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Bayerischer AfD-Politiker festgenommenHalemba in Stuttgart gefasst

Der neue Bayerische Landtag wird vor seiner ersten Sitzung von einem Skandal erschüttert: AfD-Politiker Daniel Halemba wurde per Haftbefehl gesucht.

Bayerischer Landtag konstituiert sich – ohne AfD-Politiker Halemba Foto: Sven Hoppe/dpa

Würzburg dpa/taz | Der per Haftbefehl gesuchte, neu in den bayerischen Landtag gewählte AfD-Politiker Daniel Halemba ist festgenommen worden. Das sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Würzburg am Montag. Der 22-Jährige sei im Raum Stuttgart gegen 8 Uhr gefasst worden. Gegen Halemba werde wegen Volksverhetzung und des Verwendens von Kennzeichen verfassungsfeindlicher Organisationen ermittelt. Der Anfangsverdacht habe sich nach der Auswertung von Beweismitteln erhärtet. Halemba soll noch am Montag, spätestens am Dienstag einem Richter in Würzburg vorgeführt werden, der Untersuchungshaft anordnen könne.

Am Freitag hatte die AfD-Fraktion selbst mitgeteilt, dass gegen einen ihrer Abgeordneten ein Haftbefehl vorliege. Dass es sich um Halemba handelt, bestätigte dann die Staatsanwaltschaft. Am Wochenende konnte Halemba, der in Würzburg wohnt, nicht angetroffen werden. Halemba war seit dem Erlass des Haftbefehls zunächst nicht für eine Stellungnahme zu erreichen. Der Rechtsanwalt Dubravko Mandic, der Halemba nach Auskunft der Staatsanwaltschaft Würzburg vertritt, wies die Vorwürfe am Samstagabend in einer Mitteilung zurück: „Nach vorläufiger Würdigung ist an sämtlichen Vorwürfen gegen die Mitglieder der Prager Teutonia nichts dran.“

Der 22-jährige Halemba ist nach eigenen Angaben seit 2021 Mitglied der „Burschenschaft Teutonia Prag zu Würzburg“, bei der es im September eine Razzia gab. Laut Staatsanwaltschaft gab es den Verdacht, dass sich im Verbindungshaus der Burschenschaft Gegenstände mit Kennzeichen der NSDAP sowie Aufkleber und Schriften rassistischer Natur befinden könnten. Die sichergestellten Gegenstände seien mittlerweile fast alle ausgewertet worden, sagte der Sprecher der Behörde am Montag. „Die Vorwürfe haben sich für uns erhärtet.“ Die Auswertung von Datenträgern laufe noch.

Ermittlungen gegen vier weitere Mitglieder

Die Staatsanwaltschaft ermittelt neben Halemba gegen vier weitere Mitglieder der in Würzburg ansässigen Studentenverbindung, unter anderem wegen Volksverhetzung und des Verwendens von Kennzeichen verfassungsfeindlicher Organisationen. Die Verbindung hat sich bislang nicht auf Anfrage der dpa zu den Vorwürfen geäußert. Halemba hatte bisher alle gegen ihn erhobenen Vorwürfe als falsch zurückgewiesen.

Abgeordnete genießen grundsätzlich Immunität. Diese greift aber erst mit der konstituierenden Sitzung des Bayerischen Landtags an diesem Montag um 15 Uhr. Der 22 Jahre alte Halemba ist der jüngste Politiker, der in den Bayerischen Landtag gewählt wurde.

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11 Kommentare

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  • Ich gehe mal davon aus, dass Halemba volksverhetzung begangen hat. Sein Vorbild ist immerhin Höcke. Trotzdem bereitet es mir ernsthafte Bauchschmerzen wenn ein bereits gewählter Abgeordneter einer Oppositionspartei noch schnell verhaftet wird bevor seine Immunität greift.

  • Zustände sind das in Bayern, wo pubertäre Neonazis in den Landtag gewählt werden. Aber wen wundert's? In einem Land in dem Figur wie Aiwanger, der der zweit mächtigste Politiker ist, ist man auf dem Weg zurück in die 30er Jahre.

