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Nach Eilantrag von CDU-AbgeordnetenErst nach der Sommerpause

Das Bundesverfassungsgericht hat die Abstimmung über das Heizungsgesetz gestoppt. Erst im September entscheidet der Bundestag darüber.

CDU-Abgeordneter Thomas Heilmann (mitte) neben Nestlé-Frau (links) hatte vor Karlsruhe geklagt Foto: Kay Nietfeld/dpa

Berlin taz | Der Mann, der der Ampelregierung die bislang größte Schlappe bereitet hat, steht am Donnerstagmorgen gegen 9 Uhr bestens gelaunt im großen Saal der Bundespressekonferenz. Er gibt sich sichtlich Mühe, nicht triumphierend zu wirken. „Mir geht es nicht um Genugtuung gegenüber der Ampel“, sagt der CDU-Bundestagsabgeordnete Thomas Heilmann.

Der frühere Berliner Justizsenator Heilmann hat mit einem Eilantrag an das Bundesverfassungsgericht (BVerG) dafür gesorgt, dass der Bundestag anders als vorgesehen an diesem Freitag nicht über das umstrittene Heizungsgesetz abstimmt. Er sei nicht gegen das Gesetz, aber gegen die hastige Verabschiedung, sagt Heilmann, der auch Vorsitzender der Klimaunion ist, die sich in CDU und CSU für Maßnahmen gegen die Erderhitzung einsetzt. „Es ist sehr bedauerlich wie die Ampel vorgegangen ist, weil sie dem Klimaschutz geschadet hat“, sagt er. Jetzt wird der Bundestag das Gesetz vor der Sommerpause nicht mehr verabschieden.

Das BVerfG hat am Mittwochabend dem Eilantrag von Heilmann stattgegeben und die Abstimmung über das Gebäudeenergiegesetz (GEG) untersagt. Mit der Novelle will die Ampelregierung den Abschied vom fossilen Heizen einleiten. Über die Details hatten SPD, Grüne und FDP über Monate gestritten.

Erst Mitte Juni kam der von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) im April vorgelegte Gesetzentwurf in den Bundestag – obwohl zu diesem Zeitpunkt klar war, dass es gravierende Änderungen geben würde. Die Koalition brauchte weitere zwei Wochen, um offene Punkte zu klären und schriftlich festzuhalten. Das Ergebnis lag erst am vergangenen Freitag vor, am Montag fand die Expertenanhörung dazu statt, am Freitag sollte der Bundestag abstimmen.

Herber Schlag für die Grünen

Heilmann hatte argumentiert, seinen Rechte als Abgeordneter würden verletzt, wenn das Gesetz so schnell durch den Bundestag gebracht würde, dass er keine Chance habe, darauf Einfluss zu nehmen. Dabei ging es also nicht um die Inhalte des Gesetzes. Die Karlsruher Rich­te­r:in­nen gaben ihm recht.

Für die Grünen ist das ein herber Schlag. Sie wollten das Heizungsgesetz unbedingt vor der Sommerpause verabschieden. Davon versprachen sie sich ein Ende der heftigen, mit Falschinformationen und Übertreibungen geführten Kampagne gegen das Vorhaben, die ihnen enorm schadet. Sie wollten vermeiden, dass die aufgeregte Diskussion in die Landtagswahlkämpfe in Hessen und Bayern gerät.

Jetzt müssen sie verhindern, dass es inhaltlich neu aufgerollt wird. „Dieses Gesetz haben wir so intensiv beraten, dass wir auch sehr sicher sind, dass wir dieses Gesetz so beschließen wollen“, sagt die grüne Fraktionsvorsitzende Katharina Dröge am Donnerstagmittag. Sie macht keinen Hehl daraus, dass sie sich eine Abstimmung vor der Sommerpause gewünscht hätte, „damit die Menschen in diesem Land Klarheit bekommen“.

Kurz vorher haben die Frak­ti­ons­che­f:in­nen von SPD, Grünen und FDP eine gemeinsame Erklärung herausgegeben. „Wir haben Respekt vor der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts“, heißt es darin. Die Regierungsfraktionen wollen, dass die 2. und 3. Lesung des GEG auf die Tagesordnung für die erste Sitzung des Bundestags nach der Sommerpause gesetzt wird.

