Bundestagsaufsicht über Geheimdienste: Linke darf nicht mehr kontrollieren
Nach dem Verlust des Linken-Fraktionsstatus fliegt André Hahn aus dem Kontrollgremium der Geheimdienste. Ein CDU-Mann folgt.
Denn Henrichmann nimmt nun den Platz des Linken André Hahn im Kontrollgremium ein. Die Gruppe ist eine so verschwiegene wie wichtige Instanz: Hinter abhörsicheren Türen müssen die Geheimdienste dort Rechenschaft über ihre Tätigkeiten ablegen. Hahn gehörte der Runde zehn Jahre lang an, war auch mal stellvertretender Vorsitzender – und ist über Fraktionsgrenzen geschätzt.
Seit Dezember – als Sahra Wagenknecht und ihre Gefolgsleute die Linke verließen und die Partei im Bundestag ihren Fraktionsstatus einbüßte –, erhält er aber keine Einladungen mehr. Das Bundestagspräsidium um Bärbel Bas (SPD) ist der Ansicht, dass Hahn damit seinen Posten im Kontrollgremium verloren hat – und das Vorschlagsrecht für die Nachbesetzung nach dem üblichen Verteilungsverfahren im Bundestag nun bei der Union lag.
Hahn sieht das gänzlich anders. Der Sitz sei nicht etwa mit Mitgliedschaften in Ausschüssen zu vergleichen, sondern mit einem Platz im Bundestagspräsidium, sagt er. Dort sitzt für die Linke weiterhin Petra Pau, weil sie persönlich vom Plenum für die gesamte Legislatur als Bundestagsvizepräsidentin gewählt worden ist. Und auch Hahn ist vom Plenum mit der sogenannten Kanzlermehrheit ins Kontrollgremium gewählt worden, wenn auch erst in einem zweiten Wahlgang.
Eilklage vor dem Bundesverfassungsgericht abgewiesen
Dass er nun aus dem Gremium fliegt, habe ihm offiziell niemand mitgeteilt, klagt Hahn. Er werde einfach nicht mehr eingeladen. Auch auf der Website des Bundestags ist Hahn als Mitglied des Gremiums verschwunden.
Noch am Mittwoch hatte er einen Eilantrag vor dem Bundesverfassungsgericht eingereicht, um seinen Sitz zu behalten. Dieser wurde aber als unzulässig abgewiesen. Hahn habe nicht ausreichend dargelegt, ob und wie seine Abgeordnetenrechten verletzt werden, wenn er nicht in das Gremium eingeladen werde, so das Gericht. Eine Entscheidung in der Hauptsache steht aber noch aus – worauf auch Hahn verweist. Es werde spannend zu sehen, was mit dem nachgerückten CDU'ler Henrichmann passiere, sollte Karlsruhe am Ende zu seinen Gunsten entscheiden, erklärt der Linke.
Die Alternative, Hahns Platz unbesetzt zu lassen, soll nach taz-Informationen im Bundestagspräsidium verworfen worden sein. Wenn zwei Plätze im Gremium unbesetzt blieben, habe die Ampel dort eine Zweidrittelmehrheit, soll es dort geheißen haben. Das schwäche die Rechte der Opposition massiv. Denn ein Platz in dem 13-köpfigen Gremium ist ohnehin seit Beginn der Legislatur frei, weil alle Vorschläge der AfD bisher keine Mehrheit finden. Auch am Donnerstag scheiterte erneut ein Kandiat, der AfD-Mann Gereon Bollmann.
Konstantin von Notz (Grüne), der Vorsitzende des Gremiums, sagte der taz, die Frage, ob Hahn im Kontrollgremium bleibe könne, sei eine juristische und von der Bundestagspräsidentin entschieden worden. „Ich kann dem geschätzten Kollegen derzeit nur für seine langjährige, engagierte und kollegiale Mitarbeit in der parlamentarischen Kontrolle bis hierhin danken.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israelische Fans angegriffen
Gewalt in Amsterdam
+++ Nach dem Ende der Ampel +++
Habeck hat Bock
Auflösung der Ampel-Regierung
Drängel-Merz
Die Regierungskrise der Ampel
Schnelle Neuwahlen sind besser für alle
Angriffe auf israelische Fans
Sie dachten, sie führen zum Fußball
Schönheitsideale in der Modewelt
Zurück zu Size Zero