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Ältere Mütter, schlauere KinderGute Mathenoten für alle!

Emma Tries
Kommentar von Emma Tries

Ältere Mütter haben Kinder mit besseren kognitiven Fähigkeiten, so eine neue Studie. Das Problem: Frauen können sich Kinder oft erst später leisten.

Bei Studien sollte man immer genauer hingucken Foto: Geraldine Haas/plainpicture

E s gibt Studien, die machen gute Laune. Nicht selten werden sie einem in Form von Posts in den Social-Media-Feed gespült und geben einem ein sicheres Gefühl bezüglich der eigenen bedenklichen Lebensentscheidungen: „Wer spät ins Bett geht, ist intelligenter“ oder „Rotwein ist gut fürs Herz“. Das funktioniert besonders dann, wenn man sich die Studie hinterm Post nicht genauer durchliest.

Eine weitere Lebensentscheidung, die gesellschaftlich immer noch als bedenklich eingestuft wird, ist es, spät Kinder zu bekommen: Folgen seien oft gesundheitliche Risiken und Ursache Egoismus der Mutter.

Auch hierzu gibt es jetzt die passende Studie: Das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BIB) hat herausgefunden, dass Kinder älterer Mütter besser in Mathematik abschneiden und eine höhere Sozialkompetenz aufweisen. Doch beim genaueren Hingucken zeigt sich, dass mehr dahintersteckt als eine Feel-Good-Studie. Sie zeigt nämlich, wie sozioökonomische Faktoren die Chancengleichheit beeinträchtigen und Frauen in ihrer Entscheidungsfreiheit einschränken.

Es sind natürlich keine biologischen Faktoren, die die Kinder älterer Mütter intelligenter machen. Ein höheres Alter der Mutter gehe oft mit einem höheren Abschluss und mehr Berufserfahrung und somit auch einem höheren Einkommen einher, heißt es in der Studie. So können Akademikerkinder meist von klein auf stärker gefördert werden. Das Ergebnis, dass Kinder älterer Mütter kognitiv besser abschneiden, ist dabei nur ein Symptom eines komplexeren Problems.

Bedürfnisse der Mutter beachten

Anstatt also den Teppich von hinten aufzurollen und sich auf die Unterschiede zwischen Kindern zu konzentrieren, ist es jetzt wichtig, die Aufmerksamkeit auf die Bedürfnisse der Mütter zu lenken. Die Frage, ob sie Kinder will, stellt sich fast jede Frau spätestens, wenn Freun­d:in­nen und Verwandte Kinder kriegen. Die Entscheidung ist dabei für potenzielle Mütter sehr viel komplexer als für potenzielle Väter. Es ist eine Entscheidung über Körper, Karriere, Finanzen und (Un-)Abhängigkeit.

Seit 1990 ist das durchschnittliche Alter von Müttern bei der Geburt ihres ersten Kindes laut Statistischem Bundesamt von 24,5 Jahren auf 30,8 Jahren gestiegen. Bei Müttern mit einem universitären Abschluss liegt der Durchschnitt sogar bei 32,5. Laut BIB seien durch einen „Wertewandel“ die persönlichen Freiheiten der Mütter relevanter und Kinderlosigkeit akzeptierter geworden. Das erleichtere das Aufschieben der Familiengründung.

Doch hier wird ein entscheidender Faktor ausgelassen: Kinder sind teuer. So teuer wie noch nie. 2018 gaben Eltern laut Statistischem Bundesamt im Schnitt 763 Euro im Monat für ein Kind aus, mittlerweile dürften die Zahlen aufgrund der Inflation deutlich gestiegen sein. Im Jahr 2013, waren es noch 660 Euro. Zwischen steigender Lebenshaltungskosten und nicht mitziehender Löhne können es sich Frauen häufig schlichtweg nicht mehr leisten, früher Kinder zu bekommen, auch wenn sie es gerne wollen.

