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Nach Staatsstreich in NigerPutschisten wollen nicht aufgeben

Nigers herrschende Militärs verbreiten Behauptungen über Angriffe aus Frankreich und verhaften Gegner. Westafrika hatte ihnen ein Ultimatum gestellt.

Teilnehmer eines Marsches, zu dem Anhänger von General Omar Tchianis aufgerufen hatten Foto: Djibo Issifou/dpa

Cotonou taz | Nach Einknicken der Putschisten in Niger sieht es nicht aus. Beim Sondergipfel in Nigerias Hauptstadt Abuja am Sonntag hatte die Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft Ecowas Nigers neuer Junta um General Abdourahamane Tchiani unmissverständlich gedroht: Eine Woche habe sie Zeit, um den abgesetzten Präsidenten Mohamed Bazoum wieder einzusetzen. Ansonsten komme es zu einer Militärintervention. Als Vermittler reiste Tschads Präsident Mahamat Idriss Déby in die Hauptstadt Niamey und traf sowohl Tchiani als auch Bazoum.

Mit vier Kurznachrichten auf Twitter machte der „Nationalrat zur Rettung des Vaterlandes“ (CNSP), der Niger seit Donnerstag regiert, am Montagmorgen deutlich: Man denke nicht daran, die Macht wieder abzugeben. Sprecher Amadou Abdramane verlas eine Reihe von Bekanntmachungen. Alle abgesetzten Minister und Direktoren müssen ihre Dienstfahrzeuge zurückgeben. Nigers umstrittenes Gesetz zur Internetkriminalität – Menschenrechtsorganisationen wie Jour­na­lis­t:in­nen bewerten es als Unterdrückung der Meinungsfreiheit – bleibt in Kraft. Auch sei die „friedliche Demonstration“ am Sonntag ein Erfolg gewesen. Dabei hatten Un­ter­stüt­ze­r:in­nen der Junta Feuer vor der französischen Botschaft gelegt, sechs Menschen wurden in Krankenhäuser gebracht, Tränengas kam zum Einsatz.

Im Kommuniqué Nummer 14 behauptet die Junta außerdem, Hassoumi Massaoudou, Interimspremierminister und Außenminister unter Bazoum, sowie der Kommandeur der Nationalgarde, Midou Guirey, hätten ein Dokument unterzeichnet, welches Frankreich einen Angriff auf den Präsidentenpalast mit dem Ziel genehmigt, den dort festgesetzten Bazoum zu befreien. Bestätigt ist das nicht. Die Behauptung passt zum Diskurs der neuen Militärmachthaber, sich im Widerstand gegen ausländische Einmischung zu sehen. Die Junta soll auch eine Reihe von Politikern verhaftet haben. Nigers bisherige Regierungspartei spricht von 180 Verhafteten in ihren Reihen, darunter mehrere Minister.

Antifranzösische Stimmung wächst

Die Behauptungen der Junta verstärken die antifranzösische Stimmung, die in Niger bisher weniger spürbar war als in Mali und Burkina Faso. In der Hauptstadt Niamey hatten sich vor einem Jahr 15 Organisationen der Zivilgesellschaft zur Bewegung „M62“ zusammengeschlossen, um gegen die Präsenz internationaler Truppen zu protestieren. Koordinator Abdoulaye Seydou wurde im April zu neun Monaten Haft und umgerechnet 1.500 Euro Geldstrafe verurteilt.

Durch die Entwicklung in Niger angeheizt, zeigen Videoclips nun auch in Senegal antifranzösische Proteste. Die Regierung von Präsident Macky Sall ließ am Montagmorgen das mobile Internet zeitweilig ausschalten. Dies folgt auf die Verhaftung des Oppositionsführers Ousmane Sonko am Freitag. Demonstrationen für Nigers Junta soll es auch in der Elfenbeinküste gegeben haben.

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1 Kommentar

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  • Ich glaube nicht die Antifranzösische Stimmung wächst, sondern durch den Konflikt nur mehr zum Vorschein kommt. Ich kenne viele Afrikaner aus den ehemaligen französischen Kolonien und war auch schon oft an der Elfenbeinküste. Die meisten sehen Frankreich "sehr" kritisch.