Die Ecowas und der Coup in Niger: Schlechter Ruf gestärkt

Nach dem Militärputsch in Niger zeigte sich die Wirtschaftsgemeinschaft Ecowas uneinig. Ihr fehlt ein Mittel zur sinnvollen Beilegung von Konflikten.

Drei Herren grüßen in die Kamera, sie tragen teils weltliche und teils regionale Kleidung

Omar Touray (links), Präsident der ECOWAS-Kommission Foto: Gbemiga Olamikan/ap

Am Ende hat die Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft Ecowas keine Wahl gehabt, ist zurückgerudert und betont jetzt, dass nach dem Putsch im Niger auf diplomatischem Weg eine Lösung gefunden werden soll. Gleichwohl hat sie angekündigt, eine militärische Bereitschaftstruppe aufzustellen. Nach aktuellem Stand ist das eine nachvollziehbare Reaktion. Ein Glanzstück hat die Regionalorganisation damit aber nicht abgeliefert.

Bereits vor dem Auslaufen des Ultimatums am 6. August wurde deutlich, dass es in Westafrika keine Basis für eine militärische Intervention gibt. Länder wie Benin, die zwar bereit sind, Truppen zu stellen, betonen, dass ihnen Vermittlungsversuche lieber seien. Nichtstaatliche Organisationen und Po­li­ti­ke­r:in­nen warnen in der Region vor katastrophalen Folgen für die Bevölkerung. Nur Nigerias Präsident Bola Tinubu, gleichzeitig Ecowas-Vorsitzender, hielt noch an dem Plan fest. Damit hat er sich keinen Namen als geschickt verhandelnder Politiker gemacht.

Einerseits hat die Ecowas so zwar auf Sorgen der Bevölkerung reagiert, die eine Intervention ablehnt, auch wenn es keine Erhebungen gibt, wie viele Menschen eine solche tatsächlich befürwortet hätten. Andererseits hat sie ihren schlechten Ruf gestärkt, nicht konsequent genug zu sein und den Ankündigungen keine Taten folgen zu lassen. Und wenn es zu Konsequenzen kommt, dann treffen diese meist die Bevölkerung, nicht aber die Machthabenden.

Unter den bereits verhängten Wirtschaftssanktionen, etwa den geschlossenen Grenzen, leiden vor allem jene, die ohnehin kaum Geld haben. Wie wenig das bringt, hat Mali im vergangenen Jahr gezeigt. Die Ecowas wollte die Junta mit scharfen Sanktionen gegen die Bevölkerung zwingen, Präsidentschafts- und Parlamentswahlen zu organisieren. Doch sie scheiterte kläglich und musste die Sanktionen nach einigen Monaten erfolglos aufheben.

Tatsächlich geht es um strukturelle Probleme. Vor allem die Sahel-Länder Niger und Mali sind riesige Flächenstaaten. Dort waren staatliche Strukturen viel zu wenig präsent und auch nicht vertrauenswürdig. Das geht einher mit massiven wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Militärs haben leichtes Spiel, gewählte Regierungen zu diskreditieren und ihnen vorzuwerfen, zu wenig gegen den Terrorismus zu unternehmen. Unterstützung erhalten sie durch soziale Netzwerke, in denen allerlei Falschinformationen und antiwestliche Rhetorik verbreitet werden.

Erst wenn Re­gie­rungs­ver­tre­te­r:in­nen glaubhafter werden, sich Sicherheitslage und die wirtschaftliche Situation ebenso bessern wie der Zugang zu Bildung und Gesundheitsvorsorge, kann die Putschgefahr gebannt werden.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Nach dem Abitur im Münsterland bereiste sie zum ersten Mal Südafrika und studierte anschließend in Leipzig, Helsinki und Kopenhagen Journalistik und Afrikanistik. Nach mehreren Jahren im beschaulichen Schleswig-Holstein ging sie 2010 nach Nigeria und Benin. Seitdem berichtet sie aus ganz Westafrika – besonders gerne über gesellschaftliche Entwicklungen und all das, was im weitesten Sinne mit Religion zu tun hat.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.