Umstrittener AfD-Abgeordneter in Bayern: Halemba gibt Parteiämter zurück
Die Bundesspitze der AfD hatte gefordert, den bayerischen Abgeordneten Halemba rauszuwerfen. Der Landesvorstand lässt nun ein Verfahren prüfen.
„Um Schaden von der AfD abzuwenden, gebe ich mit sofortiger Wirkung alle Parteiämter zurück und verzichte bis auf weiteres auch auf die Ausübung meiner Mitgliedsrechte innerhalb der AfD“, hieß es in der Mitteilung. „Im Rahmen eines Parteiordnungsverfahrens werde ich mich allen Vorwürfen stellen und an der Aufklärung mitwirken. Ich bin zuversichtlich, dass alle offenen Fragen bald geklärt sein werden.“ Die Parteiämter, die Halemba zurückgibt, sind der AfD-Kreisvorsitz Würzburg sowie ein Amt im unterfränkischen Bezirksvorstand.
Zuvor hatte der bayerische AfD-Landesvorstand entschieden, ein Parteiausschlussverfahren gegen Halemba zu prüfen. Der Landesvorstand habe einstimmig beschlossen, dass Justiziar Ferdinand Mang einen Rechtsanwalt beauftragen soll, der das vom Bundesvorstand in Auftrag gegebene Parteiausschlussverfahren gegen Halemba „prüft und gegebenenfalls aufbereitet“, teilte der Landesvorsitzende Stephan Protschka am Abend in München mit.
Würzburger Staatsanwälte ermitteln
Der vom völkischen Flügel dominierte Landesvorstand kommt damit einer entsprechenden Forderung des AfD-Bundesvorstands, ein Verfahren einzuleiten, nicht unmittelbar nach, sondern lässt dies prüfen. Begründet worden war die Forderung vom Bundesvorstand mit Verstößen Halembas gegen die Ordnung der AfD, die zu satzungswidrigen Mitgliederaufnahmen im Vorfeld von zwei Aufstellungsversammlungen zur Landtagswahl in Bayern geführt hätten.
Der AfD-Bundesvorstand hatte zudem gefordert, der Landesverband solle beim zuständigen Landesschiedsgericht auch den sofortigen Ausschluss Halembas von der Ausübung seiner Mitgliederrechte beantragen. Der Landesvorstand sei aufgefordert worden, „ein Parteiausschlussverfahren gegen Herrn Halemba anzustrengen und die Mitgliedsrechte sofortig zu entziehen“, hatte Partei- und Fraktionschefin Alice Weidel in Berlin erklärt. Von einem solchen Schritt war in Protschkas Mitteilung aber keine Rede.
Die Staatsanwaltschaft Würzburg ermittelt gegen den 22-Jährigen zudem wegen Volksverhetzung und wegen der Verwendung von Kennzeichen verfassungsfeindlicher Organisationen. Ein gegen ihn beantragter Haftbefehl war gegen Auflagen außer Vollzug gesetzt worden. Halemba selbst weist die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft zurück. Zu den internen Vorwürfen hat er sich bislang nicht dezidiert geäußert.
Verfassungsschutz beobachtet Burschenschaft
Vergangene Woche war darüber hinaus bekanntgeworden, dass der bayerische Verfassungsschutz die rechtsextreme Burschenschaft Teutonia Prag zu Würzburg, der Halemba angehört, seit Anfang Dezember beobachtet. Für die AfD als Gesamtpartei gilt dies im Freistaat ebenfalls.
Bei einer Razzia im September war laut Staatsanwaltschaft Würzburg im Haus der Verbindung ein Gästebuch beschlagnahmt worden. Darin fand sich der Eintrag „Sieg Heil“, unterzeichnet mit Halembas Namenszug. In dem von dem 22-Jährigen bewohnten Zimmer sei der Ausdruck eines mit einer sogenannten Doppelsigrune versehenen SS-Befehls des SS-Chefs Heinrich Himmler vom Oktober 1939 entdeckt worden.
CSU-Landtagsfraktionschef Klaus Holetschek reichen Halembas Konsequenzen nicht aus. „Wenn er seine Parteiämter zurückgibt, hat er etwas Entscheidendes vergessen: sein Landtagsmandat. Das muss er bei der Schwere der Vorwürfe sofort niederlegen“, sagte Holetschek am Donnerstagabend. AfD-Fraktionschefin Katrin Ebner-Steiner müsse sich „hier klar positionieren und darf nicht mehr länger schweigen“.
Sollte Halemba jetzt oder später Partei und Fraktion verlassen müssen, hätte dies Auswirkungen auf die Kräfteverhältnisse innerhalb der Opposition im bayerischen Landtag. Aktuell haben AfD und Grüne dort gleich viele Abgeordnete. Weil die AfD aber beim Prozentergebnis bei der Landtagswahl vor den Grünen gelandet war, stehen der AfD als prozentual stärkster Oppositionspartei einige spezielle Rechte zu, etwa das Ersterwiderungsrecht nach Regierungserklärungen. Sollte die AfD schrumpfen, wären die Grünen die größte Oppositionsfraktion.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
NGO über den Machtwechsel in Syrien
„Wir wissen nicht, was nach dem Diktator kommt“
Sturz des Syrien-Regimes
Dank an Netanjahu?
Paragraf 218 im Rechtsausschuss
CDU gegen Selbstbestimmung von Frauen
Unterstützerin von Gisèle Pelicot
„Für mich sind diese Männer keine Menschen mehr“
Schwarz-Grün als Option nach der Wahl
Söder, sei still!
Trump und Selenskyj zu Gast bei Macron
Wo ist Olaf?