Peinliche DFB-Niederlage: Schwärende Wunden

Will die DFB-Elf bei der Fußballeuropameisterschaft 2024 im eigenen Land reüssieren, dann muss der Verband schnell und hart gegensteuern.

"Ich finde, wir machen das gut": Hansi Flick, Noch-Bundestrainer.

„Ich finde, wir machen das gut“: Hansi Flick, Noch-Bundestrainer Foto: Julian Stratenschulte/dpa

Am 14. Juni des kommenden Jahres beginnt die Fußball-Europameisterschaft der Männer in München. Die Wahrscheinlichkeit ist extrem hoch, dass Hansi Flick dann nicht mehr an der Seitenlinie steht. Der noch amtierende Bundestrainer gilt als ein feiner Kerl, der seinen Spielern zuhört und in der Nationalmannschaft ein Wohlfühlklima schafft. Aber das reicht schon lange nicht mehr.

In Katar reagierte Flick teilweise wie entgeistert auf die miese Performance seiner Mannschaft, jetzt, nach dem sang- und klanglosen 1:4 seiner Auswahl gegen Japan im heimischen Wolfsburg kommt zu diesem Nicht-wahrhaben-Wollen ein rustikaler Trotz hinzu: „Ich finde, wir machen das gut“, sagte er in einem RTL-Interview nach der Partie und beharrte bissig auf seiner Redezeit.

Je kämpferischer der Hansi (TV-Experte Lothar Matthäus: „Er kann auch mal der Hans sein“), desto klarer wurde der Ausgang des Nachspiels. Und wenn man danach noch den völlig konsternierten und rechtschaffen ratlosen Rudi Völler auf die Sofas der Zuschauer schwitzen sah, dann wurde auch dem letzten Nati-Fan in Bottrop oder Borgwedel klar, dass es so nicht weitergehen kann, nicht mit diesem Bundestrainer, nicht mit diesem Betreuerstab, nicht mit diesen seit Doha praktizierten Parolen des Weiter-so.

Wiederkehr des Verdrängten

DFB-Sportdirektor Völler und die ganzen anderen Herren aus der Task Force glaubten, mit ein paar kosmetischen Veränderungen und ihrer, nun ja, geballten Fußballexpertise, Balltreter-Deutschland zu einer Renaissance verhelfen zu können, irgendwie und überhaupt, aber die Probleme, die da so murkelig seit Monaten (seit Jahren?) weggeschoben werden, schlagen dann doch brutal in einer Wiederkehr des Verdrängten zurück. So sind die Gesetzmäßigkeiten einmal: Werden Probleme nicht ad hoc und substanziell gelöst, schwären sie weiter als eine eiternde Wunde.

All die Gesundbeter stehen vor den Trümmern ihrer gescheiterten Krisenintervention, und wenn ihnen nicht schnell etwas einfällt, dann wird die EM nicht zum Rahmen der Erneuerung für eine im September 2023 bemitleidenswerte Elf, sondern zur Antithese des 2006er-Sommermärchens.

Die Geduld der Fans ist aufgebraucht, ein Bruchteil wird sich durch die Erfolge der Basketballer beschwichtigen lassen, aber am Ende zählt nur der Fußball und da wollen alle, also Menschen, Medien und Politik, Erfolge sehen. Warum? Weil es halt immer so war und der Fußball auch Ausdruck einer führenden Rolle des Landes in anderen Bereichen gewesen ist.

Rudi Völler wird handeln müssen, da können sich die Spieler noch so sehr auf ihre Verantwortung auf dem Platz festlegen. Vielleicht sollte Gordon Herbert, der Basketball-Bundestrainer, den Hansi-Posten übernehmen. Belebende Einflüsse aus anderen Sportarten, allen voran dem Hockey, hat es im DFB ja schon einmal gegeben.

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