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Israels Vergeltungsschlag gegen IranAbschreckung per Allianz

Kommentar von Susanne Knaul

Eine weitere Eskalation zwischen Israel und Iran scheint vorerst nicht zu befürchten zu sein. Nur für den Gazastreifen sind die Perspektiven düster.

Ein israelischer F-15 Kampfjet am 14. April 2024 Foto: Israel Defense Forces/Handout via reuters

V erdrehte Welt: Üblicherweise hält sich Israel bedeckt, wenn es feindliche Stellungen in Nachbarländern angreift. Bei den Drohnen über Isfahan hingegen kam diesmal umgehend die Ansage aus Jerusalem: Wir waren es. Und üblicherweise folgen auf israelische Angriffe – ob zugegeben oder mutmaßlich – Rachedrohungen auf dem Fuße. Diesmal spielt die Führung in Teheran die Attacke herunter.

Alles ist anders als sonst, und doch ergibt alles Sinn: Teheran signalisiert, dass der jüngste Schlagabtausch jetzt ad acta gelegt werden kann. Ein erneuter Vergeltungsschlag droht nicht, wobei man sich sicher der Frage widmen wird, wie es überhaupt zu einem Drohnenangriff vom eigenen Staatsgebiet kommen konnte, sollten sich entsprechende Berichte bewahrheiten. Jedenfalls ist die Hoffnung in Teheran, wie im Rest der Welt, dass es vorläufig nicht zu einer weiteren Eskalation im Nahen Osten kommen wird.

Noch ist nicht gesagt, dass sich Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu, der unter heftigem Druck seiner rechtsextremistischen Koalitionspartner steht, mit diesem einen Angriff zufriedengeben wird. Allzu großes Abschreckungspotenzial dürfte der Angriff nicht haben. Und dennoch spricht eine Reihe guter Gründe dafür, dass die Angelegenheit für Netanjahu damit vorerst erledigt ist.

An einem Zwei- und gar Dreifrontenkrieg – schaut man neben dem Gazastreifen noch auf die Grenze zum Libanon – kann Netanjahu nicht gelegen sein. Vor allem aber sollte er die mit dem iranischen Angriff auf Israel erneut und massiv wieder erwachte internationale Solidarität nicht aufs Spiel setzen. Für Israel hätte der jüngste Schlagabtausch kaum besser laufen können.

Grünes Licht für Rafah-Offensive

Hunderte Drohnen, Marschflugkörper und Raketen, mit denen Iran zum ersten Mal in der Geschichte der Islamischen Republik Israel angriff, richteten kaum Sachschaden an und verletzten nur einen Menschen. Die USA, Großbritannien und Frankreich halfen dabei, die Geschosse abzufangen, noch bevor sie Israel erreichten; offenbar schlugen sich aber auch Saudi-Arabien und Jordanien – wohlgemerkt ein Land, in dem PalästinenserInnen die Bevölkerungsmehrheit stellen – auf die Seite des Feindes vom Feind. Und das ausgerechnet in Zeiten wie diesen.

Berichten zufolge soll die Führung in Washington grünes Licht für die bislang so heftig umstrittene Bodenoffensive gegeben haben, die Israel in der Grenzstadt Rafah plant – im Gegenzug für die Vermeidung einer Verschärfung der Eskalation mit Iran. Die gemeinsame Front gegen die Mullahs in Teheran wiegt ganz offensichtlich schwerer als die Solidarität mit den vom Krieg geschundenen PalästinenserInnen im Gaza­streifen, für die sich ohnehin kaum noch jemand interessiert.

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Redakteurin Meinung
1961 in Berlin geboren und seit 2021 Redakteurin der Meinungsredaktion. Von 1999 bis 2019 taz-Nahostkorrespondentin in Israel und Palästina.
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21 Kommentare

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  • Dem Kommentar von Momo Bar kann ich nur zustimmen.

    Wo ist z. B. diese Meldung in den deutschen Medien?www.theguardian.co...ng-ivf-center-gaza

