Deutschlandticket wird teurer: Bye-bye, billig Bahn fahren!
Der Preis fürs 49-Euro-Ticket steigt, wie viel, ist offen. Derweil zeigt eine neue Analyse: Es gibt zwar mehr Autos – aber weniger Verkehr.
![Blick aus einem fahrenden zug auf Gleise Blick aus einem fahrenden zug auf Gleise](/picture/7108078/624/49-Euro-Ticket-1.jpeg)
Laut einer Studie führte das D-Ticket dazu, dass 2023 mehr Strecken mit der Bahn zurückgelegt wurden als 2019 Foto:
Sebastian Wells/Ostkreuz
BERLIN taz | Das Deutschlandticket wird im nächsten Jahr teurer – wie sehr der Preis steigt, ist allerdings nach wie vor unklar. „Die Verkehrsministerinnen und Verkehrsminister der Länder sind sich einig, dass es im Jahr 2025 eine Erhöhung des Ticketpreises geben wird“, sagte Nordrhein-Westfalens Ressortchef Oliver Krischer (Grüne) nach einer Sonderkonferenz der Landesverkehrsminister:innen in Düsseldorf.
Die Details der Preiserhöhung wollen Krischer und seine Kolleg:innen auf ihrer nächsten regulären Konferenz im Herbst klären. 2024 werde der Preis nicht steigen, sagte der NRW-Verkehrsminister, „es wird bei dem Preis für 49 Euro bleiben“. Zumindest, wenn der Bund das bereits zugesagte Restgeld aus dem Jahr 2023 auf dieses Jahr überträgt.
Dafür ist eine Änderung des Regionalisierungsgesetzes nötig, das die Finanzierung des Nahverkehrs in den Bundesländern regelt. Das Bundeskabinett will sich damit kommende Woche befassen, sagte ein Sprecher von Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP).
Seit Monaten stand im Raum, dass das 49-Euro-Ticket ab 2025 mehr kosten würde. „Damit zerstört die Bundesregierung eines ihrer erfolgreichsten Projekte selbst“, kritisiert Bernd Riexinger, verkehrspolitischer Sprecher der Linken im Bundestag. Wenn mehr Leute vom Auto auf klimafreundliche Verkehrsmittel wie Bus und Bahn umsteigen sollen, müsse der Preis für das Deutschlandticket sinken.
Mehr Autos – aber weniger Autoverkehr
Bisher konnte das Deutschlandticket laut einer neuen Analyse immerhin einige Reisende und Pendler:innen von der Straße in den Nahverkehr holen. In Deutschland gab es 2023 84,7 Millionen Menschen und 49 Millionen zugelassene Autos – so viele wie nie zuvor. Trotzdem sei auf deutschen Straßen weniger Verkehr gewesen als 2019, vor dem Beginn der Coronapandemie. Ein Grund: die Einführung des 49-Euro-Tickets.
Das steht in dem Papier, das die Denkfabrik Agora Verkehrswende am Montag veröffentlicht hat. Die Analyse beruht auf einem Gutachten der Beratungsfirma KCW, die dafür Daten zum Verkehr auf Autobahnen und Bundesstraßen, zum öffentlichen Nah- und Fernverkehr, zum Rad- und Autoverkehr in einzelnen Städten ausgewertet hat.
Abgesehen vom Deutschlandticket habe vermutlich das Homeoffice dazu geführt, dass auf den Straßen weniger los war. Auf Autobahnen seien im letzten Jahr zum Beispiel 7 Prozent weniger Pkws unterwegs gewesen als 2019. In Großstädten wie Berlin, Hamburg und München habe die Verkehrsleistung teilweise noch deutlicher unter dem Vor-Corona-Niveau gelegen.
„Die Verkehrsdaten bringen einen weit verbreiteten Glaubenssatz der Verkehrspolitik ins Wanken“, sagt Wiebke Zimmer, stellvertretende Direktorin von Agora Verkehrswende. „Trotz leicht steigender Bevölkerungszahlen und einem stetig wachsenden Pkw-Bestand hat der Autoverkehr gegenüber 2019 abgenommen.“ Verkehrswachstum sei also „kein Naturgesetz“, betont Zimmer.
Wie viel Geld bekommen Bahn und Autobahn?
Das Bundesverkehrsministerium rechnet in seiner aktuellen Planung für die Verkehrsinfrastruktur damit, dass der Autoverkehr bis 2030 deutlich zunimmt. Umweltverbände kritisieren immer wieder, dass das Haus unter Volker Wissing mit dieser Rechnung Investitionen in neue Straßen rechtfertigt.
Im sogenannten Bundesverkehrswegeplan 2030 wird argumentiert: Wenn mehr Pkws fahren, würden die Straßen zu voll, deshalb brauche es neue Straßen. 133 Milliarden sind dort deshalb für Straßenprojekte veranschlagt – und nur 112 Milliarden Euro für die Schiene.