Dazu hätte es eine Alternative gegeben, die Eilantragssteller Heilmann selbst ins Spiel gebracht hat: Nach seinen Vorstellungen hätte der zuständige Ausschuss für Klimaschutz und Energie in der kommenden Woche digital tagen und über das Gesetz beraten können. Im Anschluss daran hätte der Bundestag zu einer Sondersitzung zusammentreten und das Gesetz verabschieden können. Doch die Ampelfraktionen haben sich dagegen entschieden.

Gesetz ist in der Koalition ausgehandelt

Das dürfte auch an der schwer zu bändigenden Opposition in den eigenen Reihen liegen. Kaum war die Entscheidung aus Karlsruhe da, meldete sich der FDP-Abgeordnete und notorische GEG-Gegner Frank Schäffler zu Wort. „Gründlichkeit geht vor Schnelligkeit. Es war falsch, den Grünen hier auf den Leim zu gehen“, twitterte Schäffler und machte die Grünen kurz darauf „verantwortlich für das Erstarken der politischen Ränder.“ Eine schnelle Kehrtwende. Schäffler hatte das Gesetzesvorhaben noch einen Tag vorher für gut befunden.

Der einst öffentlich bekennende Klimawandelskeptiker nannte Habecks und Geywitz' ursprünglichen Entwurf eine „Atombombe.“ Auf dem FDP-Parteitag brachte er einen Dringlichkeitsantrag gegen das Heizungsgesetz durch. Ob Schäffler und andere Liberale die Verschiebung der Abstimmung nun nutzen wollen, um das Gesetz erneut in Frage zu stellen, ist ungewiss. Immerhin kommen aus der FDP auch Signale, die darauf hindeuten, dass die Debatte nicht neu aufgerollt werden soll: „Wer glaubt, dass jetzt neue Diskussionen über den Inhalt anstehen, der irrt“, sagt der energiepolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Michael Kruse: „Das Heizungsgesetz ist um 180 Grad gedreht worden und in der Koalition ausverhandelt.“

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6 Kommentare

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  • Im September wird gar nichts verhandelt. Die Ampel sagt ganz eindeutig, an dem Gesetz wird nichts mehr verändert.



    Da sie die Mehrheit haben wird das durchgewunken.



    Vielleicht hilft ein Blick auf die Umfragewerte ansonsten wird das so kommen.

    • @R.A.:

      Glaube ich nicht, denn je nachdem was da noch raus kommt in den nächsten 2 Monaten durch Opposition und Presse, wird es schwer das durchzusetzen. Erst recht vor 2 wichtigen Landtagswahlen.

      Diese direkt wieder auferlegte Zeitdruck lädt ja geradezu ein da nochmal genauer drauf zu schauen, denn sonst gäbe es keinen Grund mehr für die Eile

  • Wir haben doch Probleme genug und sehr viele sind deshalb noch dramatischer, weil wir mit der CDU (und jetzt auch FDP) Parteien haben, die sich darum gedrückt haben, die Gesellschaft auf die Veränderungen in unserem Lebenswandel -zum Beispiel weniger CO² zu verbrauchen- vorzubereiten. Spätestens seit Barschel und der quasi Selbstaufgabe der CDU in Baden Württemberg hätten diese Kantonisten nicht mehr auf die Wahlzettel hierzulande gehört, weil sie nur noch eigene Pfründe bedienen und von einer christlichen Traditionen (Bewahrung der Schöpfung und die Menschen im Mittelpunkt ihres Handelns) Abschied genommen haben. Ähnliches lässt sich auch bei der Verletzung ihrer Grundwerte bei Teilen der SPD sagen. den ersten Grünen ist es nicht mehr gelungen, ihre Werte, die für ein Weiterleben auf dieser Erde so wichtig sind, in Koalitionen mit den verbliebenen Alt-Parteien unter zu bringen und damit dazu beitrugen, die Lage noch zu verschlimmbessern. Wie kommen wir da heraus ? Populismus, wie er von Söder, Lindner und leider auch von einem zu vielen Problemen schweigenden Scholz praktiziert wird, ist Gift in dieser Situation und fördert nur Shwurbler wie die von der AfD zutage. Besonders dramatisch empfinde ich das Schweigen/Zuschauen/Satire/Abschalten/ Verdrängen einer eigentlich aufgeklärtenm Öffentlichkeit, die diesem Treiben nur noch zuschaut, Teile der Medien gehören dazu !

