Abgeschwächtes EU-Lieferkettengesetz: Eine Idee, die Schule macht
Das europäische Lieferkettengesetz wurde zwar in einigen Punkten abgeschwächt. Dennoch wird die Regelung weltweit Standards setzen.
D ie EU-Lieferketten-Richtlinie wird die Lage vieler Menschen weltweit verbessern. Das ist die Hauptsache, auch wenn der jetzt gefundene Konsens der Mitgliedsstaaten den bisherigen Text in zentralen Punkten schwächt. Dennoch gewinnt dadurch der Schutz der sozialen und ökologischen Menschenrechte in der Wirtschaft im Vergleich zum augenblicklichen Zustand an Bedeutung.
Große europäische Unternehmen – auch ausländische, die hier Geschäfte machen – müssen sich künftig stärker selbst darum kümmern, dass die Beschäftigten ihrer weltweiten Zulieferer beispielsweise Mindestlöhne erhalten und die Arbeitssicherheit in den Fabriken gewährleistet ist. Für Schäden sind die Auftraggeber dann auch nach europäischem Recht haftbar und können von hiesigen Gerichten auf Schadensersatz verurteilt werden. Das ist ein großer Fortschritt. Was Europa als eine der drei wichtigsten Wirtschaftsregionen neben den USA und China jetzt regelt, wird weltweit Schule machen.
Um die Zustimmung der Mehrheit der EU-Mitglieder zu erhalten, wurde die Richtlinie auf den letzten Metern dennoch deutlich entkräftet. Während sie eigentlich für europäische Firmen ab 500 Beschäftigten gelten sollte, liegt die Untergrenze nun bei 1.000 Leuten. Auch der Mindestumsatz wurde erheblich angehoben. Und die Richtlinie tritt erst nach jahrelangen Übergangsfristen in Kraft.
Deutschland muss sein bereits existierendes Lieferkettengesetz nun in den kommenden Jahren an die schärfere EU-Haftungsregelung anpassen. Vorschriften, die im deutschen Gesetz strenger sind, können hingegen beibehalten werden.
Wobei auch vorstellbar erscheint, dass deutsche Unternehmen und ihre Verbände in manchen Punkten eine Abschwächung auf EU-Niveau durchzusetzen versuchen. Ohnehin kommt ihnen der EU-Konsenstext erheblich entgegen. Das ist der FDP, die die Richtlinie monatelang blockierte, immerhin gelungen. Verhindern konnte sie das Vorhaben jedoch nicht.
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen