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Steuervergünstigungen für die LuftfahrtStaat verzichtet auf Milliarden

Umweltorganisationen fordern, dass die Regierung für Flüge Steuervergünstigungen streicht. Die möglichen Einnahmen sind sehr hoch.

Steuervergünstigungen für die Luffahrt, die das Klima zerzstört und wie die Lufthansa ordentlich Gewinne macht Foto: Boris Roessler/dpa

Berlin taz | Im Jahr 2025 wird der deutsche Staat voraussichtlich auf 6 Milliarden Euro an Einnahmen verzichten, wenn er an den bestehenden Steuervergünstigungen für Flüge festhält. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Umweltdachverbands Transport & Environment (T&E).

Im vergangenen Jahr sind dem Fiskus der Studie zufolge durch die Vergünstigungen bereits rund 4 Milliarden Euro entgangen. „Mit vier Milliarden Euro ließen sich mehr als 100 neue ICEs pro Jahr anschaffen oder die Schiene könnte mit dem siebeneinhalbfachen Budget und damit deutlich höherem Tempo digitalisiert werden“, rechnet Jacob Rohm von der Umweltorganisation Germanwatch vor, die Mitglied bei T&E ist. Bei dieser Berechnung wird ein Preis von bis 35 Millionen Euro für einen ICE zugrunde gelegt.

Die Einnahmen aus dem Flugverkehr lagen im Jahr 2022 der Studie zufolge bei rund 1,5 Milliarden Euro. Sie stammten aus der Mehrwertsteuer für Inlandstickets – für Abflüge ins Ausland gilt sie nicht – und dem CO2-Preis, der allerdings nur für Flüge innerhalb der EU gilt. Eine Kerosinsteuer gibt es hierzulande nicht.

Die errechnete Steuerlücke besteht aus der Differenz dieser Einnahmen und den Einkünften, die mit der Besteuerung von Kerosin, einer Mehrwertsteuer auf alle Tickets und dem CO2-Preis auf alle Flüge zu erzielen wären. Hier kommen die Studienautoren auf eine Summe von insgesamt 5,4 Milliarden Euro.

Ticketsteuer für den Übergang

Weil die Luftfahrtbranche in den kommenden Jahren Prognosen zufolge wachsen wird, steigen auch die Einnahmen, auf die der Staat verzichtet. „Die Bundesregierung lässt sich Milliarden entgehen, um eine Industrie zu päppeln, die nicht nur das Klima zerstört, sondern – wie aktuell die Lufthansa – auf neue Rekordgewinne zusteuert“, sagt Sebastian Bock, Geschäftsführer von T&E Deutschland.

Der Verband und Germanwatch fordern, die Steuerlücke zu schließen. Solange das nicht geschehen ist, sollte die Bundesregierung nach Auffassung der Organisationen eine Ticketsteuer erheben. Sie soll so hoch sein, dass die prognostizierte Lücke von 6 Milliarden Euro im Jahr 2025 gefüllt wird. Für Inlandsflüge soll die Ticketsteuer bei 11 Euro liegen, für innereuropäische Flüge bei 48 Euro und für außereuropäische bei 230 Euro. Damit soll erreicht werden, dass mehr Menschen auf klimafreundliche Verkehrsmittel wie die Bahn umsteigen.

EU-weit lagen die Einnahmeverluste durch Steuervergünstigungen für Flüge bei 34 Milliarden Euro. Großbritannien weist mit 5,5 Milliarden Euro die größte Steuerlücke auf.

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9 Kommentare

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  • ...Unverschämtheit - wir Bürger sind der Staat - ich möchte in Zukunft nicht auf die 6 Milliarden Einnahmen verzichten....

  • 
Zitat @fly: „Diese Vorschläge funktionieren jedenfalls nur EU weit. Sonst gibt es halt einen stärkeren Andrang in Amsterdam (jedenfalls noch), Brüssel oder in Paris.“

    Wieso soll eine Verteuerung von Flügen von Berlin nach München zu „stärkeren Andrang in Amsterdam, Brüssel oder in Paris“ führen? Das teilweise Verbot von Inlandsflügen in Frankreich hat auch nicht zu einem Andrang in Hamburg geführt…

    Im übrigen danke für diesen Artikel, dessen Botschaft es verdient hätte, an ganz große Glocken gehängt zu werden. Vielleicht motiviert das die Klimakleber, sich zur Abwechslung mal vor dem Eingang des Finanzministeriums festzukleben…

    Es gibt sie also doch noch, die lesenswerten Artikel in der Taz…

  • Steuerlücken sind alles, worauf es noch keine Steuern gibt. Da gibt es bestimmt noch mehr.