  • Cooles Bild vom CDU Lobbysten. Wie traurig, dass so viele Leute die Stimme für solche Politiker noch geben.

  • von der Seite der



    Deutschen Gesellschaft für Sonnenenergie (DGS) e.V.



    International Solar Energy Society – German Section:



    Damals ergab sich



    //



    Kommt das irgendwem bekannt vor?



    //



    "03.02.2017



    Am 23. Februar erhielt die DGS den gemeinsamen Referentenentwurf des Bundeswirtschafts- und des Bundesumweltministeriums für das geplante Gesetz zur Einsparung von Energie und zur Nutzung Erneuerbarer Energien zur Wärme- und Kälteerzeugung in Gebäuden (Gebäudeenergiegesetz – GEG) mit der Bitte um Kenntnis- und ggf. Stellungnahme zugesandt. In dem Schreiben wurde angemerkt, dass der Gesetzentwurf sich derzeit in der Ressortabstimmung befindet, so dass sich noch Änderungen ergeben können. Das GEG soll das Energieeinspargesetz (EnEG), die Energieeinsparverordnung (EnEV) und das Erneuerbare- Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG) in einem neuen Gesetz Kernstück ist die zusammenführen. Damit soll ein einheitliches Regelungssystem geschaffen, in das die Energieeffizienz und die Erneuerbaren integriert sind. Neben der Erleichtrung bei Anwendung und Vollzug dient das Gesetz der Umsetzung der EU-Richtlinie 2010/31/EU über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden. Mit dem Gesetz wird der Niedrigstenergiegebäudestandard für neue Nichtwohngebäude der öffentlichen Hand eingeführt, der gemäß EU-Gebäuderichtlinie ab 2019 greifen muss.



    Die Stellungnahmen mussten bis zum 1. Februar 2017, Dienstschluss abgegeben werden. Die Eile entstand, da der Referentenentwurf sehr spät fertig wurde, das GEG jedoch zum 1. Januar 2018 in Kraft treten soll. Die Kurzfristigkeit bat man zu entschuldigen. Auch wenn die Rahmenbedingungen eng gesteckt sind, ist es kaum machbar ein 146-seitiges Dokument innerhalb einer Woche zu lesen und sachgemäß zu bewerten. Einige Verbände haben es trotzdem versucht. Die DGS hat aufgrund der engen Zeitschiene auf eine Stellungnahme verzichtet."



    //



    www.dgs.de/index.php?id=3453&type=0



    //



    Nix mit "Wie du mir, so ich dir"

  • Na ja, wer derart instinktlos und unterdimensioniert ein solch wichtiges Gesetz verstolpert wird zu Recht vom Spielplan genommen.

    Dass Heilmann als Fachpolittiker wusste um was es geht - geschenkt



    .



    Dass es der CDU/CSU nie um sauberes Arbeiten im Parlament ging - bekannt (A. Scheuer lässt Zweihundertfünfunddreißigmillionen Mal Grüßen)

    Dass man super schlau sein muss, um der FDP jede formale Möglichkeit zu nehmen ihre wahre Berufung, nämlich das Klima anzuerkennen, aber nicht den "Wandel" - peinlich.

    In grauer Vorzeit sind die Grünen auch entstanden, weil im Parlament nur Grüßauguste nickten und es kein sauberes parlamentarisches Verfahren gab und ganz groß der UNTERSUCHUNGSAUSSCHUSS als Korrektiv verstanden wurde:

    es graust einen nur noch und ist zum fremd schämen: haben die den R. Schlauch gefragt, b das geht - wahrscheinlich.

    Peinlich!