Flüssiggas für Deutschland: Flutlicht im Urlaubsparadies
Die LNG-Terminals an Nord- und Ostsee sorgen für Ärger bei Menschen, die dort leben oder Urlaub machen. Lärm und Lichtverschmutzung stören sie.
Die hohe Lichtintensität bestätigt auch die Naturschutz- und Forschungsgemeinschaft Mellum-Rat der taz. Das Schiff liegt seit Ende vergangenen Jahres am 20 Kilometer entfernten Terminal vor Wilhelmshaven und wandelt auf minus 162 Grad heruntergekühltes Erdgas wieder in seine Ursprungsform zurück.
Es ist Teil einer ganzen Serie von bereits gebauten oder geplanten LNG-Terminals, mit denen die Versorgungssicherheit in Deutschland und den Nachbarländern nach dem Wegfall der Gaslieferungen aus Russland sichergestellt werden soll. Kritiker bemängeln dagegen eine überdimensionierte Planung der Anlagen. Und, dass hier fossile Infrastruktur für die kommenden Jahrzehnte bereitgestellt wird, welche die deutschen Klimaziele torpedieren kann.
Doch für die Menschen vor Ort haben die Terminals ganz konkrete Auswirkungen: Sie sind Quelle einer starken Lichtbelastung. Verdunkeln könne man die Terminals aus Sicherheitsgründen nicht, da diese rund um die Uhr in Betrieb seien, sagte Jerzy Gohlke, Leiter des Gewerbeaufsichtsamts Oldenburg, dem lokalen Blog Hooksiel-life. Die Lichtstärke und der Aufhellungseffekt des Schiffs seien jedoch mit dem Immissionsschutzgesetz vereinbar und genehmigt worden, heißt es weiter.
Klage gegen Lärmbelästigung
Gegen eine solche Genehmigung in der knapp 450 Kilometer entfernten Ostseegemeinde Lubmin klagte Anfang August die Deutsche Umwelthilfe (DUH). Die Umweltauswirkungen des LNG-Terminalschiffs „Neptune“, welches dort seit Anfang dieses Jahres vor der Küste liegt, seien „keiner umweltrechtlichen Genehmigung unterworfen worden“, so die DUH. Anwohnende beschweren sich zudem seit Monaten über starke Lärmbelästigung, die von dem Schiff ausgehe.
Neben einem ständigen penetranten Brummen wurde auch von vereinzeltem lauten Knallen berichtet. „Das passiert, wenn sich das tiefgekühlte Flüssiggas erwärmt“, erklärt Jürgen Zier, pensionierter Kapitän. Er hat vor seiner Pensionierung internationale Handelsschiffe gesteuert und das Lubminer LNG-Schiff bei einer Besichtigung kennengelernt. „Da entsteht dann ein Überdruck, der durch ein sogenanntes Überlastventil ausgeglichen wird. Das verursacht einen lauten Knall.“
Es handele sich dabei jedoch um Ausnahmefälle, sagt ein Sprecher des mecklenburgischen Umweltministeriums der taz. In der Regel sollte ein solcher Vorgang aus ökonomischen und Klimaschutzgründen nicht erfolgen. Bezüglich der Lärmbelästigung sollten im Laufe der Woche Schalldämpfer installiert werden, sagt der Sprecher.
Auswirkungen auf die Umwelt
Die andauernde nächtliche Beleuchtung hat auch Auswirkungen auf die Umwelt. Gerade in sonst dunklen Gegenden sei eine plötzliche grelle Beleuchtung problematisch, erklärt Christopher Kyba vom Deutschen Geoforschungszentrum in einem Interview mit der Wissensplattform Erde und Umwelt der Helmholtz-Gemeinschaft: „Wenn Licht in der Nähe eines Ortes installiert wird, der vorher unbeleuchtet war, wie zum Beispiel an einem Gewässer oder in einem Wald, dann hat das eine viel größere Wirkung als ein neues Licht in der Stadt“, so der Geoforscher.
Katja Hockun, Meeresexpertin der Deutschen Umwelthilfe
„Viele Tiere werden in ihrem Instinkt getäuscht“, sagt DUH-Meeresexpertin Katja Hockun. Der Tag-und-Nacht-Rhythmus von nachtaktiven Tieren würde dadurch gestört. „Tagaktive Tiere bekommen wiederum nicht genügend Schlaf und sind geschwächt“, sagt sie. Der Lärm wirke sich auch auf die Meereswelt aus: „Der Schweinswal zum Beispiel, Deutschlands einziger heimischer Wal, fühlt sich durch den Lärm gestört“, so Hockun.
Zu Licht und Lärm kommt eine weitere Folge der Terminals: Kritiker bemängeln, dass die verstärkte Wellenbewegung durch die An- und Abfahrt der Schiffe etwa gesamte Strand- und Küstenregionen verändere, indem sie den Sand abtragen würden. Die Baumaßnahmen einer geplanten Pipeline vor Rügen wäre für den Ostseehering „ein Todesstoß“, so Hockun. Denn diese zerstörten die Laichgebiete der bereits bedrohten Fische.
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