  • "mit den vom Krieg geschundenen PalästinenserInnen im Gaza­streifen, für die sich ohnehin kaum noch jemand interessiert."- Welche Rolle spielen denn die Medien, vor allem die deutschen Medien, das sich keiner interessiert? Viele Menschen waren sehr interessiert, aber es ist scheinbar nur möglich über ein Ereignis im Nahen Osten 24h am Tag in den letzten knapp zwei Wochen zu berichten. Komischerweise schafften es Medien anderer Länder trotzdem weiterhin über Gaza und das Westjordanland zu berichten. Mal abgesehen davon, das die Informationslage hier in Deutschland von Anfang an mehr als dürftig war, selbst den öffentlich rechtlichen kann man keine gute Note für diesen Mangel an Berichterstattung ausstellen. Wo andere Sender und Zeitungen wie z.B. CNN, BBC, Washington Post und The Guardian große Berichte hatten, Untersuchungen etc. und wirklich intensiv berichtet haben, auch die sehr schrecklichen Sachen, herrschte hier in Deutschland oft das große Schweigen und da stellt sich mir die Frage warum? Die Haaretz hat eine Menge guter Reportagen gemacht und investigativen Journalismus betrieben ebenso das +972 Magazine, man findet das hier in Deutschland auch... allerdings zu anderen Themen. Es wundert mich ehrlich gesagt nicht, das so viele Menschen hier in Deutschland kaum eine Vorstellung über das Ausmaß dieses Krieges haben und warum Kritik von allen Seiten kommt, sowie mittlerweile mehrere Anklagen und Untersuchungen laufen. Die BBC musste sich Fragen stellen lassen, weil sie nur den zweiten Anhörungstag vor dem IGH, als Israel sich verteidigt hat, vollständig übertragen hat und berichtet hat. Hier in Deutschland sollten sich die öffentlich rechtlichen die Frage gefallen lassen, wieso eine Berichterstattung darüber nur 5 Minuten wert war. Die Umsetzung des Bildungsauftrages sieht anders aus.

  • Mit einem Fortbestehen der Herrschaft der Hamas wäre allerdings auch den "geschundenen" PalästinenserInnen nicht geholfen.

  • Das ist eine F-15 auf dem Bild....

  • Nun es wäre auch möglich eine gemeinsame Front gegen die Mullahs zu festigen und der notleidenden palästinensischen Zivilbevölkerung beizustehen. Es wäre auch möglich die Hauptschuldigen zur Verantwortung zu ziehen, indem Katar die Hamasoberen an Israel ausliefert und es wäre auch möglich, dass der Westen seinen Einfluss auf die Türkei dazu nutzt, Erdogan klarzumachen das es sich bei der Hamas um keine "Widerstandsgruppe" handelt und es keine gute Idee ist Terroristen Gastrecht zu gewähren. Wäre alles machbar.

    Nur wer gibt den 35.000 Toten und 76.000 Verletzten Palästinensern eine Stimme? Wer weißt ihnen einen Weg in eine friedliche Zukunft?

    Und welche der Anrainerstaaten sind bereit das Existenzrecht Israels endgültig zu akzeptieren und es nicht nur als Zweckbündnis zu betrachten? Sicherheitsgarantien muss es auch für Israel geben, die Mindestanforderungen müssen sein das keine terroristischen oder militanten Gruppen mehr unterstützt oder finanziert werden.

    Auch den israelischen Opfern muss man eine Stimme geben und die Anrainerstaaten müssen ihr Gehör schenken und dann auch liefern.

    Ansonsten ist die im Artikel erwähnte Solidarität nur ein Lippenbekenntnis und nichts wert.

    • @Sam Spade:

      "Nun es wäre auch möglich eine gemeinsame Front gegen die Mullahs zu festigen und der notleidenden palästinensischen Zivilbevölkerung beizustehen. "

      Von welchen Mullahs sprechen Sie?

      "In einem separaten Vorfall ist ein fünfzigjähriger Krankenwagenfahrer in der Nähe eines Dorfes südlich der Stadt Nablus von israelische Schüssen getötet worden. Er war unterwegs, um Verletzte eines Angriffs durch gewalttätige jüdische Siedler abzuholen. (rtr)" taz.de/-Nachrichte...ostkrieg/!6005621/

      "Nur wer gibt den 35.000 Toten und 76.000 Verletzten Palästinensern eine Stimme? Wer weißt ihnen einen Weg in eine friedliche Zukunft?"

      Wenn man weiter mit den Hamas-Mullahs zusammenarbeitet, wie Netanjahu zuvor, dann wird das nichts. Am 16. Mai 2019 hat Netanjahu vor der Parlamentsfraktion seiner Partei erklärt: »Wer einen palästinensischen Staat verhindern will, muss die Hamas unterstützen und stärken.« ( www.zeit.de/2023/4...-hamas-ehud-olmert )

  • Es handelt sich um einen F 15 Kampfjet nicht F16 leicht an den Doppel Aitken zu unterscheiden

  • Die Palästinenser hatten ursprünglich eine Menge Sympathien in der Welt, aber da sie über Jahrzehnte konsequent jede Hand gebissen haben, die sie gefüttert hat, ist eben auch die Geduld der arabischen Brüder am Ende. Gaza erntet, was es 2006 gesät hat. Tragischerweise gilt auch hier: Kinder haften für ihre Eltern. Ich sehe keinen Weg, wie sich das aufhalten lässt. Was am 7. Oktober passiert ist, war weit schlimmer als ein Verbrechen - es war ein Fehler.

