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Volt in Hamburger Bezirksparlamenten„Durchaus ein Gesprächspartner“

Volt zog in fünf Hamburger Bezirksversammlungen ein und ist in dreien möglicher Koalitionspartner. Die Partei wirkt wie die kleine Schwester der Grünen.

Erfolgreicher Wahlkampf: Plakat der Volt-Partei an der Hamburger Binnenalster Foto: Hanno Bode/imago

Hamburg taz | Sie hätten nicht gedacht, dass sie in Hamburgs Bezirken so gut ankommen, sagt Kira Junge, die Landesvorsitzende der Volt-Partei. „Wir haben in allen Bezirken unsere gesetzten Ziele übertroffen.“ Der 2019 gegründete Landesverband der europaweiten Partei hatte vor Kurzem in Hamburg noch unter 200 Mitglieder. Dort, wo es Ortsgruppen gab, um ein Programm und eine Liste für die Bezirkswahl am 9. Juni aufzustellen, sei das geschehen. Mit Erfolg: In Eimsbüttel, Nord, Altona, Harburg und Mitte kam die Partei über fünf Prozent.

Das ist spannend, weil nun gleich in fünf Bezirksparlamenten neben SPD, CDU, Grünen, Linken, FDP und AfD eine siebte Partei sitzt und die Mehrheitsbildung komplizierter wird. In Nord und Eimsbüttel reicht es von den Sitzen her für Rot-Grün, in Mitte, Harburg und Altona nicht.

In Mitte zum Beispiel bildeten zuletzt SPD, CDU und FDP eine Koalition, die nun zu wenig Sitze hat. Denkbar wäre nun ein rot-grünes Bündnis mit Volt. Die kleine Partei hat mit drei Sitzen auch den für eine Regierungsbeteiligung nötigen Fraktionsstatus. „Der Ball liegt hier bei der SPD als Wahlsiegerin in Mitte“, sagt die grüne Kreis­chefin Lena Zagst, „aber für uns ist Volt durchaus ein Gesprächspartner.“

Volt sei keine Abkürzung, sagt Kira Junge. Die Partei trage den Namen, weil man einen suchte, der in allen EU-Sprachen gesprochen werden kann und „noch politisch unbesetzt ist“. Das Motto sei „pragmatisch, progressiv und paneuropäisch“. Und da die Partei pragmatisch-konstruktiv sei, sei sie auch offen für Gespräche mit den anderen Parteien, die sich „in verschiedenen Stadi“ befänden.

Volt fordert eine City-Maut für Autos, mehr Fahrrad-Routen und Superblocks

In Nord seien es mehr Kennenlerngespräche, da es ja für Rot-Grün reiche. In Mitte müsse man viel sortieren, um eine Lösung zu finden. Und in Altona sei es der Bezirk gewöhnt, mit wechselnden Mehrheiten zu arbeiten. Da wären Vereinbarungen zu Themen denkbar wie Radverkehr.

Im Europaparlament trat Volt der grünen Fraktion Freie Europäische Allianz (EFA) bei. Zur Frage, wie sie sich von den Grünen unterscheiden, sagt Junge: „Wir setzen uns noch stärker für ambitionierte Ziele bei Klimaschutz und Umweltschutz ein.“ Den Vorwurf der Abgehobenheit weist sie zurück. Sie selbst sei Ingenieurin und komme aus einer Arbeiterfamilie. Die Partei habe viele IT-Spezialisten, repräsentiere aber ansonsten mit Berufen wie Lehrer, Sozialarbeiter oder Gastronom den Durchschnitt der Menschen.

Ein Ziel sei, mit Hilfe der Digitalisierung schneller die Bürokratie abzubauen und die Mitbestimmung zu verbessern. Die Partei treffe klarere Aussagen zur Migrationspolitik als die Grünen, sei für eine menschliche Behandlung aller Menschen. Gegenüber der Linkspartei unterscheide sie sich in der Haltung zum Ukraine-Krieg: „Wie bekennen uns klar zur Nato und Waffenlieferung an die Ukraine.“ Bei der Höhe des Mindestlohns sei die Linke „deutlich ambitionierter“. Laut Website distanziert sich die Partei von Rechtsextremismus und Linksextremismus.

In Hamburg fordert Volt eine City-Maut für Autos, mehr Fahrrad-Routen wie in Kopenhagen, den Rückbau von Parkplätzen und Superblocks als verkehrsberuhigte Zonen. Vieles wirkt so, als melde sich die kleine Schwester der Grünen zu Wort. Beim Thema Nahverkehr bemängelt sie den zu langsamen Ausbau von U- und S-Bahn und bringt die Prüfung einer Alternative ins Spiel.

