Russische Minderheit in Lettland: Abgeschoben in die alte Heimat
Der 82-jährige Leiter des Lettisch-Russischen Verbandes für Zusammenarbeit wird als unerwünschte Person nach Russland ausgewiesen. Moskau protestiert.
Gegenüber russischen Medien hatte Katkow am vergangenen Mittwoch von einem Brief des lettischen Innenministeriums berichtet, wonach er eine Bedrohung für die nationale Sicherheit Lettlands darstelle und abgeschoben werde. Die Entscheidung sei politisch motiviert.
Moskau reagierte umgehend. Die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, nannte die Abschiebung einen „provokativen Akt“, der darauf abziele, russischsprachige Bewohner*innen Lettlands einzuschüchtern. Diese seien Opfer neonazistischer Äußerungen und Russophobie.
Die russische Botschaft in Lettland sprach von einem „absolut unmenschlichen“ Vorgehen des baltischen Staates, das das Prinzip verletze, Familien nicht zu trennen. Zudem werde ein bilaterales zwischenstaatliches Abkommen von 1994 über Fragen des sozialen Schutzes russischer pensionierter früherer Angehöriger des Militärs und ihrer Familienangehörigen verletzt.
Sprachtest als Auflage
Katkow war 1966 in die damalige lettische Sowjetrepublik gekommen und hatte bis zu seiner Pensionierung 1991 beim Militär gedient. 1998 erhielt er einen Pass für Nichtstaatsbürger*innen – eine Kategorie von Angehörigen der russischen Minderheit, die bestimmte Auflagen (wie beispielsweise ein Sprachtest) nicht erfüllt hatten. 2000 nahm er die russische Staatsbürgerschaft an. Aufgrund seines Alters wurde er von dem Sprachtest befreit. Der LRAS saß er seit ihrer Gründung 1999 vor.
Von den rund 1,8 Millionen Einwohner*innen Lettland gehören knapp 27 Prozent der russischen Minderheit an. Ein bedeutender Teil dieses Personenkreises hat keine lettische Staatsbürgerschaft. Der sogenannte Pass für Nichtstaatsbürger*innen ist jedoch ein voll gültiges Reisedokument.
Im vergangenen September waren Veränderungen des Einwanderungsgesetzes in Kraft getreten, die Angehörige der russischen Minderheit mit russischem Pass betreffen. Danach erhalten ehemalige Nichtstaatsbürger*innen, die nach 2003 die russische Staatsbürgerschaft erhalten haben, nicht mehr automatisch einen ständigen Aufenthaltstitel. Dafür müssen unter anderem Sprachkenntnisse des Lettischen auf dem Niveau von A 2 nachgewiesen werden.
Laut der lettischen Nachrichtenagentur LETA droht aktuell (Stand Januar 2024) 1.167 russischen Staatsbürger*innen die Abschiebung aus Lettland. Sie haben die erforderlichen Unterlagen nicht vorgelegt beziehungsweise sind entsprechenden Forderungen nicht nachgekommen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ausschreitungen in Amsterdam
Ein hitziges Nachspiel
Obergrenze für Imbissbuden
Kein Döner ist illegal
Regierungskrise in Deutschland
Ampel kaputt!
Wahl in den USA
Sie wussten, was sie tun
Lehren aus den US-Wahlen
Wo bleibt das linke Gerechtigkeitsversprechen?
Abschiebung aus dem Frauenhaus
Schutzraum nicht mehr sicher