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Vor EuGH-Urteil zur SchufaGegenwind für Schufa-Score

Der EuGH entscheidet am Donnerstag über die Bonitätseinstufung durch die Schufa. Die Auskunftei will am „Scoring“ festhalten – trotz aller Kritik.

Fußgängerzone Gelsenkirchen: Ein Mobilfunkanbieter wirbt für einen Vertrag ohne Schufaauskunft Foto: Anja Cord/imago

Berlin taz | Ist das Scoring, also die Bonitätseinschätzung der Schufa und deren Einsatz bei Unternehmen wie Banken oder Mobilfunkanbietern, eine automatisierte Entscheidung? Was nach einer etwas sperrigen Frage klingt, beschäftigt die Branche seit Monaten. Denn diesen Donnerstag wird der Europäische Gerichtshof (EuGH) darüber entscheiden. Und folgen die Rich­te­r:in­nen dem Votum des Generalanwalts oder gehen sogar darüber hinaus, wird die Schufa für ihre ohnehin schon umstrittene Praxis des Scoring noch stärkeren Gegenwind bekommen.

Die Schufa ist Deutschlands größte Auskunftei im Verbraucherbereich. Rund 300.000 Mal täglich fragen etwa Banken, Händler und Mobilfunkunternehmen bei ihr Daten zu der Bonität von Kun­d:in­nen an. Mithilfe dieser Daten entscheiden die Unternehmen beispielsweise, ob und zu welchen Konditionen jemand einen Kredit erhält, einen Mobilfunkvertrag oder die Möglichkeit, bei der Onlinebestellung per Rechnung zu zahlen. Die Scores der Schufa sollen dabei vorhersagen, mit welcher prozentualer Wahrscheinlichkeit der Kunde oder die Kundin die Zahlungsverpflichtung erfüllen wird.

Auslöser für die vor dem EuGH gelandete Scoring-Frage war ein Kunde, dem ein Kredit verweigert wurde. Er verlangte die Daten von der Schufa, erhielt diese nicht und wandte sich an die zuständige Datenschutzaufsichtsbehörde. Denn die Datenschutz-Grundverordnung sieht für automatisierte Entscheidungen bestimmte Regeln vor – etwa Informationspflichten gegenüber den Betroffenen. Ist der Schufa-Score also eine solche Entscheidung einer Maschine über einen Menschen? Das ist eine der Fragen, die das Verwaltungsgericht Wiesbaden, wo der Fall schließlich landete, dem EuGH vorlegte.

Der Generalanwalt des Gerichts, Priit Pikamäe, positionierte sich dazu im Frühjahr eindeutig: Ja. Er sei der Ansicht „dass bereits die automatisierte Erstellung eines Wahrscheinlichkeitswerts über die Fähigkeit einer betroffenen Person, künftig einen Kredit zu bedienen“, so eine automatisierte Entscheidung ist. Die Schufa schrieb daraufhin ihre Geschäftskunden – also beispielsweise die Banken – an und fragte, wie entscheidend der Score denn ist, zum Beispiel für die Frage: Kredit ja oder nein?

Bei einem Pressegespräch Ende November sagte Felix Sperling, Datenschutzbeauftragter der Schufa: „Es ist Konsens zwischen der Schufa und ihren Kunden, dass die Schufa selbst keine Entscheidungen trifft.“ Der Score führe auch nicht dazu, dass etwa eine Kreditwürdigkeitsprüfung automatisch abgebrochen werde.

Rechte für Ver­brau­che­r:in­nen

Für die Schufa ist das Geschäft mit dem Scoring zwar einer der kleineren Posten in der Bilanz: Nach Unternehmens­angaben macht das Scoring-Geschäft aktuell 13 Prozent des Umsatzes aus. Der Großteil davon entfalle auf Banken. Doch auch, wenn der EuGH seinem Generalanwalt folgt – am Scoring festhalten will die Schufa trotzdem.

So stellte sie bei dem Gespräch Ende November verschiedene Strategien vor, um das Scoring dennoch in der aktuellen Form weiterführen zu können: etwa spezielle Verträge, um die Datenverarbeitung abzusichern, Einwilligungen seitens der betroffenen Ver­brau­che­r:in­nen oder eine gesetzliche Grundlage im Bundesdatenschutzgesetz. Die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) sieht hier ausdrücklich eine Öffnungsklausel vor.

Relevant könnte für Ver­brau­che­r:in­nen ein weiterer Punkt werden: Wenn sie Betroffene einer automatisierten Entscheidung sind, haben sie laut DSGVO weitergehende Auskunftsrechte. So muss das Unternehmen beispielsweise die „involvierte Logik“ der Entscheidung erklären.

„Es könnte tatsächlich sein, dass dafür am Ende der Algorithmus offengelegt werden muss“, sagt Matthias Spielkamp von der Menschenrechtsorganisation Algorithmwatch. Das würde aber wohl nur dann passieren, wenn Gerichte in weiteren Verfahren eine entsprechende Entscheidung treffen. Bislang gilt ein Urteil des Bundesgerichtshofs, das die Berechnung der Scores als Geschäftsgeheimnis eingestuft hat.

Spielkamp fordert eine grundsätzliche Debatte über das Scoring. „Es ist volkswirtschaftlich sicher gut, dass man eine Bonitätsprüfung hat, weil so Risiken vermieden werden, für die sonst jemand zahlen müsste.“ Zum Beispiel sei es möglich, dass ohne eine Bonitätsprüfung die Ausfallquoten bei Krediten stiegen und es so für alle teurer werde, einen Kredit aufzunehmen.

Aber, so Spielkamp: Es sei durchaus denkbar, dass die Banken diese Prüfung selbst erledigten, ohne Daten der Schufa. Und wenn es doch eine Auskunftei sein soll, dann solle die besser als öffentlich-rechtliches Unternehmen organisiert sein – ohne die Absicht, aus der Datenverarbeitung Gewinne zu erzielen.

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2 Kommentare

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  • Richtig und falsch

    Richtig: Die Schufa ist leider notwendig, um Händler und Firmen von Schaden fern zu halten, wenn der Käufer gar nicht liquide ist. Ohne diesen Schutz müssten alle anderen Kunden den Ausfall mitbezahlen, weil er dann als Risikoaufschlag in die Kalkulation kommt.

    Falsch: Es kann nicht sein, dass man die exakten Gründe für ein schlechtes Scoring nicht transparent von der Schufa anfordern kann. Die Schufa hat gefälligst alle Daten, welche zu einem schlechten Scoring führten, offen zu legen. Die aktuelle Selbstauskunft ist ein Witz.

  • Danke für diese informative, sachliche und unaufgeregte Berichterstattung. Normalerweise schreiben Journalistinnen immer mit Schaum vorm Mund, wenn es um die Schufa geht.