Deutschlands schwache Konjunktur: Steuern runter für Firmen

„Peinlich“ oder „dramatisch“ nennen Regierungsverantwortliche die wirtschaftliche Lage Deutschlands. Tatsächlich ist sie widersprüchlich.

Habeck, Scholz und Lindner bei einer Pressekonferenz.

Sehen sich mit einer wirtschaftlichen Schwächephase konfrontiert: Habeck, Scholz und Lindner (vlnr) Foto: Liesa Johannssen/reuters

Die wirtschaftliche Lage in Deutschland ist widersprüchlich – aber nicht schlecht. Zwar könnte das Bruttoinlandsprodukt dieses Jahr nahezu stagnieren, wie die Bundesregierung aktuell schätzt. Finanzminister Christian Lindner (FDP) findet das „peinlich“, Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) „dramatisch“. Gleichzeitig hat der Börsenindex DAX ein Allzeithoch erreicht, die Zahl der Industriebeschäftigten steigt, und Deutschland ist wieder die drittgrößte Wirtschaftsnation der Welt, noch vor Japan.

Wir erleben keine tiefe Krise, sondern eine Schwächephase nach einem langen Boom zwischen 2011 und 2019. So ist das Leben. Auf Höchstleistung folgt Ermüdung. Danach geht’s wieder besser. In den kommenden Jahren werden die deutsche Wirtschaft und Politik die aktuellen Probleme, von denen es ja wirklich einige gibt, überwinden.

Viele hiesige Unternehmen müssen einen gigantischen Strukturwandel bewältigen. Dienstleistungen und Produktion werden digitaler, Privathaushalte und Firmen beginnen das postfossile Zeitalter oder sollten es beginnen. Das deutsche Geschäftsmodell braucht eine Überholung. Neue Produkte müssen die alten ablösen: Wärmepumpe statt Dieselmotor. Lästigerweise lassen Inflation und Zinsen die Kosten steigen, während die Weltwirtschaft lahmt.

So wäre die Steuersenkung fair

Ein Teil der deutschen Wirtschaft hat dadurch hohe Ausgaben. Deswegen diskutiert die Regierung, die Gewinnsteuern moderat zu senken – zumal die hiesige Körperschaft- und Gewerbesteuer mittlerweile über denen in Frankreich, Großbritannien und den USA liegen. Niedrigere Kosten erleichtern Investitionen, sie könnten Wirtschaftswachstum schaffen. Der Nachteil: Höhere Gewinne fließen oft in Dividenden, fördern also nicht das Wachstum, sondern die Vermögen der AktionärInnen.

Um das zu vermeiden, müsste die geringere Gewinnsteuer ausgeglichen werden, beispielsweise durch eine höhere Reichen- und Erbschaftsteuer. Nach dem Motto: Firmen entlasten und große Privatvermögen belasten. Denn Geld zu verschenken hat der Staat gerade nicht.

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Geboren 1961, ist selbstständiger Wirtschaftskorrespondent in Berlin. Er schreibt über nationale und internationale Wirtschafts- und Finanzpolitik. 2020 veröffentlichte er zusammen mit KollegInnen das illustrierte Lexikon „101 x Wirtschaft. Alles was wichtig ist“. 2007 erschien sein Buch „Soziale Kapitalisten“, das sich mit der gesellschaftlichen Verantwortung von Unternehmen beschäftigt. Bis 2007 arbeitete Hannes Koch unter anderem als Parlamentskorrespondent bei der taz.

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