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Berliner WohnungsbündnisEs ist gescheitert

Erik Peter
Kommentar von Erik Peter

Private Vermieter verstoßen nach Belieben gegen das Wohnungsbündnis des Senats. Es ist Zeit, diesen falschen Versuch endlich zu beenden.

Sie passen in kein Schloss Foto: dpa

Wir stellen fest, die privaten Vermieter brechen systematisch die Vereinbarungen, auf die sie sich im Rahmen des Wohnungsbündnisses verpflichtet hatten. Wir beenden damit diesen untauglichen Versuch der freiwilligen Selbstverpflichtungen und werden stattdessen alles Notwendige tun, um gesetzlich einklagbare Mieterrechte zu stärken.“ Manchmal sind es die naheliegendsten Sätze, die Po­li­ti­ke­r:in­nen nicht einfallen.

Stattdessen hält der Senat an dem im vergangenen Jahr unter großem Tamtam geschlossenen Bündnis für Wohnungsneubau und bezahlbare Mieten fest, das auf ganzer Linie als gescheitert angesehen werden muss. Er offenbart damit seine ideologische Verbrämtheit, hinter der der Unwillen versteckt wird, gegen die Machenschaften privater Konzerne vorzugehen. Das Vertrauen der Menschen in die Handlungsfähigkeit von Politik, die auch einmal den Mut zur Selbstkorrektur hat, wird damit weiter zerstört.

Mit der Adler Group und Vonovia hatten nur zwei private Konzerne den Bündnistext unterschrieben, abgesehen von einigen Verbänden, die ebenfalls Private organisieren. Doch die PR-Show ist für den Senat nach hinten losgegangen. Beide haben nachweislich die Vereinbarungen gebrochen, ihre Mieten stärker erhöht als zugesagt und mieterschützende Regelungen nicht zur Anwendung gebracht.

Die Adler Group hat das Bündnis in dieser Woche konsequenterweise verlassen, nachdem sie Mieten um 15 statt der zugesagten maximal 11 Prozent erhöht hatte. Die Begründung des Konzerns ist die, zu der jeder private Konzern schlussendlich kommt: „Die Anpassung der Mieten ist nach Gesamtbetrachtung der Interessen von Aktionären, Gläubigern und Mietern erforderlich.“ Wenn es auch Adlers Geheimnis bleiben wird, warum maximale Mietsteigerungen im Interesse der Mie­te­r:in­nen sein sollten.

Profitmaximierung und Mieterschutz gehen nie zusammen

Die Verweigerungshaltung des Senats besteht darin, den Interessengegensatz zwischen börsennotierten Konzernen, die einzig dem Profitmaximierungsinteresse ihrer An­le­ge­r:in­nen verpflichtet sind, und einer Politik, die für den Schutz von Mie­te­r:in­nen als elementare sozialstaatliche Aufgabe sorgen muss, zu negieren. Getan wird, als sitze man im gleichen Boot.

Doch während die privaten Frachter mit Volldampf Richtung Horizont schippern, müssten die rudernden Po­li­ti­ke­r:in­nen eigentlich versuchen, Land zu erreichen. Dass sie sich stattdessen ans Heck der Frachter hängen, liegt an der Illusion, man bräuchte diese Privaten für das Erreichen der Neubauziele. Doch der Vermietungs-, nicht Wohnungsbaukonzern Vonovia hat selbst die wenigen Neubauvorhaben für das laufende Jahr gestoppt. Und wer ein Wohnungsneubauprojekt der Adler Group findet, dem spendiert die taz eine Bootsfahrt auf der Spree.

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Erik Peter
Politik | Berlin
Redakteur für parlamentarische und außerparlamentarische Politik in Berlin, für Krawall und Remmidemmi. Schreibt über soziale Bewegungen, Innenpolitik, Stadtentwicklung und alles, was sonst polarisiert. War zu hören im Podcast "Lokalrunde".
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9 Kommentare

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  • Die von Giffey (SPD) initierte Wohnungspolitik scheitert gerade krachend. Auch die im Bund von Geywitz (SPD) verantwortete Wohnungspolitik muss scheitern.

