piwik no script img

Nahost-Konflikt in BerlinSolidarität mit Frieda

Rund 150 Menschen demonstrieren in Berlin gegen die Schließung von zwei Mädchentreffs, deren Mit­ar­bei­te­r*in­nen sich propalästinensisch geäußert hatten.

Palästina-Solidarität als Kündigungsgrund: Dagegen regt sich in Berlin Protest Foto: Sebastian Gollnow/dpa

Berlin taz | Rund 150 Menschen haben sich am Montagmittag bei frühsommerlichem Wetter vor dem Rathaus Friedrichshain in der Frankfurter Allee getroffen. „Solidarität mit Frieda“, skandieren sie immer wieder. Auf Plakaten kritisieren sie die Schließung der Kinder- und Jugendeinrichtungen „Phantalisa“ und „Alia“ des Trägers Frieda Frauen*-Zentrums e.V..

Der CDU-Bezirksrat Max Kindler hatte in der vergangenen Woche die Schließung angeordnet, weil sich Mit­ar­bei­te­r*in­nen der beiden Einrichtungen an propalästinenischen Veranstaltungen beteiligt sowie auf Instagram entsprechend geäußert haben sollen. Einer Sozialarbeiterin wurde deswegen gekündigt. Kindler stützte sich bei seiner Entscheidung lediglich auf Presseberichte.

Seitdem reißt die Kritik nicht ab, wie die Kundgebung zeigt. Viele der Teil­neh­me­r*in­nen waren Sozialarbeiter*innen. Aufgerufen hatte ein spontan gegründetes Solidaritätsnetzwerk, das Aktionsbündnis für Palästinasolidarische Menschen „Solidarity.Network.Frieda“.

„Die Kündigungen des Arbeitsverhältnisses mit der Kollegin sowie der Leitungsverträge stellen einen massiven Angriff auf unser Berufsbild dar“, sagte ein Vertreter des Bündnisses. „Als Fachkräfte der Sozialen Arbeit müssen wir uns dagegen wehren, wenn mittels anonymer Denunziation, Verleumdung und Hetze unsere Einrichtungen, unsere Arbeitsverhältnisse und unsere Zielgruppen gefährdet werden“, so der Sozialarbeiter unter großen Applaus.

Kritik an Vereinnahmung des Konflikts

Zwei Ver­tre­te­r*in­nen des Berliner Migrationsrats verlasen einen Offenen Brief an die Bürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg Clara Herrmann (Grüne) und ihren Stellvertreter Oliver Nöll (Linke) sowie die Bezirksverordneten. „Gehen Sie Ihrer Verantwortung als politische Ent­schei­dungs­trä­ge­r*in­nen gegenüber den Fried­richs­hai­ne­r*in­nen und Kreuz­ber­ge­r*in­nen nach und korrigieren Sie die intransparente, fragwürdige und weit über den Bezirk hinaus gefährliche Entscheidung von Stadtrat Kindler“, heißt es darin. Die Schließung bedrohe „die ohnehin prekäre, aber systemrelevante Kinder- und Jugendarbeit im Bezirk“.

Doch es gab nicht nur Applaus. Eine Frau äußerte auch Kritik an den zahlreichen propalästinensischen Parolen und Symbolen auf der Kundgebung. „Ich bin aus Solidarität mit den beiden Einrichtungen und ihren Mit­ar­bei­te­r*in­nen auf der Kundgebung. Aber dazu brauche ich mich doch im Nahost-Konflikt nicht gleich auf einer Seite positionieren“, sagte sie.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • Ich bin erstaunt darüber, dass kaum ein journalistischer Beitrag darauf eingeht, um welche Personen es sich hier handelt. Also es geht ja um gut vernetzte, zum Teil seit vielen Jahren bekannte Aktivist*innen, die u.a. die "Alliance of Internationalist feminist" mitgegründet haben??!! Also sich seit Beginn ihrer 8. März-Demos positiv auf Leila Chaled, also die PFLP und Flugzeug-Entführungen, beziehen und die sexualisierte Gewalt an befreiten, israelischen Geiseln leugnen und als Propangada bezeichnen - weiß nicht ob solche Positionen so zuträglich sind, wenn man Mädchen und junge FLINTA auf dem Weg begleiten soll, mündige Bürger*innen in einer Demokratie zu werden.

  • Sofern die Arbeitsverträge der Mitarbeiter nicht eindeutig beinhalten, dass sie sich nicht politisch betätigen dürfen, sehe ich nicht wie die Kündigung zu rechtfertigen ist. Wenn die Dame strafrechtlich relevante Aussagen getroffen haben sollte, wäre in meinen Augen zunächst auch erstmal eine Suspendierung nötig bis eine Schuld/ Unschuld festgestellt wurde. Eine Kündigung nur aufgrund von Medienberichten durchzuführen ist allerdings schon sehr fraglich. Ich finde hier ist mehr Aufklärung nötig, darüber was denn überhaupt gesagt wurde und was denn mit propalästinensisch gemeint ist. Heutzutage bedeutet es ja schon für viele nur weil man Israels Siedlungspolitik oder die Art der Kriegsführung in Gaza kritisiert das man propalästinensisch ist und damit sofort auch antiisraelisch. Das man auch einfach für das Völkerrecht eintritt und gegen die Verletzung von Menschenrechten und Kriegsverbrechen ist, egal von wem begangen, wird da komplett übersehen. Zwei Kinder- und Jugendeinrichtungen gleich zu schließen, zeigt für mich eben auch die Imkompetenz der Regierung mit diesem Thema umzugehen. Statt erstmal dem Problem auf den Grund zu gehen, zu untersuchen was passiert ist, was gesagt wurde und das Gespräch zu suchen, eventuell einen Handlungsplan zu erstellen wie man mit diesem Thema in solchen Einrichtungen umgehen kann, aufklären und bilden kann kommt purer Reaktionismus. Wem ist damit jetzt geholfen? Hilft das bei der Bekämpfung von Antisemitismus? Welchen Eindruck vermittelt das Kindern? Es ist doch klar das auch bei ihnen der Konflikt Thema ist und das muss man adressieren. Die Schließung von solchen Treffs, die es sowieso zu wenig gibt, vermittelt Kindern jedenfalls den Eindruck das Diskussion nicht erlaubt ist und das ist einer Demokratie unwürdig.