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Old-Money-Trend in der ModePoloshirts fürs Präkariat

Unsere Autorin gehört nicht zu den reichsten Ein-Prozent der Weltbevölkerung, aber sie zieht sich so an. Was es mit dem Rich-Kid-Drag auf sich hat.

Zeitlose „Old Money“-Ästhetik: Auch die jungen Windsors trugen Poloshirts bei den Olympischen Sommerspielen 2012 in London Foto: Imago

O b mich ein bestimmter Trend emotional berührt, werde ich gefragt und sage nein. Ob irgendetwas mit mir passiert, wenn ich bestimmte Dinge trage, so wie früher, als ich im zitronengelben Anzug zur Arbeit ging und mir das tatsächlich etwas gab (gute Laune! Ein, zwei Komplimente!).

Nein, ich fühle nichts. Keine Vibes, kein Kribbeln, Mode ist sachlich und unaufgeregt geworden, und während ich das sage, blitzt mein Spiegelbild an der Außenfassade der VHS Reutlingen auf: waldgrüne Steppjacke, brauner Cordkragen, Hornbrille, polierte Loafer. Als käme ich von einem CDU-Parteitag oder, schlimmer noch, vom Gestüt meiner reichen, sehr reichen Eltern.

„Old Money Aesthetic“, die Ästhetik des Geldadels, nennt sich der Stil. Seit der Pandemie wird er von der Generation Z millionenfach auf Tiktok und Instagram abgefeiert. „Old Money“ bezieht sich auf die Garderobe von Familiendynastien wie den Kennedys, den Windsors oder den Astors: das Ralph-Lauren-Shirt, der Kaschmirpullover, die zurückgegelten Haare, die Perlenohrringe, niemals Logos und unter keinen Umständen Protz. Denn Geld spricht, Reichtum flüstert.

Und dann fühle ich doch etwas.

Scham.

Gegenbewegung zu „New Money“

wochentaz

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Das HBO-Drama „Succession“, mittlerweile in der vierten Staffel, schürt die Faszination für eine „Old Money“-Ästhetik. In der Serie besitzt eine schlecht gelaunte, milliardenschwere Familie aus New York ein Medienimperium – in unauffälligen „Old Money“-Outfits, bei denen das Aufregendste wohl die Preisschilder sind. Machtdemonstration durch subtilen Kleidungsstil. Auf Instagram wird der „Old Money“-Look in bezahlbarer Form nachgestylt.

„Old Money“ ist die Gegenbewegung zu „New Money“, zu den Neureichen, die noch nicht wissen, wie man sich in bestimmten Kreisen verhält, wie man sich gibt, wie man spricht, was man darf und was nicht. „Old Money“ blickt auf „New Money“ herab, auf die Kim Kardashians, die langen Fingernägel, die Hiphop-Kultur, die fliegenden Geldscheine. Als gäbe es eine gute und eine schlechte Art, reich zu sein. Wie zynisch.

„Old Money“ hat aber sicher auch einen wirtschaftspsychologischen Grund: Während sich die Eltern der Gen Z noch ein Haus am Stadtrand leisten konnten, sind ihre Kinder froh, wenn sie die Miete bezahlen können. Obwohl die Gen Z besser ausgebildet ist, verdient sie nicht mehr. Der Traum vom sozialen Aufstieg, wenn es ihn denn je gab, ist für die meisten ausgeträumt.

Mehr als nur Kleidung

Deshalb steht „Old Money“ auch für mehr als nur für Kleidung. Es steht für eine Sehnsucht nach etwas, das viele nicht haben können: eine Familie, in der Geld von Generation zu Generation weitervererbt wird und in der kein normaler Mensch jemals dazugehören wird, egal wie sehr er sich anstrengt.

Der indische Theoretiker Homi K. Bhabha hat für diesen sozialen Schutzreflex den Begriff „Mimikry“ geprägt: Die indische Bevölkerung imitierte den Kleidungsstil und Habitus ihrer westlichen Kolonialherren in der Hoffnung auf soziale Anerkennung.

Auch die Familiendynastien, von denen „Old Money“ inspiriert ist, verkörpern eine sehr weiße Gesellschaft mit oftmals fragwürdiger Vergangenheit.