    Denn die Neubauziele - vor allem für Sozialwohnungen - sind bundesweit unerreichbar.

    Laut taz folgt die Politik in Berlin einer Illusion, indem sie auf die großen Wohnungsbaukonzerne setzte.



    Doch es ist viel schlimmer, die SPD verkauft regelrecht die Interessen ihrer Stammwähler in der Berliner Wohnungsbaupolitik, weil jeder gute Beamte der Politik vorrechnen könnte, dass die Wohungspolitik in Berlin und im Bund vorne und hinten nicht aufgehen kann. Viel zu wenig Geld, Inflation, höhere Baukosten etc., aber kein kritischer Diskurs bei SPD, aber auch CDU und den Grünen.

    Allein die Linke hält die Finger in die Wunde, dringt aber nicht durch.

    Dazu kommt die Gier der Wohnungskonzerne, der Politik keinerlei Grenzen setzt.



    In der Summe hat die verfehlte Wohnungsbaupolitik längst die Züge eines Klassenkampfes angenommen, zumal jedes Jahr Tausende anerkannte Asylsuchende auf den Wohnungsmarkt drängen, aber keiner sagt, wo der dazu gehörige Wohnraum herkommen soll. Containerghettos sind die Folge.

    Bis ins kleinste Dorf ist das Wohnungsproblem mittlerweile zu spüren.



    Nur viel mehr Geld des Staates für den sozialen Wohnungsbau und eine Verstattlichung der privaten Baukonzerne könnte eine Besserung herbeiführen.



    Es braucht aktive Bauministerien, die staatlichen sozialen Wohungsbestand aufbauen.

    Doch Politik glaubt, dass Wähler nicht merken, dass ihre Wohungspolitk auf Pappmache gebaut ist, weil gerade mal so viele Sozialwohnungen neu gebaut werden, wie aus der Sozialbindung fliegen.

    Wie in der Weimarer Republik, könnte diese illusionäre Politik, die in Wahrheit auf politischer Ignoranz beruht, böse Folgen haben, wenn Wähler das Gefühl bekommen, bei dem Thema Wohnungspolitik von der Politik systematisch hinter das Licht geführt zu werden.

  • 1G
    14231 (Profil gelöscht)

    Etwas irreführend ist die Überschrift. Adler und Vonovia sind vor allem gewerbliche Vermieter. Private Vermieter, das sind Max Meyer und Ilse Müller: Menschen, die sich eine Immobilie als sichere Investition und Altersvorsorge kaufen und diese direkt vermieten. Menschen, die man notfalls auch mal Abends um zehn Anrufen kann, wenn es Probleme mit der Heizung gibt. Und Menschen mit denen sich eventuell doch über die Mieterhöhung verhandeln lässt, wenn sie verstehen, dass man sich diese nicht leisten kann und sie deswegen einen verantwortungsbewussten, nicht allzu anstrengenden Mieter verlieren würden.

    Es sind Menschen, die aber auch keine Lust auf teure und nervenaufreibende Rechtsstreitigkeiten sowie Anwälte haben. Genau deswegen vergrault man aber auch diese Menschen vom Mietmarkt, wenn man diesen immer weiter dermaßen reguliert, dass man ohne konstanten Rechtsbeistand nicht mehr auskommt. Der will im übrigen auch bezahlt werden, was am Ende auf die Mieten durchschlägt.

    • @14231 (Profil gelöscht):

      Mit dem Wohnraum anderer Leute die eigene Altersvorsorge erarbeiten zu lassen ist kein Zeichen von Gutherzigkeit. Und dass man abends um 10 erreichbar ist, wenn die Heizung nicht funktioniert, heißt auf der anderen Seite auch, dass man wochenlang nicht erreichbar ist, wenn man im Urlaub oder Krankenhaus ist, oder einfach keinen Bock hat. Dieses Romantisieren privater Vermietung sollte aufhören; Eigentum an Wohnraum ist weder bei privaten noch bei gewerblichen (die übrigens auch „privat“ sind) Vermietern gut aufgehoben.

