Raubkunst im Madrider Museum Prado: Bessere Aufarbeitung in Spanien
Im Madrider Museum Prado finden Forscher 70 Gemälde, die nicht dorthin gehören. Sie wurden von Truppen des Diktators Francos beschlagnahmt.
Das Museo del Prado, die spanische Pinakothek, stellt sich seiner Vergangenheit. Ein dreiköpfiges Forscherteam unter Leitung des Kunstprofessors Arturo Colorado fand in den Beständen des Museums in der Madrider Innenstadt 70 Gemälde, die im Spanischen Bürgerkrieg von den siegreichen faschistischen Truppen unter dem General und späteren Diktator Francisco Franco beschlagnahmt wurden.
Die Nachforschungen begannen, nachdem die amtierende Linksregierung ein neues Gesetz zur demokratischen Erinnerung durchs Parlament brachte. Es soll helfen, die traurige Vergangenheit Spaniens besser aufzuarbeiten als bisher.
Arturo Colorado von der Madrider Universität Complutense ist Autor eines Buches über „Kunst als Kriegsbeute“. Bei 14 der Gemälde konnte sein Forscherteam eindeutige Hinweise auf die einstigen Besitzer finden, beim Rest ist unklar, wem sie gehören.
Auch Rubens-Schüler darunter
23 Gemälde sind in einem so schlechten Zustand, dass sie nicht identifiziert und katalogisiert werden können. Unter den 70 Gemälden befinden sich Werke des spanischen Malers Joaquín Sorolla, von Rubens-Schülern oder von Jan Brueghel dem Jüngeren.
Der Prado, wie das Museum in Spanien kurz genannt wird, ist eines der wichtigsten Kunstmuseen weltweit. Über drei Millionen Kunstinteressierte besuchen es jährlich. Die Sammlung beinhaltet mehr als 35.000 Kunstgegenstände, darunter mehr als 8.000 Gemälde, wovon rund die Hälfte von bekannten spanischen Künstlern sind.
Colorado und sein Team legten einen ausführlichen Bericht vor, in dem jedes einzelne der 70 Werke beschrieben wird. Die Gemälde gelangten auf verschiedenen Wegen in den Prado. Zum Teil wurden sie von der Spanischen Republik während des Bürgerkriegs eingesammelt, um sie zu schützen. Das ist bei 32 Gemälden der Fall. Zu ihrer Herkunft gibt es mehr oder weniger ausführliche Dokumente.
Besitzer tot oder exiliert
Anders verhält es sich bei den restlichen 38, die von den franquistischen Behörden während und nach dem Krieg an den Prado überstellt wurden. Sie blieben dort, weil ihre Besitzer „keinen Eigentumsnachweis erbrachten, gestorben waren, im Exil waren, Vergeltungsmaßnahmen erlitten hatten oder einfach unbekannt waren, weil ihre Namen nicht in den Beschlagnahmeaufzeichnungen verzeichnet waren“, heißt es im Bericht über die Nachforschungen, den das Museum nun veröffentlicht hat.
Außerdem konnten nach der „internen Untersuchung 7 Medaillen und 89 Zeichnungen hinzugefügt werden, deren Herkunft unbekannt ist“, heißt es weiter.
Das Ministerium für Kultur und Sport hat ein Onlineportal ins Leben gerufen, auf dem alle Informationen über beschlagnahmte Kulturgüter gesammelt werden.
Der franquistische Dienst
Die Forscher kommen zum Schluss, dass „der franquistische Dienst in der Nachkriegszeit eine Politik der massiven Verlegung von Kunstwerken an andere Bestimmungsorte verfolgte. In einigen Fällen, weil die Herkunft der Stücke unbekannt war, in vielen anderen, weil sie Sammlungen politischer Feinde gehörten oder einfach Institutionen oder Unterstützern des Regimes zugutekamen.“
Mehr als 3.000 Kunstwerke seien damals an Museen vergeben worden, 2.000 an öffentliche Einrichtungen und weitere 2.000 an die Kirche. 600 wurden regimetreuen Privatpersonen geschenkt, sagt Arturo Colorado.
Auch in der spanischen Nationalbibliothek dürften sich – so die Schätzungen der Bibliotheksleitung – 2.500 Bücher und 4.000 Zeichnungen und Radierungen befinden, die durch die Franquisten beschlagnahmt und nie zurückgegeben wurden.
Der Prado stellt derzeit einen Teil der 70 beschlagnahmten Kunstwerke aus, damit die Familien der ehemaligen Besitzer sie besichtigen können, um dann Schritte zur Rückgabe einzuleiten. Bisher haben nur bei zwei Kunstwerken die Erben des einstigen Besitzers eine Rückgabe beantragt. In den kommenden Monaten werden weitere Untersuchungen stattfinden.
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