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Nationalpark in NRW abgelehntNur noch ein kleiner Wald im Rennen

In Paderborn und Höxter wird kein Nationalpark eingerichtet. Was Gegner des Schutzgebiets sagen, sei schlicht falsch, so die Befürworter.

Kein zweiter Nationalpark in in NRW Sicht? Ein Ranger im Nationalpark Eifel Foto: Oliver Berg/dpa

Berlin taz | In Ostwestfalen wird es vorerst keinen Nationalpark geben. Die Bevölkerung in den Landkreisen Paderborn und Höxter hat mit jeweils deutlicher Mehrheit gegen eine Bewerbung für solch ein streng geschütztes Naturschutzgebiet beim Land NRW gestimmt.

In ihrem Koalitionsvertrag hatte die schwarz-grüne Landesregierung festgelegt, dass sie neben der Eifel einen zweiten Nationalpark einrichten will, findet dafür aber keine Flächen. Nach der Ablehnung im Nordosten NRWs ist nur noch ein kleineres Waldgebiet am Niederrhein im Rennen.

„Die größte Gewinnerin ist hier die Demokratie“, kommentierte der Paderborner Landrat Christoph Rüther am Montag das Ergebnis der Abstimmung. „Die Menschen haben ihre Chance genutzt und ihre Meinung kundgetan. Und das ist, gerade in diesen Zeiten, ein tolles Signal.“

Die Autorin Tanja Busse, die aus der Gegend kommt und sich für den Nationalpark eingesetzt hatte, sieht einen „Sieg der Desinformation“. Die sehr konservative CDU vor Ort habe in ihrer Kampagne mit unwahren Behauptungen gearbeitet.

Die Menschen hätten geglaubt, ihre Wanderwege würden gesperrt und die Landwirte müssten wegen angeblicher Pufferzonen ihre Höfe aufgeben. „Das hatten wir in einem offenen Brief beklagt“, sagt sie, „doch ohne Erfolg.“ Die Entscheidung sei „sicher nicht im langfristigen Interesse der Anwohner“. Denn nun sei das vom Fichtensterben gebeutelte Waldgebiet beispielsweise nicht vor Windparks geschützt.

„Herber Rückschlag für die Natur“

„Für die Natur ist die Ablehnung ein herber Rückschlag“, sagt der Biologe und Landschaftsplaner Günter Bockwinkel, der die Umweltverbände und Nationalpark-Befürworter fachlich beraten hatte. Die Chance auf Klima- und Artenschutz – also darauf, wilde Wälder und Moore in der Egge wieder herzustellen –, sei vertan worden.

Jörg Schlüter, der für die Grünen im Kreistag von Paderborn sitzt, gibt zu Bedenken: „Wir sind laut EU-Gesetz verpflichtet, Wildnisflächen in NRW auszuweisen.“ Irgendwann müsse man also wieder über das Thema diskutieren. Denkbar sei, dass das Land NRW seine ­Staatsforsten nicht mehr ­forstlich nutze – nur ohne das Vermarktungslabel Nationalpark.

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5 Kommentare

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  • Ein Nationalpark hätte die Gegend touristisch aufgewertet und gleichzeitig den Naturschutz gestärkt. Auf lange Sicht wäre das die klügste Entscheidung gewesen.

    Wenn es aber um Geld und Rendite geht, so lässt sich für einzelne mit Windkraft und Agrarwirtschaft mehr rausholen.

    In den konservativen Parteien CDU und FDP wird der Schutz von Natur und Umwelt als Investitionshindernis gesehen.

    Alle fachliche Beratung aus der Sicht der Biowissenschaften wird nicht nur konsequent ignoriert, sondern auch durch Desinformation und Kampagnen bekämpft.

    Die bitteree Erkenntnis ist, dass sich diese Entwicklung in den nächsten Jahren fortsetzen wird.

  • "Denn nun sei das vom Fichtensterben gebeutelte Waldgebiet beispielsweise nicht vor Windparks geschützt."

    So traurig die Entscheidung ist, aber: vielleicht wollen die Leute Windparks???

    Ich weiß, die Chance steht gering, aber könnte doch sein.

    • @Herma Huhn:

      Der Satz ist mir auch aufgefallen. Scheinbar kommt der Strom dann doch aus der Steckdose oder irgendwoher aus dem Netz. „Für die Natur ist die Ablehnung ein herber Rückschlag“. Nur dann, wenn man den Meschen nicht als Teil der Natur versteht. Die Leute in PB und HX wollen aber mit der Natur leben und nicht ausgegrenzt werden. Mit der Natur leben heißt auch sie zu nutzen, z.B. für Windparks. Der Satz "Denn nun sei das vom Fichtensterben gebeutelte Waldgebiet beispielsweise nicht vor Windparks geschützt." lässt daher tief blicken. 100% Forderungen statt Lösungen - nein danke.

  • Sachlich falsch:"Die Bevölkerung in den Landkreisen Paderborn und Höxter hat mit jeweils deutlicher Mehrheit gegen eine Bewerbung..gestimmt". Von den abgegebenen Stimmen der Wahlberechtigten waren in Höxter 66,3 und in Paderborn 55,1% dagegen.



    Im Kreis Paderborn hat die Mehrheit von 52,5% kein Kreuzchen gemacht.



    Klar, für die Natur ein Rückschlag.



    Die Gewinne in der Land- und Forstwirtschaft sind langfristig niedrig und es sind immer wieder große Investitionen nötig.



    Auch unter den LandwirtInnen und Waldbauern gibt es eingefleischte Gegner der "Verspargelung", aber was die Betreiber der WKA im Jahr für ziemlich kleine Landflächen zahlen, ist unglaublich verlockend.

  • In der Südwestpfalz sollte vor einigen Jahren der deutsche Teil des Biosphärenreservats Pfalzerwald-Nordvogesen zum Nationalpark aufgewertet werden. Der Landrat war begeistert, viele Bewohner dort nicht, die wären dann in die sogenannte Kernzone des Nationalparks gefallen. Kernzone heißt, Natur hat absoluten Vorrang, so wenig menschliches Eingreifen wie möglich. Für die Leute dort eine Katastrophe, große Proteste, der Nationalpark wurde abgeblasen, und der Landrat ist inzwischen auch weg. Vielleicht sollte man Nationalparks nur dort ausweisen, wo keine Leute wohnen. Und wenn das im dicht besiedelten Deutschland nur in kleinen Räumen möglich ist, kann man halt nur kleine Nationalparks oder kleine Nationalparkkernzonen ausrichten.