piwik no script img

Ungewöhnlich hohe Temperaturen in SpanienGegen den Hitzetod

In Spanien ist das Arbeiten im Freien bei Hitzewellen künftig untersagt. Für die wasserintensive Landwirtschaft sind Hilfen in Milliardenhöhe geplant.

Noch nicht heiß genug: Auf einer Baustelle in Madrid Foto: Andrea Comas/ap

Madrid taz | Spaniens Regierung untersagt das Arbeiten im Freien bei Hitzewellen. Arbeitsministerin Yolanda Díaz kündigte im Vorfeld einer Sondersitzung des Kabinetts aus Sozialisten und Linksalternativen am Donnerstag zu den hohen Temperaturen und der Dürre an, das Arbeitsrecht im Eilverfahren zu ändern. Die neuen Regeln wirken, sobald das Wetteramt AEMET orangenen oder roten Hitzealarm auslöst.

Orange beginnt je nach Region bei 37 bis 40 Grad, Rot bei 40 bis 44 Grad. 2022 starben mehrere Arbeiter an einem Hitzschlag. In der gesamten Bevölkerung gehen die Behörden im vergangenen Sommer von 4.700 Todesfällen durch Hitze aus. „Der Klimawandel ist im Leben der Menschen angekommen, deshalb werden wir die Vorschriften zur Arbeitssicherheit anpassen“, erklärte Díaz. Die neuen Maßnahmen sind für alle Unternehmen verpflichtend.

Der Eingriff ins Arbeitsrecht ist nur eine von drei Maßnahmen, die das Kabinett unter Ministerpräsident Pedro Sánchez beschlossen hat. Die anderen beiden Vorhaben richten sich an die Landwirtschaft und Viehzucht. Diese leidet unter dem trockensten Jahr, seit das Wetteramt AEMET Daten registriert. 2023 Jahr hat es spanienweit 26 Prozent weniger geregnet als im langjährigen Schnitt.

82 Prozent des Wasserverbrauchs in Spanien geht an die Landwirtschaft, nur rund 13 Prozent an die Haushalte. Um künftig besser mit dem Wasser haushalten zu können, sollen Bewässerungssysteme modernisiert werden. Dazu stellt die Regierung in den kommenden vier Jahren 22 Milliarden Euro bereit. Mit dem Geld sollen Bewässerungsanlagen verbessert und der Wasserverbrauch digital gesteuert werden.

Außerdem sollen Kläranlagen modernisiert werden, um so die Wiedernutzung von 20 Prozent des Brauchwassers statt bisher 10 Prozent zu ermöglichen. Diese strukturellen Maßnahmen sollen „helfen, die Ressourcen besser zu nutzen und den Verbrauch an den Klimawandel anzupassen“, erklärte Wirtschaftsministerin Nadia Calviño.

Außerdem wird es Direkthilfen an Bauern geben, die von Ernteausfällen betroffen sind. In vielen Regionen Zentral- und Südspaniens ist das Getreide auf den Feldern vertrocknet, lange bevor die Pflanzen erntereif waren.

Das Kabinett bewilligte Hilfen in Höhe von 650 Millionen Euro sowie Steuersenkungen bei der Einkommensteuer von 1,8 Milliarden Euro für im Jahr 2023 und eine weitere Milliarde rückwirkend für das Jahr 2022. Das betrifft insgesamt 800.000 Landwirte und Viehzüchter.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

9 Kommentare

 / 
  • " Für die wasserintensive Landwirtschaft sind Hilfen in Milliardenhöhe geplant."

    "765 Entsalzungsanlagen sind in Spanien in Betrieb, produzieren am Tag bereits 5 Millionen Kubikmeter salzbefreites Wasser und steuern neun Prozent des spanischen Trinkwassers bei. Damit ist das Land in Europa Spitze."



    www.costanachricht...rten-91731888.html

    Reicht offenbar nicht!

  • Kann es sein, dass andere Länder Geld in die Hand nehmen, um Ihre Infrastruktur fit zu halten bzw. in Klimaanpassungen zu investieren oder ist das Gras auf der anderen Seite immer grüner. Von solchen Summen für Investitionsvorhaben in die Landwirtschaftschaft in Deutschland habe ich zumindest noch nichts gelesen oder andere größere Summen für Klimmanpassungsmassnahmen. CL und seine schwarze Null sind für uns der Tod (wie auch schon unter seinem Vorgänger Schäuble). Also doch auswandern???

