Verein sieht Verstoß gegen Datenschutz: Beschwerde gegen die Schufa
Die Datenschutz-Organisation Noyb hat rechtliche Schritte gegen die Wirtschaftsauskunftei Schufa eingeleitet. Die Firma widerspricht den Vorwürfen.
Die Schufa ist im Verbraucherbereich Deutschlands größte Auskunftei. Unternehmen wie Banken oder Online-Händler fragen bei ihr Daten zur Bonität ihrer potenziellen Kund:innen an. Auch bei der Wohnungsvermietung spielen die Schufa-Daten der Bewerber:innen in der Praxis eine Rolle – auch, wenn Vermieter:innen erst dann einen Anspruch auf eine Bonitätsauskunft haben, wenn es um die unmittelbare Vertragsunterzeichnung geht.
Bei der als Datenkopie bezeichneten DSGVO-Selbstauskunft teilt die Schufa auf Anfrage einen „Basisscore“ mit. Bei der kostenpflichtigen Bonitätsauskunft werden dagegen insgesamt sechs verschiedene „Branchenscores“ ausgewiesen. Noyb erklärte, damit stelle die Schufa keine vollständige Datenkopie bereit, wie sie im Artikel 15 der Verordnung vorgeschrieben sei.
Das Unternehmen widerspricht: Es stelle mit der Datenkopie die „gesetzlich geforderten Informationen zur Verfügung“. Darüber hinaus beinhalte die Datenkopie auch Scorewerte und gehe damit über die gesetzliche Pflicht hinaus. Richtig sei aber, dass die kostenpflichtige Auskunft mehr Informationen enthält als die kostenlose – zum Beispiel die branchenspezifischen Scores, wie sie etwa Handel oder Banken verwenden.
Streit über Dauer der Auskunftserteilung
Der Datenschutz-Verband kritisiert zudem, dass die Schufa sich für die Ausstellung der kostenlosen DSGVO-Selbstauskunft deutlich mehr Zeit nehme als für die kostenpflichtige „Bonitätsauskunft“. Bei Testbestellungen sei die bezahlpflichtige „Bonitätsauskunft“ nach fünf Tagen im Briefkasten gewesen. Die kostenlose Selbstauskunft sei dagegen erst eine Woche später eingetroffen. Die Schufa erklärte hier, dass die Bearbeitungsdauer vom „Auftragsvolumen“ abhänge – und wie vom Gesetz gefordert in maximal einem Monat fertig sei.
Leidtragende sind nach Darstellung von Noyb vor allem Wohnungssuchende. Die Schufa mache die kostenlose Selbstauskunft auch in Suchmaschinen wie Google schwer auffindbar und werbe stattdessen für ihr bezahlpflichtiges Produkt mit dem Versprechen eines „Vorteils am Wohnungsmarkt“. Einen transparenten Hinweis auf die kostenlose Auskunft nach Artikel 15 DSGVO suche man vergeblich.
Der Deutsche Mieterverbund verwies darauf, dass viele Mietinteressent:innen insbesondere in großen und nachgefragten Städten geradezu genötigt würden, umfassende Auskunft über sich zu erteilen. „Um die Bonität des Mieters überprüfen zu können, verlangen Vermieter häufig die Vorlage einer Schufa-Auskunft, einer Selbstauskunft und einer Mietschuldenfreiheitsbescheinigung“, sagte eine Sprecherin. Auch wenn Vermieter:innen darauf keinen Anspruch habe, hätten die Interessent:innen oft keine andere Wahl, als die Unterlagen vorzulegen.
Die Schufa steht mit ihren Geschäftspraktiken immer wieder in der Kritik. So löschte die Auskunftei vor einem knappen Jahr vor dem Hintergrund damals laufender Gerichtsverfahren die Daten zu Insolvenzen von 250.000 Verbraucher:innen und verkürzte die Speicherfrist für diese Informationen von drei Jahren auf sechs Monate. Und im Dezember stellte der Europäische Gerichtshof mit zwei Urteilen die Scoring-Praxis in Frage.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
FDP stellt Wahlkampf Kampagne vor
Lindner ist das Gesicht des fulminanten Scheiterns
Partei stellt Wahlprogramm vor
Linke will Lebenshaltungskosten für viele senken
Wahlkampf-Kampagne der FDP
Liberale sind nicht zu bremsen
Greenpeace-Vorschlag
Milliardärssteuer für den Klimaschutz
Katja Wolf über die Brombeer-Koalition
„Ich musste mich nicht gegen Sahra Wagenknecht durchsetzen“
Paragraf 218 im Rechtsausschuss
CDU gegen Selbstbestimmung von Frauen