Um marode Gleise und heruntergekommene Bahnhöfe zu sanieren, wollte die Bundesregierung immerhin schon in diesem Jahr mehr Geld in die Bahninfrastruktur stecken als je zuvor. Welche Summen jetzt tatsächlich in die Bahn und in das deutsche Straßennetz fließen, ist unklar. In der vergangenen Woche einigte sich die Ampelkoalition auf einen Bundeshaushalt für das Jahr 2025.
Eine Mitteilung der Bundesregierung anlässlich der Einigung verspricht Investitionen in Schiene, Straße, Nahverkehr und digitale Infrastruktur. Innerhalb von vier Wochen soll geprüft werden, ob die Deutsche Bahn das zugesagte Geld über Darlehen bekommen könnte. Das Gleiche gilt für die bundeseigene Autobahn GmbH.
Schiene soll Vorrang haben
Laut der Analyse von Agora Verkehrswende müsse der Trend, dass die Menschen in Deutschland 2023 weniger Auto gefahren sind, nun politisch beschleunigt werden. „Knappe Haushaltsmittel für Verkehrsinfrastruktur sollten vorrangig in Verbesserungen des Schienenverkehrs investiert werden“, heißt es dort.
Es brauche ein größeres und besseres Angebot im öffentlichen Verkehr, fordert Philine Gaffron, Agora-Projektleiterin für Städtische Mobilität. Das Deutschlandticket habe dazu beigetragen, dass im letzten Jahr mehr Strecken mit der Regionalbahn oder dem Fernzug zurückgelegt wurden als 2019. Die Zahl der Fahrgäste im öffentlichen Verkehr habe jedoch unter dem Niveau vor der Pandemie gelegen – weniger Menschen legten also längere Strecken zurück.
Leser*innenkommentare
Sandra Becker
Es hat doch kaum einer das D-Ticket anstelle des Autos genutzt. Die meisten Käufer sind Pendler, die ne Menge Geld sparen, oder Freizeitfahrer. In meinem Bekanntenkreis gibt es keinen, der das Auto stehen gelassen hat wegen des Tickets.
Und für viele Landbewohner, bei denen der Bus 3x am Tag fährt, ist das eh keine Alternative. Das Auto braucht man eh, um zum Bahnhof zu kommen, dort kostet dann das Parken auch nochmal extra, + das D-Ticket. Dann kann man gleich mit dem Auto fahren.
Tz-B
Warum steht nicht jeden zweiten Tag ein Roter und ein Grüner irgendwo in der Presse und stellt die 5,5 Milliarden für Dienstwagen in Frage.
Wie immer wird unten gespart..danke Olaf
Aber nun, das werden die Porsche und Audi-Fahrer merken - dann werden die Straßen wieder voller und die Fahrzeiten länger.
Berglandraupe
Frei nach Trapattoni:
"Es gibt im Moment diese Staat, wo einige Politiker vergessenen Ihnen Profi; was sie sind!
Letzte Jahr hatten wir in Platz zwei Tickets, 9€ , 49€ Ticket.
Ein Passagier nicht ein Idiot.
Ein Passagier sehen was passieren im Preis!
Die neuen Preise sind schwach wie eine Flasche Leer!
Jetzt 49€ Ticket halbe voll!
Ich habe fertig."
HaMei
Die Politik versteht es einfach nicht, die Bahn als Alternative zum Kfz attraktiv zu platzieren. Für regelmäßige Pendler wird der Preisanstieg beim Deutschlandticket zwar ärgerlich, aber verkraftbar sein - im Vergleich zu vorherigen Abos dürfte es im allgemeinen immer noch günstiger sein.
Für potenzielle Gelegenheitsnutzer wie mich ist es ein Anreiz, die Investition Auto neu zu denken. Die Bahn ist im Gesamtpaket dem Individualverkehr einfach unterlegen. Pünktlichkeit, Preis, Komfort - im besten Fall liegt die Bahn gleichauf mit dem Auto. Im Regelfall ist sie wenigstens in den Punkten 2 und 3 unterlegen. Preislich eigentlich immer, wenn mehr als eine Person im Kfz sitzt, bezüglich des Komforts häufig, wenn Gepäck eine Rolle, denn das Auto bringt einen "von Tür zu Tür". Pünktlichkeit ist beim Auto nicht zwingend besser als bei der Bahn, aber wenigstens muss man allgemein keine Anschlüsse erreichen. So lange der Zugverkehr dermaßen schlecht im Vergleich abschneidet, sind Preiserhöhungen wirklich die letzte Maßnahme, die in Betract gezogen werden sollte.