Kleingärten sollen bleiben

Auf das Thema Straßenbahn angesprochen, sagt Junge: „Wir sind technologieoffen.“ Explizit erwähnt wird aber eine Ring-S-Bahn im Norden Hamburgs auf der Strecke der heutigen Güterbahn.

In den Programmen gibt es örtliche Spezifika. Im Bezirk Harburg etwa sollen keine weiteren Kleingärten zu Industriegebiet werden und der Stadtteil Moorburg soll endlich nicht mehr als Hafenerweiterungsgebiet gelten. In Eimsbüttel soll zwar Wohnungsbau durch größere Projekte wie die „Neue Mitte Stellingen“ gefördert werden.

Flughafen soll leiser werden

Zugleich solle aber auf Bedenken wegen als zu stark empfundener Verdichtung durch „Rücksichtnahme und überzeugende Beteiligungsverfahren“ eingegangen werden. An anderer Stelle ist von „Dominanz der Oberbaudirektion“ die Rede, die verringert werden soll.

Im Bezirk Nord soll der Flughafen schneller leise und ein „Forschungs-Hub für emissionsfreies und geräuscharmes Fliegen“ werden. In Altona macht sich Volt für den Ausbau von ­Velorouten stark und für Fahrradbrücken nach Vorbild von Kopenhagens Cykelslangen.

Landeschefin Junge, die der Partei im Duo mit Jacob Schoo vorsteht, führt den Erfolg darauf zurück, dass es mit diesen Programmen gelungen sei, den Nerv zu treffen. Zwar ist die Zustimmung mit neun Prozent bei den Jungwählern am höchsten, doch an den Wahlständen hätten sich auch Ältere interessiert. Eine Analyse der Wählerströme gibt es im September.

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10 Kommentare

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  • Erstmal kling Volt gut, die scheinen kompetent und lösungsorientiert zu sein, nur wie diese Partei wirklich ist, wie sie sich auf Dauer entwickelt, weiß niemand.

    Dass sie ohne große politische Erfahrung daher kommen, fällt nicht auf.

    Man arbeitet dann mit absoluten Anfängern zusammen, wenn man sie in Koalitionen holt.

    Das würde autormatisch zu einem extremen Vorteil der bereits etablierten Parteien werden. Da Volt nur oberflächlich das Politikgeschäft versteht, würden sie mit extremen Zeitvolumen kämpfen, die sie benötigen würden, um zwischen Basis und Mandatsträgern die Verbindung herzustellen.

    Und Volt will in Berlin die Verwaltung der Stadt a la McKinnsey modernisieren,, das würde praktisch bedeuten, dass 40 Stunden Plus dort gearbeitet werden müsste, um die Aufgaben zu schaffen, dazu müsste der Beamtenstatus radikal und schnell abgeschafft werden, um Krankmacher sofort zu entlassen. Das würde Volt machen.

    Dass sie einen gewaltigen Konflikt mit Gewerkschaften und Beamtenbund hätten, bewegt Volt nicht. Es ist eine radikale Partei, sonst könnten die Leute eben zu den Grünen gehen oder bei der SPD rumhängen.

    Es ist nicht alles Gold, was glänzt, noch leuchtet Volt...

    • @Andreas_2020:

      Besser Volt als die AfD in der Regierung.

      »Und Volt will in Berlin die Verwaltung der Stadt a la McKinnsey modernisieren« Ist das so, oder nur Deine Behauptung?



      Quelle hast Du sicherlich dafür?

      »das würde praktisch bedeuten, dass 40 Stunden Plus dort gearbeitet werden müsste, um die Aufgaben zu schaffen«



      Ist das nicht mehr Deine Schlussfolgerung basierend auf Deiner Behauptung?



      Alternativ könnte man auch das Personal aufstocken.



      »dazu müsste der Beamtenstatus radikal und schnell abgeschafft werden« Geht hier Dein Zirkelschluss weiter?



      Im Übrigen, was wäre so verkehrt daran, die Beamtenrepublik (s. Andy Grotes »Gefolgschaft« oder der Landrat aus dem Ahrtal) etwas zurecht zu stutzen?

