Gendergerechte Sprache in Behörden: Wegners billiges Ablenkungsmanöver

Berlins Regierender Bürgermeister spricht sich gegen Gendern in Behörden aus. Geschlechtergerechte Sprache geht auch ohne Sternchen, meint unsere Kolumnistin.

Auf einem Bildschirm ist das Wort «Schüler*innen» zu sehen.

Sorgt bei Konservativen für Schnappatmung: Das Gendersternchen Foto: Gregor Bauernfeind/dpa

Als Journalistin ist mir wichtig, dass Sprache verständlich ist. So viel haben der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) und ich doch mal gemeinsam. Damit hören unsere Gemeinsamkeiten aber auch schon auf. Denn damit Sprache ihre grundlegende Funktion erfüllt, nämlich Kommunikation zwischen Menschen zu ermöglichen, unterliegt sie ebenso Veränderungen wie die Gesellschaft, die sie spricht.

Der 50-jährige Wegner möchte aber lieber das Deutsch sprechen, das er in der Schule gelernt hat, und spricht sich daher in der Bild am Sonntag gegen gendergerechte Sprache in der Verwaltung aus. Ein Verbot beziehungsweise eine Rückabwicklung der bestehenden Regelung soll es zwar nicht geben, aber zumindest in seiner Senatskanzlei soll damit Schluss sein.

Nun sind seit Wegners Schulzeit nicht nur mehrere Jahrzehnte und eine Reform der deutschen Rechtschreibung ins Land gegangen. Es haben auch zahlreiche gesellschaftspolitische Debatten stattgefunden, dank deren wir heute diskriminierungsfreier und inklusiver miteinander kommunizieren können. Ich weiß nicht, wie es Kai geht, aber ich verstehe meine Mitmenschen auch ohne N- oder Z-Wort. Und wenn nicht, liegt das bestimmt nicht am Gendersternchen.

Vor allem nicht, wenn es um Behördensprache geht. Die ist bisweilen selbst für mich als Muttersprachlerin ein Buch mit sieben Siegeln. Wenn Wegner seine Anti-Gendersternchen-Agenda nun damit rechtfertigt, dass Zu­wan­de­re­r*­in­nen die Kommunikation mit Behörden nicht unnötig erschwert werden darf, ist das angesichts seiner öffentlich artikulierten rassistischen Ressentiments natürlich frech.

Genderneutrale Sprache 2.0

Trotzdem würde ich Kai gern beim Wort nehmen. Um die Kommunikation zwischen den Ber­li­ne­r*in­nen – mit oder ohne Migrationsgeschichte – und den Behörden – allen voran ihrem obersten Dienstherrn Wegner – zu verbessern, hier ein Vorschlag zur Güte, der allen Gendersternchendebatten ein Ende bereiten könnte: Ab jetzt enden alle Wörter mit a und beim Plural wird immer ein s drangehängt.

Für Menschen, die die deutsche Sprache lernen, wäre das sehr viel einfacher zu verstehen. Und falls das für Kai zu schwierig ist, weil er es in der Schule anders gelernt hat, hier ein paar Beispielsätze: Lehras brauchen zur Entlastung kleinere Klassen, sie zu Beamtas zu machen hilft ihnen nicht. Fahrradfahras müssen im Straßenverkehr vor Autos geschützt werden und brauchen mehr und sicherere Radwege. Politik für Autofahras zu machen ist in Zeiten der Klimakrise irrsinnig. Berlinas brauchen mehr günstigen Wohnraum. Migrantas ist mit einer weltoffenen Politik mehr geholfen als mit einer Gendersternchendebatte.

Eigentlich ganz einfach. Aber dafür nicht so billig wie Wegners Ablenkungsmanöver, die Genderdebatte aus der Mottenkiste zu holen, um vom mutmaßlichen Korruptionsskandal um möglicherweise illegale Parteispenden des Immobilien-Investors Christoph Gröner an die Berliner CDU abzulenken. So dumm sind wir Berlinas dann auch wieder nicht.

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Leiterin taz Berlin und Redakteurin für soziale Bewegungen, Migration und soziale Gerechtigkeit. Schreibt in ihrer Kolumne "Pöbelmanie" über Klassenkampf aus der Perspektive eines Kindes der Arbeiter*innenklasse. Hat politische Theorie studiert, ist aber mehr an der Praxis interessiert.

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