Urteil zu Angriff in Erfurt 2020: Haftstrafen für Nazi-Schläger
Das Landgericht Erfurt verurteilt vier Rechtsextreme wegen eines Angriffs auf Männer aus Guinea 2020. Die Opfer waren teils schwer verletzt worden.
Die Staatsanwaltschaft hatte Haftstrafen zwischen einem Jahr und sechs Monaten und vier Jahren und drei Monaten ohne Bewährung gefordert, teils unter Einbeziehung früherer Verurteilungen aus anderen Verfahren. Der Angriff sei zutiefst menschenverachtend gewesen, hatte die Staatswanwaltschaft während ihres Plädoyers gesagt.
Die Verteidiger der Angeklagten hatten Freisprüche beantragt. Mehrere von ihnen bestritten, dass ihre Mandanten an den Tritten und Schlägen gegen die Opfer beteiligt waren.
Der Angriff hatte sich in den frühen Morgenstunden des 1. August 2020 im Südosten Erfurts ereignet, vor den damaligen Vereinsräumen der Neonazi-Gruppierung „Neue Stärke Erfurt“. Die Angeklagten hatten die Betroffenen getreten, geschlagen und rassistisch beleidigt. Zwei der drei Opfer waren dabei schwer verletzt worden – einer so schwer, dass er dass er zeitweise in Lebensgefahr schwebte.
Opferberatung fordert sofortigen Haftantritt
Zum Urteil am Montag erklärte Theresa Lauß von der Thüringer Opferberatung ezra: “Trotz der Anerkennung eines extrem rechten Tatmotivs und den verhangenen Haft- und Bewährungsstrafen bleibt mit den drei Freisprüchen das Urteil hinter unseren Erwartungen zurück.“
Sie fordert das Landgericht Erfurt dazu auf, das schriftliche Urteil schnell an den Bundesgerichtshof zuzustellen, falls es zur Revision kommen sollte. “Die Betroffenen können erst zu Ruhe kommen, wenn das Urteil rechtskräftig ist“, sagte die Beraterin. Darüber hinaus müsse die Stadt Erfurt das „massive“ Problem mit rassistischer Gewalt „endlich“ ernst nehmen. Dafür brauche es auch auf lokaler Ebene konkrete Maßnahmen. „Leider bleibt es viel zu häufig bei der Verurteilung von rassistischen Angriffen“, sagte Lauß.
Am Freitag hatte ezra gefordert, die Männer im Falle einer Verurteilung sofort in Haft zu nehmen, weil die Gefahr bestehe, dass sie erneut rechtsextreme Gewalttaten verübten.
Dorothea Marx, die innenpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion im Thüringer Landtag, begrüßte es am Montag, dass das Gericht die rassistischen Tatmotive klar benannt und strafverschärfend berücksichtigt hat.
Ursprünglich neun Beschuldigte
Katharina König-Preuss von der Linksfraktion in Thüringen sagte am Montag: „Dass der Richter bei allen vier Verurteilten nach § 46,2 StGB eine erhöhte Strafe begründete und explizit auf die rechte, rassistische Motivation verwies, ist ein wichtiges Signal in Thüringen. Von diesem Urteil geht damit das Zeichen aus, dass rassistische Gewalt und Straftaten in Thüringen nicht bagatellisiert werden.“
Dass auf die brutale und gezielte Gewalt dann auch Haftstrafen folgten – wenn auch nicht für alle Angeklagten – sei ein richtiges Signal, sagte die Sprecherin für Antifaschismus und Antirassismus. Sie hoffe, dass das Urteil schnell rechtskräftig werde und zeitnah der Haftantritt für drei der Angeklagten erfolge.
Madeleine Henfling, innenpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, teilte mit: „Das Urteil bietet Licht und Schatten. Einerseits ist es sehr zu begrüßen, dass für einen Teil der Angeklagten das Strafmaß verschärft wurde, weil die Taten aus rassistischen Motiven begangen wurde. Andererseits bedauere ich, dass das Gericht teilweise deutlich unter den von der Staatsanwaltschaft beantragten Strafzumessungen geblieben ist. Nun gilt es abzuwarten, ob dieses Urteil rechtskräftig wird.“
Der nun beendete Prozess lief seit dem 30. November 2022. Zunächst waren neun Männer und eine Frau angeklagt worden. Im Laufe des Prozesses wurde das Verfahren gegen die Frau und zwei Männer allerdings eingestellt, weil ihnen konkrete Tathandlungen nicht nachgewiesen werden konnten.
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