Abfall in Nigeria: Das Müllgeschäft in der Megacity
Lagos ist Afrikas größte Stadt, es gibt Unmengen von Müll, aber keine funktionierende Müllabfuhr. Daraus ist ein blühendes Geschäft geworden.
Täglich holen Müllsammler*innen in der Megacity mit 20 Millionen Einwohnern Plastik aus Gräben, bitten in Privathaushalten um Altpapier und kaufen kleinen Unternehmen Abfälle ab. Wie viele es sind, weiß niemand genau. Die Vereinigung der Müllsammler im Bundesstaat Lagos (ASWOL), die ihren Sitz auf diesem Hinterhof hat, zählt 3.700 Mitglieder. Vor zwei Jahren sagte der Gouverneur von Lagos, Babajide Sanwo-Olu, der soeben wiedergewählt worden ist, die staatliche Abfallbehörde Lawma habe im Bundesstaat Lagos 30.000 Arbeitsplätze geschaffen.
Riesige Mengen fallen täglich an: 12 bis 15 Tonnen, lauten Schätzungen. Etwa ein Sechstel davon ist Plastikmüll. Müll ist bis heute in Lagos überall. Im öffentlichen Raum gibt es bis heute kaum Abfalleimer und schon gar keine regelmäßige Müllabfuhr.
Während in wohlhabenden Gegenden vor allem PET-Wasserflaschen anfallen, sind es in dicht besiedelten, ärmlichen Stadtteilen vor allem Softdrink-Flaschen sowie verschiedene Arten von Tüte. Die durchsichtigen festen sind für Trinkwasser – „Pure Water“ ist der Ruf der Straßenverkäufer, die damit durch die staugeplagten Straßen ziehen. In die hauchdünnen schwarzen Plastikbeutel – „Nylon“ genannt – kommt alles vom fertigen Essen bis hin zu Markteinkäufen. Und es gibt immer mehr Styroporboxen.
Auf die Frage, ob Müll schlichtweg besser vermieden werden könnte, schmunzelt Adeleye Odebunmi. „Ich war vor einiger Zeit in Großbritannien und sollte in einem Supermarkt Geld für eine Plastiktüte zahlen. Es hieß, so wolle man zusätzlichen Müll vermeiden. Ein solches System würde in Nigeria aber nicht funktionieren“, sagt der Gründer von Pakam.
Müllsammeln per App
Nigerias Regierungspartei bleibt in Lagos an der Macht: Bei den Wahlen auf Bundesstaatsebene in Nigeria am 18. März hat die Regierungspartei APC (All Peoples Congress) Lagos erneut gewonnen. APC-Provinzgouverneur Babajide Sanwo-Olu wurde wiedergewählt, erklärte die Wahlkommission am Montagabend.
Proteste in mehreren Bundesstaaten: In den Bundesstaaten Adamawa, Abia und Enugu hat die Wahlkommission die Bekanntgabe der Wahlergebnisse nach teils massiven Protesten ausgesetzt.
EU-Beobachter skeptisch: Die EU-Wahlbeobachtermission in Nigeria hat den Ablauf bei den Bundesstaatswahlen bemängelt. „Es gab zahlreiche Behinderungen des Volkswillens“, sagte am Dienstag Beobachterchef Barry Andrews.
Sein Unternehmen bringt per App Müllsammler*innen, Privathaushalte und Unternehmen zusammen. Per Klick lässt sich auswählen, wann und wo Plastikmüll abgeholt werden soll. So lassen sich Fahrten planen, und Verbraucher*innen haben die Sicherheit, dass eine zuverlässige Person die Abfälle abholt und kein Dieb. Auch die Bezahlung läuft virtuell. Wer Recycelbares abgibt, erhält dafür Geld.
„Zuvor stand eher der soziale Aspekt im Vordergrund. Die wenigen Unternehmen taten so, als ob sie den Menschen einen Gefallen tun würden“, so Odebunmi. Heute ist klar: Mit Müll lassen sich in Nigeria und vor allem in der Megametropole Lagos Millionen verdienen.
Manche Müllsammler*innen verdienen umgerechnet über 500 Euro im Monat. Das ist weit mehr, als Putzfrauen oder Fahrer bekommen, und es wertet den Job extrem auf, sagt Johnson Eke, der früher Ventilatoren und Kühlschränke repariert hat.
In den vergangenen Monaten hat jedoch die Bargeldknappheit durch die misslungene Ausgabe neuer Naira-Geldscheine auch diesen Geschäftszweig ausgebremst. „Es liegt am Boden“, sagt Mariam Abass. Vor gut einem Jahr hat sie eine Sammelstelle für wiederverwertbaren Müll eröffnet. Zuvor war sie Hausfrau.
Doch nach dem Tod ihres Mannes musste sie einen Job finden. Heute kauft sie Firmen Plastiktüten ab, lässt sie hier auswaschen und verkauft sie dann an Recyclingbetriebe. Gerade bei kleinen Mengen sind die Gewinne marginal, da der Transport oft teuer ist. Auch fehlt es an einer Müllpresse. Die Tüten werden noch per Hand gewaschen, und manchmal müssen sie auch auseinandergeschnitten werden. Dafür sind an diesem Morgen drei Mitarbeiterinnen zuständig.
Mariam Abass ist zuversichtlich: Müll ist ein gutes Geschäft. „Die Notwendigkeit zum Recycling ist auf jeden Fall da.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um Termin für Bundestagswahl
Vor März wird das nichts
Bewertung aus dem Bundesinnenministerium
Auch Hamas-Dreiecke nun verboten
SPD nach Ampel-Aus
It’s soziale Sicherheit, stupid
Einigung zwischen Union und SPD
Vorgezogene Neuwahlen am 23. Februar
Energiepläne der Union
Der die Windräder abbauen will
Wirbel um Berichterstattung in Amsterdam
Medien zeigen falsches Hetz-Video