      »um Krankmacher sofort zu entlassen.« Was ist dagegen einzuwenden Menschen, welche nicht krank sind, es aber vorgeben zu sein, um zu Hause zu bleiben, fristlos zu feuern? Ist das nicht ein unsolidarisches Verhalten gegenüber sowohl den arbeitenden Kollegen wie auch den tatsächlich Kranken?

      • @Radium:

        Das stand in der Taz Berlinteil

  • Ich hätte sie gewählt, wenn sie nicht alle, die sie nicht wählen, als "Arschloch" bezeichnet hätten.

    • @Christ:

      Wer lesen kann ist klar im Vorteil ! 🤓



      Auf den Plakaten stand klar, dass man nicht rechtsextrem wählen soll - darauf bezog sich das "Sei kein Arschloch".



      Im Übrigen bewundere ich Ihre fundierte Wahlentscheidung...! 🙄

    • @Christ:

      Haben sie ja nicht. Das ist Ihre Interpretation.

  • Gut dass es Volt gibt und Druck auf die Grünen ausgeübt wird, die kein Konzept haben, um den motorisierten Verkehr in einem überschaubaren Zeitraum aus der Stadt zu drängen.







    In Hamburg hat der Auto- und LKW-Verkehr durch Pender sogar massiv zugenommen, trotz der Grünen in der Regierung.

    Umweltsenator Kerstan rechnet sich die Zahlen schön. Keine kraftvollle Initiative für Tempo 30 in der ganzen Stadt.



    Die verknöcherte SPD verhindert jeden Fortschritt im Verkehr.



    Beispiel:



    Der Umbau der Osterstraße - im Herz der grünen Wählerschaft - ist eine einzige Mogelpackung. Der massive Verkehr drängt sich nun auf einer Spur, Fußgängerübergänge, die die Straße teilen und nur Fußgängern gehören, werden regelmäßig von Lieferfahrzeugen zu geparkt.



    Die Polizei toleriert das Ganze, was die Absurdität der ganzen Planung zeigt. Auch Fahrradstreifen werden dort regelmäßig zugeparkt. Elterntaxis überall.



    Die Grünen haben nicht den politischen Mut, dem motorisierten Verkehr den Kampf anzusagen und schufen mit der SPD viele faule Kompromisse.

    Es braucht Volt, damit Grüne nicht weiterhin faule Kompromisse im Verkehr und beim Klimaschutz mit der ignoranten SPD machen.

    • @Lindenberg:

      Das ist eine optimistische Sicht auf Volt. Kommunalpolitik erfordert auch Übung und es müssten am Ende ja Kompromisse gemacht werden. Deswegen könnte das zu einem Weiter-So mutieren. Volt müsste erstmal in der Lage sein, den Behörden vorzumachen, wie es anders geht, sich sachlich profilieren. Das haben neue Parteien in Hamburg selten vermocht, selbst die GAL ist sehr spartenreich (Moorfleet, AKW-Bewegung etc.) gestartet. Und Volt ist eine Partei ohne größere Basis, gibt nur sehr wenige Mitglieder, die Personaldecke ist nicht dünn, sie ist kaum da. Die Partei könnte schnell unter Volllast sein und dann zerfallen.

    • @Lindenberg:

      »Die Polizei toleriert das Ganze, was die Absurdität der ganzen Planung zeigt. Auch Fahrradstreifen werden dort regelmäßig zugeparkt. Elterntaxis überall.«

      Du weißt aber schon, wer in Hamburg Innensenator und damit Chef der Polizei ist?



      Was erwartest Du von einem Menschen, der seine eigene Beförderung (verbotenerweise) in einem Lokal feiert, während er gleichzeitig Herr über jene Leute ist, die darauf achten sollen, dass das gemeine Volk eben nicht feiert?



      So geschehen während der Pandemie in Hamburg. Aber wenn man in Hamburg eben bestens vernetzt ist, dann passiert einem auch nach mehreren Affären nichts, denn der Staatsanwalt ermittelt erst gar nicht.



      taz.de/Nach-Verdac...eilnahme/!5888165/

      Was erwartest Du von einer »grünen« Partei, die ihre eigene Fraktion »kalt gestellt« wird, weil es der Koalitionspartner so will?



      Du weißt warum sie »abberufen« wurde?



      taz.de/Hamburger-G...klaerung/!5929804/

  • Tja, bei unseren etablierten Politdinosauriern dürfte sich erst etwas bewegen, wenn die Spannung stimmt.



    Zeit und Erfahrung zum Lernen aus den Fehlern der Piraten haben sie hoffentlich.

    In diesem Sinne viel Erfolg!