      • @Wonko the Sane:

        Nichtsdagegen, wenn der Staat das Invest samt Zinsen ablöst. Dann können wir uns überlegen, wieviel Subvention ok ist.



        Das macht das Mieten billiger, fehlenden Wohnraum bringt es erstmal nicht.

      • @Wonko the Sane:

        Wohnungskauf ist im Grunde die Miete für zig Jahre im Voraus zu bezahlen. Dass diese von den Mietern nun monatlich zu bezahlen ist, ist recht gut verständlich. Zudem erhöhen Einzelvermieter recht selten die Miete.

    • @14231 (Profil gelöscht):

      In Berlin gibt es etwa zwei Millionen Wohnungen. Circa 15% davon gehören Finanzmarktinvestoren und börsennotierten Wohnungsunternehmen. Der Rest wird von Privatleuten gestemmt.

      Aber an Hand des Wordings im Artikel ist ja schon klar wer der "Feind" letzten Endes ist. Der private Vermieter, egal ob Hans Müller mit einer Wohnung oder Vonovia mit 150 000.

    • @14231 (Profil gelöscht):

      Bingo. Volle Zustimmung.

  • Dann ist es ja verrückt, dass der RRG-Senat das gemacht hat. Genauso verrückt ist es ja, dass der Wohnbau vom zuständigen Senator (waren dafür nicht die Linken zuständig?) so sträflich vernachlässigt worden ist.

    • @eicke81:

      Irrtum, sie liegen gänzlich falsch....

      Verantwortlich für dieses von Beginn an illusionäre Projekt Berliner Wohnungsbündnis mit den großen Immobilienfirmen waren die Enteignungsverhinder*innen von der Sozialdemokratie.



      Also vor allem Frau Giffey die gern rote Kostüme trägt aber niemals linke Politik zusammen mit Linken und Grünen für die Mieter*innen dieser Stadt machen wollte. Als Bausenator zuständig war Andeas Geisel, sie waren die politisch treibenden Kräfte der Immobilienlobby und gründeten ihr perfides Wohnungsbündnis eben aus der Angst vor linker Politik . Das heißt aus Angst vor dem Erfolg der Enteignungskampgne einerseits und gleichzeitig aus Angst vor den realen Fakten denn zugleich hätte RGR bei der bestehenden Mangellage an Wohnraum Sozialisierung nicht genügt. Vielmehr hätte die große Aufgabe des Neubaus bezahlbaren Wohnraumes als öffentliche Aufgabe der Investitionen und der strengen Regulationen neu gedacht werden müssen.

      Ging gar nicht für Bausenator Geisel so dass er in seiner Zuständigkeit für die Ausrichtung der Berlinwahl 2021 gleich die Ausstattung der Wahllokale mit Stimmzetteln zu verhindern wusste ... denn RGR hätte keine volle Zweite Legislatur durchregiert ohne die genannten dringliche Fragen von Mieter*innen an eine soziale Wohnpolitik aufzunehmen

      Ergebnis: Wahl torpediert, Wahl anulliert, Wahlkampf statt Politik, rassistische Sylvesterhetze + dümmlicher Autofahrer Krieg und immer noch hätte RGR eine Mehrheit bei der Neuwahl gehabt ... leider wird wird "the winner takes it all" gefordert ... weshalb es nun überhaupt keine zweckmäßigen Lösungen mehr geben wird.

      Andreas Geisel ist zwar weg, aber die Immolobby sitzt politisch fester im Sattel als zuvor - wie es der Andreas und das Giff-ei wollten...



      Zynische Fakten:



      tausende gering verdienende Frauen verharren in Beziehungen die ihnen schaden. Familien sollen in der Legebatterie zufrieden sein.



      Sie alle belegte der Andreas in ihren Wohnungen mit "Geiselhaft."

      Spitz auf´n .