  • Seht Euch das genau an. So wird es sehr bald auch bei uns aussehen. Fliehen kann man nicht davor - auch nicht im Privatflugzeug oder im Porsche.

  • meine kindheit habe ich in süddeutschland verbracht. da gab es hitzefrei, wenn das termometer um 10 uhr zuviel anzeigte. wir versuchten das zu beschleunigen, indem wir unter dem termometer im schulhof streichhölzer entzündeten.



    es gab fahrzeuge der stadt, die die straßen mit wasser bedachten, der asphalt schmolz sehr oft.



    das ist mehr als 60 jahre her.

    jetzt lebe ich in norddeutschland: bei mehr luftfeuchtigkeit ähnlich hohe temperaturen wie damals. unerträglich.



    und die leute nennen es: klimawandel.



    nee, nee, nee - stupid, ist klimakatastrophe.

    mal sehen, wann die regierung, + kommunen ähnliche gesetze/verordungen wie in spanien beschließen müssen .... denn:

    + immer noch fahren bei uns in HH die deppen suv, wie blöd ist das denn?????



    + kein tempolimit auf autobahnen....



    + weiterhin mehrheit für cdu



    + die jugend ist mehrheitlich für fdp



    + die afd nähert sich 20% (kein wunder, in HH gabs schon mal 19% für richter gnadenlos, der mit der cdu unter ole v.beust koalierte, den schill, der ole von beust bedrängte (googeln, womit???)



    + die aktive jugend klebt sich an den asphalt (wie blöd ist das denn???)

  • Wer etwas gegen die Vertrocknung des Kontinents leisten will, soll auf Agrarproduckte aus Spanien verzichten. Wer Erdbeeren, Gurken oder Paprika exportiert, exportiert eigentlich Wasser. Spanien muss sich eine neue Niche im Weltmarkt suchen / erkämpfen.

  • "Ungewöhnlich" war das mal.



    Jetzt ist das "fast normal". In einer halben Generation wird es "normal" sein. In einer Generation "ungewöhnlich mild".



    Dann werden wir in einem "ungewöhnlich warmen" Sommer in Spanien Temperaturen haben, die die Boomergeneration aus der Sahara oder der arabischen Wüste kennt. In einem kalten Jahr wird dann in Iberien noch eine landwirtschaftliche Produktion möglich sein, die evtl sogar für den Export noch etwas abwirft; in einem normalen Jahr wird zumindest Spanien auf internationale Lebensmittelhilfe angewiesen sein, oder halt über weite Strecken entvölkert. Naja die werden dann ja wissen, bei wem sie die Rechung stellen können.

    Zum Glück herrscht in Spanien grad nicht die PP. Die würden eher reihenweise Wissenschaftsjournalist*innen einknasten, als auch nur ein einziges Menschenleben zu schützen. (Der spanische Katholizismus war und ist selbst für die ohnehin schon sehr niedrigen ethischen Standards der Pädosekte ausgesprochen perfide und menschenverachtend, sogar schlimmer als der Protestantismus im heutigen Texas, und allenfalls vergleichbar mit der russisch-orthodoxen Kirche unter den Romanows und ihrem modernen Wiedergänger.)

    ----------

    Die sogenannte "Nassbirnentemperatur" ist die Temperatur, bei der auch die letzte Nassbirne merkt, dass anthropogene Erderwärmung eine reale und letale Bedrohung ist.

  • Wie soll denn das in der Landwirtschaft funktionieren? Man kann Früchte und Gemüse doch nicht sich selbst überlassen, weil Bauern und Farmarbeiter zwangsweise Hitzefrei haben.



    Auch auf Baustellen ist das nicht realistisch, weil dort manche Abläufe zeitlichen Notwendigkeiten folgen müssen.



    Und wollen die dann dort auch die Wochenmärkte schließen und den Fischern die Ausfahrt verweigern?

    • @Kabelbrand Höllenfeuer:

      Sie haben völlig Recht!



      Sollen sie doch den Hitzetod sterben, Hauptsache die Wirtschaft brummt.



      - Ironie off -



      Mannomann.



      Das ist vielleicht mal ein Anlass, darüber nachzudenken, dass der Klimawandel"Hammer" grausamer und ungerechter ist, als jedes Gesetz zum Schutz des Klimas sein kann.

      • @Life is Life:

        Sie haben meinen Beitrag missverstanden. Es ging mir nicht darum, wirtschaftliche Interessen zu schützen, ich wollte nur auf den unrealistischen Charakter des Gesetzes hinweisen.