  • Ich befürworte die Festnahme von Daniel Halemba ausdrücklich und hoffe das weiterhin so konsequent im braunen Sumpf durchgegriffen wird.

    Ich wünsche mir diese Konsequenz aber auch bei Volksverhetzung auf antisemitischen Versammlungen und Demonstrationen. Mich interessiert es wieviel Personen auch in diesem Kontext in U-Hsft gekommen sind.

  • Gerade noch rechtzeitig erwischt.

  • Richtig ist:

    er hat sich der Polizei gestellt

    nur so nebenbei... Journalismus und Zweideutigkeit beißen sich

  • "Laut Staatsanwaltschaft gab es den Verdacht, dass sich im Verbindungshaus der Burschenschaft Gegenstände mit Kennzeichen der NSDAP sowie Aufkleber und Schriften rassistischer Natur befinden könnten. Die sichergestellten Gegenstände seien mittlerweile fast alle ausgewertet worden, sagte der Sprecher der Behörde am Montag. „Die Vorwürfe haben sich für uns erhärtet.“ Die Auswertung von Datenträgern laufe noch."

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    Der Besitz von NS-Devotionalien ist, solange sie sich in Privaträumen befinden und nach aussen hin nicht sichtbar sind, legal. Welchen Sinn hat also dieser ganze Aufwand ?

    • @SeppW:

      Eigenartige Logik:



      1. Verbindungshaus ist keine Privatwohnung. 2. Ob die Polizei wirklich alles Wesentliche angegeben hat, das steht nirgends. 3. Ihre Schlussfolgerung basiert definitiv auf nicht vollständigen Kenntnissen und ist somit hinfällig.

    • 6G
      681667 (Profil gelöscht)
      @SeppW:

      Letzteres entspricht auch meinem Kenntnisstand: In der eigenen Wohnung kann man so viele NS-Devotionalien aufbewahren wie man will. Strafbar ist es erst, wenn man Öffentlichkeit herstellt, etwa durch ein youtube-Video.

      Volksverhetzung, wenn sie tatsächlich vorliegt, ist ein Delikt, das in der Regel mit einer Geldstrafe abgegolten ist und allenfalls eine Haftstrafe auf Bewährung nach sich zieht. Wieso hier ein Haftbefehl besteht, erschließt sich mir nicht.

      Und wer nun die bayerische Justiz wegen ihres Durchgreifens bejubelt, sollte sich im Klaren über folgendes sein: was jetzt gegen Rechts läuft,



      funktioniert irgendwann auch gegen Links.

      • @681667 (Profil gelöscht):

        Der Mann wurde in Ba-Wü festgenommen, das gehört nicht zum Freistaat. Auch Sie ziehen Schlüsse, ohne die gesamte Sachlage zu kennen, weshalb selbige hinfällig sind. Haben Sie sich schon mal überlegt, dass die Polizei in der Regel nicht alles bekannt gibt, was sie weiß? Im Gegensatz zu den Amateurjuristen, die mit 15% Wissen glauben, alles zu wissen.

    • @SeppW:

      Ein Burschenschaftshaus ist halb-öffentlich. Selbst Privaträume können von anderen Kommilitonen eingesehen werden. Die Duldung verfassungsfeindlicher Symbole in einem Burschenschaftshaus stellt eine Art Gemeinschaftsakt dar, die über den Einzelnen hinausreicht.

      Juristisch ist das weniger eindeutig, als Sie es darstellen.

      Hintergrund: Ich hatte zu meiner Studienzeit guten Einblick in mehrere schlagende Verbindungen in Tübingen und Marburg. Das war eine Zeit, als Verbindungen weniger radikalisiert waren als heute, aber Straftatbestände gab es damals schon.

      • @rakader:

        Ein Burschenschaftshaus ist kein Café, Kino, Restaurant etc. Also auch nicht halb-öffentlich.