Ich stehe immer noch vor der spiegelnden Außenfassade und denke an die vielen Kriege, die Inflation und die Klima­krise. Wahrscheinlich hat auch mein Unterbewusstsein gemerkt, dass ich nie zu den reichsten Ein-Prozent der Welt gehören werde. Warum also nicht einfach so tun, als ob?

Zumindest solange die Welt noch nicht untergegangen ist.

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27 Kommentare

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  • Ralph Lauren ohne Logo?

  • 9G
    95820 (Profil gelöscht)

    MafimititaMigrahi ®. Sofort als Wortmarke und Modelabel schützen lassen. 👮

  • Old money, new money, der heißeste Scheiß ist doch der mob wife style, vulgo Gangsterbraut:

    "Denn der Name deutet darauf hin, von wem sich Fashionistas, Influencer und Stars wie Kendall Jenner oder Irina Shayk inspirieren lassen. Die "Mob Wife Aesthetic" orientiert sich am Stil italienisch-amerikanischer Frauen im New Jersey und New York der 90er Jahre. Überspitzt formuliert, lassen sie sich vom vermeintlich typischen Stil jener Ehefrauen von Mafiosi mit italienischem Migrationshintergrund inspirieren."

    www.stern.de/kultu...tars-34408174.html

    Und so sieht es im Original aus:

    www.youtube.com/watch?v=u2L_0bDK6tY

  • Prekär, wenn mensch das Post- nicht vom Präkariat unterscheiden kann.

  • 9G
    95820 (Profil gelöscht)

    Vor langer Zeit: Ein alter Wintermantel meiner Mutter wurde aufgetrennt und gewendet. Aus dem Tuch hat eine Bekannte meiner Mutter für mich einen Knabenmantel genäht, damit ich „zur höheren Schule in die Stadt" fahren durfte. So geht's doch auch.

    • @95820 (Profil gelöscht):

      



      Ohja => BRD und höhere Schule lagen noch in weiter Ferne.



      Doch dieses Winterfotto hab ich besonders gerne:



      Unterm Blondschopf ein breites😂 …huch - die Ohren kriegen aber sowas von Besuch!



      Aber der Mantel vom Ohl - Moudern schnipp schnapp toll und siehste wohl!



      Dazu als Krönung bei dem hallenser Schnee!



      Huh🦉schuh🦉 - aus ner ollen Decke=>Paar 🧤🧤



      Dann aber zu ner Hochzeit ans Geschmeide!



      Nen piekfein. Anzug kurz - aus Mouders Kostüme aus Rohseide!



      & Däh at last!



      Blömchen-Streuen & oh jeh!



      Beim Fotografen - meine Gela hinterließ nen kleinen See!;) 🙀 🥳 😅

      • 9G
        95820 (Profil gelöscht)
        @Lowandorder:

        Bei mir war's paar Jahre später, als ich diesen Mantel tragen durfte. In der Klasse gab es auch schon „Gut Betuchte".

  • Das Bild passt nicht zum Kommentar:



    Die Winsors trugen die Poloshirts der britischen Olympiamannschaft - erkennbar am stilisierten Löwenkopf, am Aufdruck Team GB mit den olympischen Ringen und einem großem Adidas-Logo.

  • Daher kommen also die ganzen jungen FDP Wählerinnen? na dann..

  • Ich frage mich oft, wie es kommt, dass die Familie Quandt immer noch/schon wieder so reich ist. Meiner Meinung nach hat da jemand nach dem 2. Weltkrieg einen schlechten Job gemacht.

  • Ach was! ©️ Vagel Bülow 💯vxxxxlte

    Waaas?! “…unter keinen Umständen Protz. Denn Geld spricht, Reichtum flüstert.“



    Old School - “Der Adel hält auf Taille. Nur der Pöbel frißt sich satt!“



    & als Aufkleber neben CC oder CD -



    “Eure Armut kotzt mich an.“



    Und der hier unternommene peinliche Versuch!



    “Auch die Familiendynastien, von denen „Old Money“ inspiriert ist, verkörpern eine sehr weiße Gesellschaft mit oftmals fragwürdiger Vergangenheit.“



    Doch noch zu purgieren!



    EAT THE RICH •



    no-borders.net/353...he-rich-poster.jpg

    Na Mahlzeit

    • @Lowandorder:

      Schön, wieder von Ihnen zu lesen.

      Ein Versuch:

      Gelungen gut die OP,



      alles hoffentlich o.k..



