Erfolg der Putschisten in Niger: Bye-bye, Bazoum

Welche Eingreiftruppe könnte leisten, wovon jene, die bereits vor Ort sind, die Finger lassen? So traurig es ist, Niger gehört den Putschisten.

Bazoum sitzt noch in offizieller Kleidung in seinem Palast

Heute harrt Bazoum im Keller seines Präsidentenpalasts aus Foto: Kay Nietfeld/dpa

Nein, es wird wohl keine Militärintervention in Niger gegen den Militärputsch und zur Wiedereinsetzung des gewählten Präsidenten Mohamed Bazoum geben. Westafrikas militärische Drohkulisse stellt sich als das heraus, was sie immer war: eine Kulisse eben. Dahinter verbarg sich – nichts.

Die Ecowas-Eingreiftruppe, die jetzt in Bereitschaft versetzt werden soll, existiert nur auf dem Papier. Stattdessen schickt Nigeria nach Niger religiöse Unterhändler. Aus Nigeria gab es anfangs auch Drohungen, den Putschisten werde Hören und Sehen vergehen, wenn sie sich nicht fügen; heute bittet man sie höflich, auf Kundgebungen keine nigerianische Flaggen zu verbrennen.

Nigers Putschisten haben die Macht, sie sind die Verhandlungspartner, mit ihnen muss eine Lösung gefunden werden. Und Bazoum? Sein Schicksal schrumpft von einer politischen zu einer humanitären Frage. International wird nur noch Bazoums Freilassung gefordert, nicht seine Wiedereinsetzung. Man wünscht sich eine Wiederherstellung der verfassungsmäßigen Ordnung in Niger, aber der Name Bazoum fällt dabei nicht.

Man sorgt sich nur noch um sein Wohlergehen im Keller seines Präsidentenpalastes, wo er unter Arrest der eigenen Garde sitzt. Und man fordert für ihn nicht mehr die Macht, sondern Lebensmittel, Medikamente, Strom. Im bitterarmen Niger wären Lebensmittel, Medikamente und Strom für alle Menschen eine gute Sache.

So zeichnet sich nun ein schmutziger Deal ab: Gebt uns Bazoum lebend und versprecht eine Rückkehr zur Demokratie, irgendwie und irgendwann, und im Gegenzug lassen wir euch in Ruhe. Eine andere Wahl hat die internationale Staatengemeinschaft auch gar nicht. Einmarsch in Niger? Tausende französische und US-amerikanische Truppenangehörige sind schon da, auch Spezialkräfte.

Die zivile Demokratie hat in Niger verloren

Welche denkbare Eingreiftruppe könnte leisten, wovon jene aus guten Gründen die Finger lassen? Und sollten die ausländischen Kontingente vor Ort Geiseln des nigrischen Militärs werden und im Falle einer westlichen Befreiungsaktion Russlands Wagner-Kämpfer zur Unterstützung der Junta einrücken, beginnt dann ein dritter Weltkrieg? In Niger? Die Vorstellung ist in der afrikanischen Diskussion nicht so abartig, wie es in Europa scheint.

Die zivile Demokratie hat in Niger verloren wie schon in Mali, Guinea und Burkina Faso. Damit muss man sich abfinden. Die Putschisten werden in all diesen Ländern nichts besser machen als ihre zivilen Vorgänger. Das werden die Bevölkerungen dieser Länder alsbald merken. Es wird neue Revolten geben, und die Generäle werden irgendwann vor der Wahl stehen, ihr eigenes Volk zu massakrieren oder zurückzutreten. Der Rest der Welt sollte für diesen Moment bereitstehen und sich rechtzeitig mit den demokratischen Kräften der Sahelländer darüber verständigen, was dann zu tun ist. Aber jetzt ist nicht dieser Moment. So traurig das für Mohamed Bazoum ist.

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