Es muss eine individuelle Entscheidung bleiben

Hinzu kommt die immer noch schwerwiegende Unvereinbarkeit von Kind und Karriere, die Mütter häufig abhängig von ihren Part­ne­r:in­nen macht. Es ist also nicht verwunderlich, dass viele Frauen sich dafür entscheiden, Kinder erst zu bekommen, wenn sie sich finanziell abgesichert fühlen.

Das Problem daran ist nicht, dass Frauen sich dazu entscheiden, später Kinder zu kriegen. Es muss aber eben das bleiben – eine individuelle Entscheidung. Die derzeitige wirtschaftliche und gesellschaftliche Lage nimmt ihnen diese de facto ab.

Die Studie des BIB kommt zu dem Schluss, dass eine Empfehlung, Kinder später zu bekommen, nicht zielführend sei. Stattdessen sei es wichtig, junge Mütter finanziell und gesellschaftlich besser zu unterstützen. Das hat die Politik in den letzten Jahren massiv versäumt. Statt flexibleren Arbeitszeiten, umfassenden Betreuungsmöglichkeiten und einer gerechten Verteilung der Elternzeit zwischen Müttern und Vätern, fehlt die Familienstartzeit und die Kindergrundsicherung hängt in der Schwebe.

Die Stärkung der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Teilhabe von Frauen ist nicht nur für die Chancengleichheit von Kindern dringend notwendig. Nur so können Rahmenbedingungen geschaffen werden, durch die Frauen ihre Familienplanung selbstbestimmt und ohne wirtschaftlichen Druck gestalten können. Und wer Frauen stärkt, stärkt auch ihre Kinder – und gibt allen die Chance auf bessere Mathenoten.

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Emma Tries
schreibt gerne über soziale, feministische und queere Themen. Hat in Freiburg und Bergen Politikwissenschaft und Englisch studiert.
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3 Kommentare

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  • Mir scheint: Wir tun so als wäre alles planbar und als müsse alles stets sauber unserer Kontrolle unterliegen, erst Arbeit und stabilste aller Ehen mit perfektestem Partner, dann schönste und klügste Kinder mit feinster Förderung. Das erzeugt den Druck und die Angst und das Zaudern und es bringt all uns Expert:innen auf den Plan, die haufenweise Gründe finden, die noch mehr Druck machen.



    Sicherheit gibt es beim Kinderkriegen nicht, noch weniger als eh schon.



    Wenn ich mich in den letzten 25 Jahren in meinem weiten Umfeld und bei mir umsehe: Da sind die "geplanten" und die "ups, na, herzlich willkommen"en Kinder, frühe und späte und mittlere, im Studium geborene, alleinerziehend geborene, in der perfekten (später geschiedenen) Ehe geborene, ins Patchwork geborene und dolle geplante.... Ehrlich gesagt: Allet wurscht. Kinder kosten Geld, Zeit, Nerven und man wird sie nicht mehr los und alles ist anders. Tun wir doch mal nicht so, als wären wir bloß Kultur und nicht auch noch Biologie, wenn auch eingehegt.



    Weniger über die allerletzte noch notwendige Sicherung nachdenken und mehr Lässigkeit (zumal die echten Gefahren in unserer Gesellschaft doch nur verschwindend gering sind)

  • www.daserste.de/in...che-stadt-100.html



    Die Frage ist nicht nur was ein Kind kostet oder was man verdient. Sondern auch das Ganze Drumherum. Kurzum: Wohnungsbau und Miethöhe, Infrastruktur des Wohnumfelds, andere Familien mit Kindern, usw.

  • Die Ausgaben, die Eltern für ein Kind aufwenden sagen nichts über die tatsächlichen Kosten aus. Eltern kaufen mehr, als die Kinder einfach benötigen. Damit einher geht natürlich auch der Anstieg des Alters, den man möchte sich Kinder ja auch leisten können. Es ist also nicht unbedingt eine Frage der (zweifelsfrei) steigenden Kosten sondern eher (oder zumindest auch) das Bedürfnis der Eltern die Kinder so gut es geht zu verwöhnen. Wenn die Kinder dann am Ende besser rechnen können ist das doch ein nice-to-have.