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Teillegalisierung von CannabisUnion hofft auf Steinmeier

Der Bundespräsident soll das neue Cannabisgesetz aufhalten, fordert der CDU-Gesundheitspolitiker Tino Sorge. Lauterbach und Ramelow halten dagegen.

Rechter Kulturkampf: Die Union gibt sich alle Mühe, die Teillegalisierung von Cannabis doch noch zu verhindern Foto: Boris Roessler/dpa

Berlin dpa/afp/taz | Die Unionsfraktion im Bundestag hofft, dass sich das vom Bundesrat abgesegnete Cannabisgesetz der Ampelkoalition doch noch aufhalten lässt. Ihr gesundheitspolitischer Sprecher Tino Sorge appellierte an Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, es nicht zu unterzeichnen.

„Das Gesetz sollte nach der chaotischen Debatte der letzten Wochen vorerst gestoppt werden“, sagte der CDU-Politiker dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. „Wir appellieren an den Bundespräsidenten, das Cannabisgesetz nicht zu unterzeichnen“, so Sorge. Zu groß sei „die einstimmige Kritik sämtlicher Justiz- und Innenminister der Länder“.

Der Bundesrat hatte das vom Bundestag beschlossene Gesetz zur teilweisen Cannabis­legalisierung am Freitag passieren lassen. Die Union scheiterte mit ihrem Versuch, in der Länderkammer eine Mehrheit dafür zustande zu bringen, den Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat anzurufen.

Das hätte das vorgesehene Inkrafttreten des Gesetzes zum 1. April zunächst verhindert. Dieses erlaubt den Besitz und Anbau der Droge für Volljährige mit zahlreichen Vorgaben zum Eigenkonsum. Wenn Steinmeier das Gesetz unterzeichnet und es amtlich verkündet ist, kann die Reform am Ostermontag in Kraft treten.

Der Bundespräsident prüft Gesetze im Wesentlichen darauf, ob sie nach den Vorschriften des Grundgesetzes zustande gekommen sind. Ihm steht nach überwiegender juristischer Meinung daneben in engen Grenzen auch ein materielles Prüfungsrecht zu. Danach kann er die Unterschrift unter ein Gesetz verweigern, wenn dessen Inhalt ganz offensichtlich gegen das Grundgesetz verstößt.

Lauterbach und Ramelow verteidigen Teil-Liberalisierung

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) verteidigte die Teilliberalisierung. „Die jetzige Drogenpolitik ist auf jeden Fall bei Cannabis klar gescheitert“, sagte der SPD-Politiker am Freitagabend im WDR-Fernsehen. „Wir haben eine Verdopplung des Konsums bei den 18- bis 25-Jährigen, 50 Prozent mehr bei den 12- bis 17-Jährigen in den letzten zehn Jahren.“ Die Bundesregierung argumentiert unter anderem, dass die Liberalisierung den Schwarzmarkt zurückdrängen werde.

Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) sagte in Richtung der der unionsgeführten Länder, sie „sollten nicht den Eindruck erwecken, dass nun die Suchtgefahr wegen der Cannabis-Legalisierung steigt“. Die sei immer da gewesen. „Die Entkriminalisierung muss der Einstieg sein, dass wir uns um Suchtprävention kümmern und, dass wir den kriminellen Strukturen das Geschäftsfeld entziehen.“

Gleichzeitig forderte Ramelow eine bessere Beteiligung der Länder bei Gesetzgebungsverfahren durch den Bund – schließlich müssten sie diese vollziehen und umsetzen. „Wir erleben derzeit eine ziemlich rumpelige Beziehung zwischen Bund und Ländern – auch schon vor dem Cannabis-Gesetz“, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. „Das ist nicht gut.“

Die Länder klagen schon seit längerem, dass sich das Verhältnis zum Bund unter der Ampelkoalition deutlich verschlechtert habe.

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15 Kommentare

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  • Vaddern soll jetzt ne Ansage machen?



    Lächerlich.

  • Alkohol zerstört das Gehirn. Vielleicht hätte mal jemand die Politikerinnen und Politiker der Unionen darüber aufklären sollen, bevor es zu spät war und sie jetzt nur noch kompletten Schwachsinn labern.

  • Es sind ja grade keine Wahlen, aber wenn Wahlen wären, wäre die CDU für mich unwählbar. Aber sowas von momentan absolut total unwählbar!

