US-Staat gegen Pornhub: Geilheit blockiert
Im US-Bundesstaat Texas blockiert die größte Pornoplattform Pornhub ihre Seite für Besucher. Wird das im Wahljahr den Unmut der Wähler nach sich ziehen?
D er Ausdruck Average Joe meint in den USA einen durchschnittlichen Bürger: der US-amerikanische Max Mustermann sozusagen. Im Durchschnitt guckt dieser Bürger zwei bis drei Mal pro Woche Pornos. Und: Mehr als die Hälfte der Joes verbringt pro Besuch auf Pornoseiten weniger als fünf Minuten am Stück dort. In Texas sind all diese Durchschnittsangaben seit vergangener Woche schlagartig gen null gesunken.
Der Bundesstaat im Süden der USA ist jetzt nämlich weitestgehend pornofrei. Es ist der bisherige Höhepunkt einer politisch-juristischen Schlammschlacht zwischen Pornhub, dem weltweit größten Anbieter pornografischer Inhalte, und erzkonservativen Politiker*innen. Seit vergangenem Donnerstag hat Pornhub seine Dienste in Texas eingestellt. Der Porno-Anbieter reagierte damit auf ein neues Gesetz und ein Gerichtsurteil, die eine offizielle Altersüberprüfung für User*innen von Porno-Seiten vorschreiben, mit Personalausweis oder sonstigen offiziellen Dokumenten.
Im anonymen und schnelllebigen Netz nicht wirklich praktikabel. Zumindest die Texas-Joes gucken jetzt also in die Röhre – und könnten sich bei dieser Porno-Misere nun grundsätzliche politische Gedanken machen. Andere US-Bundesstaaten haben ähnliche Anti-Porno-Gesetze angekündigt, jüngst das ultrakonservativ regierte Oklahoma. Es stellt sich also die Frage: Wird der Porno-Frust des Average Joe die US-Präsidentschaftswahl dieses Jahr beeinflussen können?
Wer sich zumindest in Texas nun ein paar geile Videos reinziehen möchte, liest meistens eine Protest-Erklärung vom Pornhub-Mutterkonzern, zu dem auch Seiten wie YouPorn oder PornMD gehören. Darin wird das erklärte Ziel des texanischen Gesetzgebers infrage gestellt. Offiziell geht es den konservativen Politiker*innen um den Schutz von Minderjährigen, dieses Ziel unterschreiben auch linke oder liberale Gruppen. In konservativ geprägten US-Bundesstaaten wurde in den vergangenen Monaten der Kinderschutz aber als Argument genutzt, um in allen Bereichen des öffentlichen und privaten Lebens bestimmte Moralvorstellungen durchzusetzen.
Erzkonservative Gruppen, vor allem fundamentalistisch-christliche Organisationen und Eltern, sind auf dem Vormarsch. Sie wollen Abtreibungen gänzlich verbieten, haben in mehreren Bundesstaaten Dragshows aus dem öffentlichen Leben gedrängt, trans Menschen werden attackiert, Kunst und Kultur zensiert, queere Bücher zum Beispiel aus Bibliotheken verbannt. Queer-feministische Aktivist*innen gehen gegen diese Zensur und den Angriff von rechts auf die körperliche Selbstbestimmung auf die Straßen und ziehen vor Gericht. In Texas musste nun der Porno dran glauben. Ausgerechnet dieser Schritt könnte für den erzkonservativen Moralautoritarismus aber nach hinten losgehen.
Pornoseiten-Sperre betrifft auch Konservative
Verschiedene Studien besagen, dass bis zu 98 Prozent der Männer in den USA regelmäßig Pornos konsumieren, praktisch fast jeder Joe. Je nach Alter bis zu 60 Prozent der Frauen, immerhin mehr als die Hälfte der Jolenes. Rein statistisch betrachtet müsste also mit hoher Wahrscheinlichkeit der Pornokonsum auch unter texanischen Politiker*innen eine Rolle spielen – nicht als Gegenstand politischer Debatten, sondern als privates Vergnügen. Anders gesagt: Auch Konservative holen sich bei Videos mit Titeln wie „Quick Blowjob in the Office“ oder „MILF spanking him real good“ einen herunter.
Oder wegen des aktuellen Streiks von Pornhub eben nicht. Es gibt zwar technische Möglichkeiten, die Porno-Blockade für den sexy Feierband nach der Plenardebatte zu umgehen, zum Beispiel mit der Nutzung einer anonymen Netzwerkverbindung, die den Standort verschleiert, für all jene, die technisch nicht so versiert sind, bleibt aber nur noch die Fahrt nach Mexiko oder ins verhasste liberale Kalifornien übrig.
Average Joe will sich in einem hedonistisch-kapitalistischen, very American Selbstverständnis einfach durchschnittlich und auf der Stelle aufgeilen: Werden die Erzkonservativen in diesem US-Wahljahr also über die von ihnen selbst erzwungene Porno-Flaute stolpern?
Pornhub ist nicht nur der größte Porno-Anbieter im Netz, sondern überhaupt eine der meist besuchten Seiten weltweit. In den USA liegt der Dienst mit mehr als 3 Milliarden Besuchen pro Monat nur knapp hinter Amazon und Facebook, noch vor Wikipedia und weit vor cnn.com. Auf den vorderen Rängen finden sich auch andere Porno-Anbieter wie xvideos oder xhamster. Und genau darin liegt die Power des Pornos: Während andere körperfeindliche Maßnahmen wie Drag-Verbote eher kleine Minderheiten betreffen, steht Joe nun am Scheideweg. Für die Republikaner stimmen und nie wieder bouncende Brüste mit einem Klick bestaunen? Oder sich doch für die geile Freiheit entscheiden?
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