    • @Kurt Kraus:

      "aber da sie über Jahrzehnte konsequent jede Hand gebissen haben"

      Wann hat Israel angeboten, die illegalen Siedlungen im Westjordanland aufzulösen und einen Staat Pälästina zu unterstützen?

      Und in der aktuellen Hungersituation fällt mir zu ihrem Satz nur Zynismus ein: In die generös hingehaltene Hand wird hinein gebissen, weil man im Gaza an Hunger stirbt.

    • @Kurt Kraus:

      Die arabischen "Brüder" haben kein Problem mit dem Mangel an Demokratie im Gaza . Und sehr viel politische Unterstützung für ihre 2-Staaten´-Sache haben die Palästinenser aus der arabischen Welt nie bekommen. Das beschränkte sich auf ein wenig Geld und Lippenbekenntnisse. Warum glauben Sie, ist es die EU, sind es UN- und europäsische Hilfsorganisationen die den Gaza finanziell am stärksten unterstütz(t)en...?

  • "mit den vom Krieg geschundenen PalästinenserInnen im Gaza­streifen, für die sich ohnehin kaum noch jemand interessiert."

    Für die Araber in Gaza und der Westbank hat sich ohnehin noch nie irgendjemand interessiert. Also für die Menschen. Weder die arabischen Nachbarn, noch die eigenen Führer, noch aktuell die Hamas, der Iran, die UNO oder ihre diversen Unterorganisationen.

    • @BrendanB:

      Die Araber in den besetzten Gebieten heissen Palästinenser (man spricht ja gemeinhin auch nicht von den Slawen in Polen o.ä. - das ist, zumindest in diesem Kontext ein Verleugnen von Identität); übrigens fehlen in Ihrer Liste Israel, die USA und die angeblich um Menschenrechte besorgten EU-Staaten.

    • @BrendanB:

      Und auch nicht Israel!

      • @Sam Spade:

        Warum sollten die sich mehr interessieren als Ägypten, Jordanien oder Libanon?

        • @BrendanB:

          Nun immerhin hält Israel seit 1967 das Westjordanland besetzt. Zur Erinnerung: Völkerrechtlich betrachtet sind die israelischen Siedlungen im Westjordanland und Ost-Jerusalem illegal.

    • @BrendanB:

      Das ist so,leider.



      Wenn Israel jetzt seine Menschlichkeit zeigen würde, wäre das bestimmt ein Schritt zur Aussöhnung.

      • @MIA R.:

        Im Vergleich zur Hamas geht Israel sehr menschlich vor. Es ist ein großer Irrglaube anzunehmen, würde Israel den brennenden Hass auf der palästinensischen Seite nennenswert beschwichtigen können. So wie es immer schon nicht funktioniert hat, dass Juden dutrch ein wohlgefälliged Verhalten Mord, Verfolgung, Pogromen und Vernichtung könnten.

        • @BrendanB:

          Wir reden hier von mittlerweile 100.000 Toten und Verletzten. Von hungernden, traumatisierten und obdachlosen Kindern.

          Da sollte man schon auf seine Wortwahl achten und den Begriff "menschlich" in diesem Zusammenhang besseren nicht verwenden.

          Das ist eine Frage des Respekts und der Achtung menschlichen Lebens.

          Soviel Anstand sollte vorhanden sein, auch dann wenn man sich klar positioniert.

          Sorry, ich persönlich finde es geschmacklos und dumm so einen Vergleich aufzustellen.

        • @BrendanB:

          Ich bin auf der Seite der Israelis,immer.



          Das bedeutet aber nicht zu Handlungen zu schweigen, die unmenschliich sind.



          Jüdische Siedler und Soldaten vertreiben Menschen aus ihren Häusern schiessen auf sie.



          Das ist kriminell und muss bestraft werden.

          Die Reaktion auf den Hamasangriff verstehe ich zum Teil. Da ist erst einmal unbändige Wut.

          Jetzt muss sber ein anderer Weg eingeschlagen werden. Der Hamas die Grundlage entziehen.



          Helfen in grossen Umfang. Auch die Palästinenser müssten endlich handeln und begreifen, das diese Hamasmörder sie nur benutzen.

        • @BrendanB:

          13000 durch isr. Waffen getötete Kinder ist alles andere als menschlicher!

        • @BrendanB:

          Sie blenden sowohl den Kontext der israelischen Besatzungspolitik aus als auch die hinreichend dokumentierten Kriegsverbrechen und mittlerweile c. 35000 Toten (inklusive verhungerter Kinder!) auf palaestinensischer Seite - das als "sehr menschlich" zu bezeichnen ist purer Zynismus und zeugt von einer erschreckenden Verachtung fuer palaestinensische Leben. Es passt aber leider in ein hier in Europa tief verankertes Denkmuster. Haben Sie von dem Sepoys-Aufstand gehoert?