    Diese Vorschläge funktionieren jedenfalls nur EU weit. Sonst gibt es halt einen stärkeren Andrang in Amsterdam (jedenfalls noch), Brüssel oder in Paris.



    11 Euro Inland: dafür steigt keiner um.



    230 Euro aussereuropäisch: Tickets werden also einfach ca 30% teurer in den günstigen Klassen. In der Business merkt man das wohl kaum. Also wieder sozial unausgewogen.

    • @fly:

      Dreck ist Dreck und muß daher nicht "sozial ausgewogen" berechnet werden.



      Die Flugsteuern sollen so steigen, daß das CO" bepreist ist, unabhängig von Einkommen oder Flugklasse.

  • "Für Inlandsflüge soll die Ticketsteuer bei 11 Euro liegen, [...] für außereuropäische bei 230 Euro. [...] dass mehr Menschen auf klimafreundliche Verkehrsmittel wie die Bahn umsteigen."

    Welche klimafreundlichen Verkehrsmittel schwebt der EU bei außereuropäischen Verbindungen denn so vor? Mit dem Segelboot von Hamburg nach Bangkok?



    An dieser Staffelung erkennt man mit einem Blick, dass der Grund für die Zusatzsteuer eigentlich ein anderer ist: Fernreisen sollen sich nur noch jene leisten können, welche das nötige Geld dazu haben. Ansonsten müssten Inlandsflüge am teuersten besteuert werden, weil das größtenteils Geschäftspersonen sind.

    • @Mopsfidel:

      Irrtum, bzw, viel zu kurz gesehen. WIR alle können uns die ganze Tourifliegerei nicht leisten. Das Klima kollabiert, die Welt wird zur Wüste gemacht - aber auf Autofahren oder fliegen verzichten, das kommt nicht in Frage. Menschen sind dumm.

      • @Zebulon:

        ...wir Mendchen sind nicht dumm, bisher haben wir doch für alles eine Lösung gefunden...



        Geduld - es wird sicher schon an etwas neuem Getüftelt...wir sind da ganz zuversichtlich...

  • > Damit soll erreicht werden, dass mehr Menschen auf klimafreundliche Verkehrsmittel wie die Bahn umsteigen.

    Es wäre doch wirklich schön, wenn man sich zur Abwechslung mal bemühen würde, (in diesem Fall) die Bahn attraktiver zu machen, indem man die Bahn verbessert. Stattdessen wird wieder nichts an der Qualität der Bahn gemacht. Braucht es auch nicht. Wettbewerb findet nicht statt. Stattdessen lieber als Staat so weit eingreifen, dass alle für den Verbraucher objektiv besseren Alternativen unattraktiv werden. Besser sind sie deshalb weiterhin. Qualität der Bahn nimmt nicht zu. Hat sie auch bei den letzten 24 Dingen nicht, die man gemacht hat, um Bahnfahren attraktiver zu machen.

    In meiner Stadt gibt es bald eine höhere Taklung der Straßenbahnen. Das ist super. Das wird mich dann auch dazu bewegen, vom Auto weg zu wechseln und das einfach nur, weil das Angebot besser wird.

    Das Ganze erinnert mich ein bisschen an die Raubkopiererei Anfang der 2000er, wo Firmen Unmengen an Geld ausgegeben haben, um Raubkopierer zu schnappen und zu verhindern, dass sich Leute MP3s und Filme herunterladen. Um dann zu merken, dass tolle Angebote wie Netflix oder Spotify ganz von alleine dazu führen, dass schlichtweg kein Bedarf für Piraterie mehr da ist.

    > für außereuropäische bei 230 Euro. Damit soll erreicht werden, dass mehr Menschen auf klimafreundliche Verkehrsmittel wie die Bahn umsteigen.

    "Nehmen Sie bitte den Zug nach Japan oder in die USA, oder zahlen die 230 Euro."

  • Hat denn nicht der Verkehrsminister seinerzeit auf 51 000 000 000 € verzichtet ?



    Nämlich auf die Strafe gewisser Automibilkonzerne für den nachgewiesenen Dieselabgasbetrug ?

    Dann sind das hier ja wohl eher Peanuts.