bahn AG und die Autobahngesellschaft anders verbuchen könne.
Die Gutachten lagen Anfang August vor. Vor dem KfW-Geschäft warnten die Experten, bei der Autobahngesellschaft waren sie unterschiedlicher Ansicht. Es folgte ein öffentliches Hickhack zwischen Lindner und Scholz. Der Finanzminister meinte, das Autobahn-Geschäft sei zu risikoreich. Scholz hielt es für machbar. Trotzdem scheint Lindner sich jetzt durchgesetzt zu haben.
Das bekommt die Bahn:
So fand sich nur bei der Bahn AG eine Lösung, deren Details die Regierung am Freitag veröffentlichte. Statt eines Zuschusses aus dem Bundeshaushalt 2025 soll die Bahn zusätzliches Eigenkapital von 4,5 Milliarden Euro bekommen. Außerdem wird sie ein Darlehen erhalten. Beides soll unter anderem dazu dienen, Investitionen in die Sanierung der Schienenstränge zu bezahlen. Sowohl das Eigenkapital als auch das Darlehen soll der Bund durch neue Schulden finanzieren, die nach Überzeugung der Regierung aber nicht auf die Schuldenbremse angerechnet werden. Grund: Den Krediten steht ein Gegenwert in Form zusätzlicher Bundesanteile an der Bahn AG gegenüber.
Mit dieser Umdefinition des ursprünglich geplanten Zuschusses in Eigenkapital kann die Regierung das Haushaltsloch von 17 auf 12,5 Milliarden Euro verringern. Hinzu kommen zwei weitere kleinere Maßnahmen, die rund 500 Millionen Euro erbringen. So konnte man die Lücke auf zwölf Milliarden Euro senken, aber nicht auf neun Milliarden, wie Mitte Juli angepeilt.
„Zu politischer Einigung fehlt der Ampel die Kraft“, kommentierte der Unions-Vize-Fraktionschef Mathias Middelberg. Der Fehlbetrag sei doppelt so hoch wie jener unter der Vorgängerregierung. Christian Görke, Parlamentarischer Geschäftsführer der Linken im Bundestag, merkte an: „Die Ampel rettet sich mit Tricks in das letzte Jahr der Legislatur.“ Marcel Fratzscher, Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), kritisierte vor allem Finanzminister Lindner: „Bei diesem Vorgehen kommen erneut Zweifel auf, ob wirklich alle drei Ampelparteien einen erfolgreichen Abschluss des Bundeshaushalts 2025 wünschen oder ob sie die Arbeit der Bundesregierung unterminieren wollen.“
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