Analyse der Wirtschaftsweisen: Thema verfehlt

Die Wirtschaftsweisen gucken aufs Wachstum, die nötige Digitalisierung und Dekarbonisierung. Den Brückenstrompreis sparen sie aus.

Das Chemiewerk BASF in Ludwigshafen

Ein Brückenstrompreis als entscheidendes Instrument? Dazu schweigen die Weisen Foto: Schöning/Imago

Der Brückenstrompreis ist derzeit das wichtigste wirtschafts- und industriepolitische Thema. Doch der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung bringt es fertig, das umstrittene Instrument in seinem Jahresgutachten gar nicht erst zu erwähnen. Die Wirtschaftsweisen, wie das fünfköpfige Gremium auch genannt wird, tun sich damit keinen Gefallen.

Natürlich gibt es vieles, was derzeit die Konjunktur belastet. So ist es durchaus nachvollziehbar, dass der Sachverständigenrat sich zum Beispiel mit den Auswirkungen des demografischen Wandels auf das langfristige Wachstum beschäftigt. Dass er darauf hinweist, dass auch die mangelnde Investitionslaune der Unternehmen zum Problem wird, ist sogar gut und erfrischend. Doch dass er zum Brückenstrompreis schweigt, ist schwierig.

Der Brückenstrompreis könnte das entscheidende Instrument zur ökologischen Transformation der Industrie sein. Doch während die einen davor warnen, dass mit der Maßnahme veraltete, klimaschädliche Technologien unnötig am Leben gehalten werden, fürchten andere, dass ohne eine vorübergehende Subventionierung des Strompreises für energieintensive Unternehmen die Lichter ausgehen. So demonstrierten erst am Dienstag Tausende BASF-Beschäftige für die Maßnahme.

Insofern hätte man vom Sachverständigenrat erwarten können, dass er zum Brückenstrompreis Stellung bezieht. Schließlich ist er eins der bekanntesten und wichtigsten ökonomischen Gremien des Landes. Er hätte die Debatte mit seinem Beitrag bereichern und sich gleichzeitig in einer wichtigen Frage profilieren können.

Die Wirtschaftsweisen beschäftigen sich stattdessen lieber zum Beispiel mit der Rente oder dem Steuersystem. Das sind durchaus auch wichtige Themen. Aber würden die fünf Mitglieder des Gremiums jetzt noch mal die Schulbank drücken und wäre ihr Jahresbericht eine Klausur, dann hieße es: Thema verfehlt. So stärken die Wirtschaftsweisen mit ihrem Schweigen nur wieder Stimmen, die ihren Zweck infrage stellen.

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ist für Ökonomie im taz-Ressort Wirtschaft und Umwelt zuständig.

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