      Rumspazieren in so einem brillianten Kopf geht immer, da braucht man Beine und/oder Hüfte, oder sonstwas, nimmer.

      "Na Mahlzeit."

      • @*Sabine*:

        Gelungen. Ein liebevolles Danke und zu viel der Ehre!



        OP gelungen - et hett noch jümmers jot jejange! But



        Mens sana in corpere sano - SIT!!!



        (letzteres leider vielen Paukern unbekannt!;((

        Na. Mahlzeit and I do my very best!;))

        • @Lowandorder:

          Was muss ich da lesen? Euer Ehren war unterm Messer?

          Hört sich aber so an, als hätten die Halbgötter in Weiß einen guten Job gemacht.

          Glückauf!

          • @Jim Hawkins:

            entre nous only =>Sentenz “Wo waren Sie beruflich tätig?“ “Ratense doch mal!“ “Im pädagogischen Bereich?“ “🧐 Nö👨🏼‍⚖️ “ “Ach. 1. hab ich auch!“ “und Musiker“ “Ich auch!“😂 😂 noise meets freeinstant



            Nach Austausch - hab ich ihm ein 🎷 Selmer balanced action vermittelt!



            => Mußte also ordentlich arbeiten!



            (Mein Handicap: Hüfte re & links strokefolgen!) mühsam ernährt sich’s 🐿️

            • @Lowandorder:

              “Wo waren Sie beruflich tätig?“



              Na - in Kölle u.a.

            • @Lowandorder:

              Dann war das ja richtig nett. Und der Hüftschwung ist auch wieder hergestellt.

              A propos Eichhörnchen, olle Ringelnatz hat gedichtet:

              "Ein niedliches Eichhörnchen

              Ein niedliches Eichhörnchen



              Lutschte am kleinen Zehchen.



              Dort hatte es ein Weh-Wehchen —



              Wahrscheinlich ein Leichdörnchen"

              Wo ist eigentlich unser Ringelnatz abgeblieben?

              • @Jim Hawkins:

                Herrlich. Danke. Tut gut. Ab und an sind mir doch schon mal die fröhlicheren Töne flöten gegangen.

                (Mit einem Mit💐loristen fragemer ab un an mal nach - bisher aber bleibt nur ein mißlicher Verlust zu konstatieren.

                • @Lowandorder:

                  Ob unser Ringelnatz1 wohl weiß, wo Nümbrecht ist?



                  Und gibt's da Knoblauch?



                  Wie lange noch?



                  Viele Fragen, und doch - alles Gute, nicht nur für den Sonntag und nicht nur für beide...💐🎼🌴

                  • @Willi Müller alias Jupp Schmitz:

                    🙏 ;) & entre nous - & oha!



                    Issers? Er isses Joachim Ulrich 🎷mafia;)

                    • @Lowandorder:

                      Heißt das gemeinsamer Krach im Kurpark?🎷🎶🎺?

                      • @Willi Müller alias Jupp Schmitz:

                        Sohnemann hat statt ner C ne Altquerflote 🪈 angelandet!



                        Und ob der Herr Professor…?



                        Seine letzten mir erinnerlichen Worte:



                        “Waaaas? Mit so einem Pissel spielst du“



                        Beide 🎷🎷 Mark VI - Er nen 8ter Link!;)



                        Ich Anfänger suchte mit nem 5 * zu beschallen!;))



                        Bin gespannt - ewig her.

                        • @Lowandorder:

                          Das wird schon, bisschen viel Fachchinesisch für Mutter's Sohn in der Technik...

  • Also mit einfachen, klassischen Klamotten aus denen nicht der halbe Hintern rausquillt, Pullover ohne fette proletenhafte Marken, Werbung, ein paar ordentliche Schuhe und schon biedert man sich vermeintlich bei der gefühlten oder echten Oberklasse an?



    Puh, Ihr macht einem das anziehen wirklich schwer.

  • Von der „Old Money Aesthetic“ zur Sehnsucht nach weitervererbten Geld, das muss man gedanklich erst mal schaffen.

    Da gefällt mir die einleitende Diagnose schon besser: "niemals Logos und unter keinen Umständen Protz". Und dies kann ich nur wohlwollend unterstreichen. Denn obgleich ein goldenes B (ogner) am Reißverschluss baumelt, oder in Schriftgröße 100 "CAMP DAVID" quer über das Shirt gedruckt ist, beides ist "too much".