  • Wie wird man als Jurist eigentlich "gesundheitspolitischer Sprecher"? Wo ist da die Expertise?

  • Die Grünen können nur völlig verwässert Gesetze durchsetzen und dürfen erleben, wie die sog. Koalitionspartner sich aus wahltaktischen Gründen nicht an Abspachen halten. Bei Bezahlkarte und beim Camabisgesetz zicken sie rum. Ausgerechnet da. Nicht mal Populismus können wir. Wie lange noch? 14% sind kein Regierungsauftrag. Eine echte Opposition braucht Deutschland. Keine AfD,!

  • Das eine oder andere wird novelliert werden.



    Wovor ich die Union warne, ist "Wolf" zu rufen, wenn das Thema nur ein Pudel ist.



    Bitte keinen Kultur-Kampf, wenn man in der Zeit auch harte Sachprobleme angehen könnte.

  • Die CDU will nicht vor dem Bundesverfassungsgericht klagen, weil sie selbst weiß, dass das Gesetz GG-konform ist.

    Verfassungswidrigkeit wäre aber der einzige Grund, mit dem Steinmeier die Unterschrift verweigern könnte.

    Insofern ruft die CDU hier, wenn sie das ernst meint, wissentlich zum Bruch der Verfassung durch den Bundespräsidenten auf.

  • Wie schön, die CDU in der Opposition zu wissen....laaaach

  • cDU / csu können sich nicht von ihrer gescheiterten Verbotspolitik lösen, einfach nur peinlich.

  • Das Verhalten der CDU ist albern.



    Selbst der Bundesrat hat zugestimmt und vom Bundespräsident ein Veto zu verlangen ist einfach nur kindisch und albern.

  • Von der angeblich "einstimmigen Kritik sämtlicher Justiz- und Innenminister der Länder" war im Bundesrat gar nichts zu sehen. Hat der Herr Sorge diesen Appell vielleicht unter dem Einfluss hochprozentiger Volksdrogen vefasst?

  • Wenn die CDU mal so viel Energie in konstruktive Politik stecken würde wie sie hier an den Tag legt könnte man vielleicht tatsächlich was erreichen. So hinterlässt sie keinen besonders guten Eindruck sondern leider nur den eines sehr schlechten Verlierers.

  • Ich bin da woanders drüber gestolpert; jedenfalls hat der BP Urlaub bis zum 02.04. und wird von Manuela Schweswig (Vorsitzende BR) vertreten. Kammer auf www.bundestag.de nachlesen.Ich geh mal davon aus, daß des Herr Sorge auch wusste, also hatter wissentlich den "Appell" falsch adressiert.

  • 6G
    608196 (Profil gelöscht)

    Seit Jahrzehnten verweigert die Union wissenschaftliche Studien zu Cannabis. Und beruft sich nun auf fehlende wissenschaftliche Erkenntnisse.



    In Kanada gibt es wissenschaftlich erfasste Erkenntnisse zu Cannabis und den Folgen einer gut gemachten Legalisierung.



    Die Union führt die in Holland nur duech Schwarzmarktlieferanten existente schlechte Duldung von Cannabis an.



    Die Union setzt zahllose Einschränkungen und bürokratische Hürden im CanGesetz durch und führt nun den bürokratischen Aufwand und die Kleinteiligkeit des Gesetzes an.



    Die Union beruft sich auf Tino Sorges Expertise. Der zu einem Alkoholverbot fpr Jugendliche sagte: Ein Alkoholverbot für Jugendliche wäre reiner Aktionismus. Besser Jugendliche trinken das erste Bier mit 14 mit den Eltern, als einen Vollrausch auf Parties zu bekommen.



    Alkohol tötet jedes Jahr über 70.000 Bundesbürger. Cannabis Null. Alkohol ist ein Nervengift. Cannabis ein Rauschmittel.



    Volkswirtschaftlicher Schaden durch Alkoholkonsum in Milliardenhöhe.



    Fazit: Unseriöser und unehrlicher als die Union kann man Politik nicht machen.



    Die Union ist ein rückständig und Machtgeil. Punkt.

  • CDU, wie ein kleines Kind das nicht damit zurecht kommt wenn demokratisch entschieden wird.